Narrentreiben: Ein Fall für Hubertus Hummel (Hubertus Hummel-Reihe) (German Edition)
wieder ein: »Sag mal, wie gut kanntest du den Heinrich Berger?«
»Eigentlich nur flüchtig«, entgegnete Graf Zahl. »Man hat sich bei den Bällen und den Hauptversammlungen der Narrozunft gesehen, vielleicht mal bei einem Schemen- oder Brauchtumsabend und natürlich in einem der Narrostüble an Fasnet. Dieses Jahr allerdings nicht, der Berger hat ja sein letztes Fasnetschorle getrunken.« Zahls Blick wirkte wieder leicht spöttisch.
Hubertus überlegte: Eigentlich schaute der Kollege immer so, es lag wohl an den Augen.
»Hast du sonst etwas über ihn gehört? Was erzählt man sich noch in der Zunft?«, hakte er nach.
»Das müsste dein potenzieller Schwiegersohn doch mindestens genauso gut wissen wie ich?«
»Der ist bis Aschermittwoch unansprechbar und wird wahrscheinlich auch die Geburt seines Kindes verpassen«, antwortete Hubertus verdrießlich.
»Bäuerle ist eben ein hundertprozentiger Narro – wie unser Freund Berger«, meinte Zahl. »In der Narrozunft wird natürlich viel geschwätzt.«
»Und was zum Beispiel?« Hubertus ließ nicht locker.
Graf Zahl zögerte einen Moment und beobachtete die Fuchsschwänze der Schwenninger Hansel, die beim Narrensprung auf und ab wippten.
»Na ja, ein Teil der Villinger geht natürlich davon aus, dass ein Schwenninger wie Gerbert der Mörder sei. Ist ja Wasser auf die Mühlen von so manchem … Aber darüber hinaus gibt es in der Villinger und offenbar auch in der Schwenninger Zunft dasselbe Gerücht. Man erzählt sich, dass die Haushälterin etwas mit dem Tod von Berger zu tun haben soll.« Graf Zahl zögerte einen Augenblick. »Cherchez la femme – ihr wisst schon.«
Klaus schaute überrascht, Hubertus fast schon empört.
Noch ehe Graf Zahl weiterreden konnte, rief er: »Berta Gremmelsbacher? Nie und nimmer! Die ist doch schon fast siebzig und eine Seele von Mensch. Meine Mutter kennt die gut. Berta ist eine einfache, rechtschaffene Frau.« Immer dieser blöde Tratsch im Städtle!
»Ich sag ja, das ist nur Geschwätz«, wehrte Graf Zahl ab. »Die Polizei scheint aber wohl auch in diese Richtung zu ermitteln – frag mich nicht, warum.«
»Im Übrigen«, fuhr Hubertus verärgert fort. »Wie soll denn Frau Gremmelsbacher bitte schön den mindestens achtzig Kilogramm schweren Berger erschlagen und dann mitsamt seinem Narrohäs nach Schwenningen verfrachtet haben? Die kommt doch schon rein körperlich nicht als Mörderin infrage. Und wieso soll sie dem Berger überhaupt nach dem Leben getrachtet haben?«
»Na ja, die Gerüchte sind ja nicht auf meinem Mist gewachsen. Aber in den Zünften wird über Frau Gremmelsbachers Sohn geredet. Der soll angeblich arbeitslos und verschuldet sein.«
»Und welchen Reim hat man sich darauf gemacht?«, unterbrach Hubertus seinen Lehrerkollegen.
»Es wird gemunkelt, dass der Berger die Gremmelsbacher mit einem netten Sümmchen im Testament bedacht haben soll. Berger wollte aber wohl seine neue Lebensgefährtin heiraten, womit das Testament geändert worden wäre. Wenn das stimmt, musste der junge Gremmelsbacher jetzt wohl handeln und vor der Hochzeit zuschlagen. Und da er das Geld angeblich dringend brauchte …«
»Und was weißt du noch über diesen Sohn?«, erkundigte sich Hubertus.
»Nicht viel«, antwortete Graf Zahl, »nur dass er Thomas heißt und in Elzach wohnt. Er soll wohl dort auch in der Narrenzunft aktiv sein. Falls ihr ihn treffen wollt – der ist heute Abend dort sicher als Schuttig unterwegs …«
Was Graf Zahl dann noch sagte, hörte Hubertus schon nicht mehr. In seinem Kopf arbeitete es: Elzach, Schuttig, Dreispitzhut mit Schneckenhäuschen. Davon hatte die Polizei doch einige Exemplare am Tatort gefunden. Aber dann hätte Gremmelsbachers Sohn Berger in einem Schuttighäs erschlagen. Und wieso das? Um nicht erkannt zu werden?
»Klaus, hast du das gehört?« Hubertus drehte sich zu seinem Freund um, doch von dem war weit und breit nichts zu sehen.
14. LIEBE UND HIEBE
Klaus hielt es einfach nicht mehr aus. Je weiter er die Engelstraße hochlief, desto mehr stieg seine Pulsfrequenz. Er überlegte sich, was er Kerstin sagen sollte. Am besten die Wahrheit: dass er sich in diesen endlos erscheinenden zweieinhalb Tagen bewusst geworden war, wie sehr sie ihm fehlte. Dass er sich wie ein Idiot benommen, dass er sich oft zu wenig Zeit für sie genommen hatte und dass sich das künftig ändern würde.
Den Heiratsantrag wollte er sich nur für den äußersten Notfall aufheben … Schließlich war er
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