Narrentreiben: Ein Fall für Hubertus Hummel (Hubertus Hummel-Reihe) (German Edition)
Zimmer nach dem Rechten gesehen und nebenher noch Klaus beruhigt. Der wohnte jetzt vorübergehend in Hummels Arbeitsraum im Keller – dem von ihm so getauften »Lehrerzimmer«.
Ehe Hubertus sich um einen Anruf bei Graf Zahl kümmern konnte, hatte sich dieser schon bei ihm gemeldet und sich erkundigt, ob er als »stadtbekannter Spitzendetektiv« auch an diesem Fall dran sei. Hubertus sah dem Treffen mit Spannung entgegen, auch wenn ihn der schräge Humor des Lehrerkollegen mitunter überforderte. Fasnetexperte war er auf jeden Fall. Und solange sich der potenzielle Schwiegersohn wegen seiner zahlreichen Verpflichtungen mehr bei seinen Narren als bei der hochschwangeren Freundin aufhielt, wollte auch Hummel nicht auf ihn zurückgreifen. Zahl würde sich mindestens so gut auskennen. Hummel freute sich schon diebisch darauf, Didi Bäuerle irgendwann mit intimen Kenntnissen aus der Narrozunft verblüffen zu können.
13. GRAF ZAHL
Klaus hatte wieder dieses nervöse Gefühl in der Magengrube, als er am Sonntagmittag mit Hubertus in Richtung Schwenninger Muslenplatz marschierte. Es verfolgte ihn, seit Kerstin mit ihm Schluss gemacht hatte. Doch jetzt wurde aus dem Gefühl ein Zwicken, denn sie befanden sich nur ein paar Schritte von Kerstins Wohnung entfernt.
Ob sie jetzt wohl zu Hause war?
Am liebsten wäre er in die Wohnung gestürmt und vor Kerstin auf die Knie gefallen, hätte sie um Verzeihung gebeten und ihr bei dieser Gelegenheit gleich einen Heiratsantrag gemacht.
Einen Schlüssel zur Wohnung hatte er nicht mehr.
Dann würde er eben klingeln müssen …
»Wir können doch wenigstens mal schauen, ob sie zu Hause ist«, jammerte Klaus zum wiederholten Mal, während Hubertus ihnen den Weg durch die bunt kostümierte Menge bahnte. Die Schwenninger Narren hatten auf dem weitläufigen Muslenplatz am »Fasnetsamschtig« einen Narrenbaum aufgestellt.
»Lass es, Klaus«, ermahnte Hubertus seinen Freund. »Sie will dich im Moment einfach nicht sehen. Gib ihr etwas Zeit.«
»Pah! Sie ist halt verwirrt und weiß nicht, was richtig für sie ist: nämlich ich!«
Dann legte er sich die Hand auf den Bauch. Aus dem Zwicken wurde allmählich ein Stechen. Außerdem stieg ihm von einer dicht belagerten Bude der Geruch von gebratenen Würstchen in die Nase.
»Willst du eine Wurst?«, fragte Hubertus grinsend. »Ich geb dir eine aus! Du brauchst doch endlich was zu beißen.«
Doch Klaus verzog angeekelt das Gesicht und schüttelte den Kopf. Hätte er nicht schon seit zwei Tagen gehungert – er hätte sich wohl augenblicklich auf dem Pflaster des Schwenninger Hauptplatzes übergeben müssen.
Zum Glück entschied sich auch Hubertus gegen die fettige Rote und kaufte sich stattdessen ein »Fasnetküchle«.
Als sie unter dem Eingang der Stadtbücherei standen, hatte Hubertus immer noch den Puderzucker des fettgebackenen Teilchens an den Mundwinkeln kleben. Klaus konnte ihn darauf nicht aufmerksam machen, weil er intensiv nach Kerstin Ausschau hielt. Er stellte sich immer wieder auf die Zehenspitzen und reckte den Kopf nach oben. Kurz überlegte er, ob er die Umzugsstrecke ablaufen sollte. Doch unter den schätzungsweise fünfundzwanzigtausend Besuchern würde er sie wohl kaum finden.
»Da!«, rief Hubertus plötzlich.
»Kerstin?«
»Nicht Kerstin. Kannst du an gar nichts anderes mehr denken? Da steht Graf Zahl«, antwortete Hubertus etwas zu schroff. An einem Glühweinstand auf der anderen Seite der Umzugsstrecke wärmte sich Andreas Moser gerade die Hände an einer Tasse Punsch. So hieß der hoch aufgeschossene Mann mit bürgerlichem Namen.
Hubertus zog Klaus an seinem etliche Nummern zu großen blauen Fuhrmannskittel, den er seinem Freund zur Verfügung gestellt hatte, über die Straße, was nicht einfach war. Gerade marschierte die Musikkapelle der Schwenninger Harmonie vorbei. Fast hätte Hubertus den Schlegel abbekommen, mit dem der gut drei Zentner schwere Paukenspieler kräftig zum Schlag ausholte. Unter den einsetzenden »Narri Narro«-Rufen und einigen Slalommanövern erreichten sie endlich den Stand.
Zahl nickte Hubertus nur kurz zu. Die kleinen Augen hinter den randlosen Brillengläsern verrieten eine Mischung aus Ironie und Sarkasmus. Der Kollege war für seine spitze Zunge bekannt. Seine Feder im Villinger, gelegentlich aber auch im Schwenninger Narrenblättle war gefürchtet. Im Heimat- und Geschichtsverein hatte er sich nicht zuletzt als Fasnachtsexperte einen Namen gemacht. Er galt als ungleich
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