Natascha
nichts!« sagte der Feldwebel. »Keine Angst. Ich –« Er suchte nach russischen Worten und zeigte auf sich. »Ja … twoj drug …«
Natascha schüttelte den Kopf. »Du bist nicht mein Freund, nein!« sagte sie hart. »Meine Mutter und meinen Vater habt ihr umgebracht! Und Natalja habt ihr umgebracht! Vielleicht habt ihr auch Fedja umgebracht … weiß ich's jetzt? Was wollt ihr in Rußland?«
»Was quatscht sie?« fragte einer der Soldaten. »Ne gute Figur hat se. Die hält uns vier schon aus!«
»Schnauze, Meyer III!« Der Feldwebel steckte die Pistole in die Tasche. »Keine Angst, Madka«, sagte er dabei. »War das dein Pferd?« Er zeigte auf Natalja. Natascha nickte. »Tut mir leid, Kleine. Aber ich habe gedacht, es sei weggelaufen. Wo bist du denn zu Hause? Doma –«
»Kaputt!« sagte Natascha hart.
»Ist eben Krieg, Puppe!« Der Feldwebel kam näher. Es störte ihn nicht, daß Natascha den Knüppel hob. Er schüttelte nur den Kopf, sprang dann vor, riß ihr den Stock aus der Hand und warf Natascha in das Gras. Sie trat um sich, aber gegen die dicken Lederstiefel des Deutschen waren ihre Tritte nicht spürbarer als zurückschnellende Zweige.
»Swinja!« schrie sie. »Sabaka!«
Breitbeinig stand der Feldwebel über ihr. Sie sah seine dicken Schenkel, den Bauch, darüber das lachende, dicke Gesicht mit kleinen tanzenden Augen. In den Unterleib werde ich ihn treten, dachte Natascha. Aufschreien wird er, hüpfen wie ein Frosch, und dann wird er mich töten, und alles ist zu Ende. Endlich zu Ende –
Sie tat es nicht, denn der Feldwebel trat zurück und winkte. »Steh auf!« sagte er. »Mitkommen! Zum Zug! Und dann wirst du uns das Pferd braten, verstanden?!«
Eine Stunde später brachten sie Natascha zu einigen Funkwagen, die am Waldrand aufgefahren waren. Ein junger Leutnant sah sie an, sagte verächtlich »Flintenweib« und beachtete sie nicht länger. Natalja hatte man herbeigeschafft, ihr das Fell aufgeschnitten und zerlegte sie jetzt in große Fleischstücke. Auf dicke Holzstämme spießte man die Stücke, sogar zwei Eisenstangen trieb man durch sie hindurch und hängte alles über ein offenes Feuer, das man mit Feldsteinen umlegt hatte. Der Feldwebel führte Natascha zu dem Braten.
»Umdrehen und aufpassen!« sagte er. Sie verstand ihn nicht, aber sie wußte, was er wollte. Stumm setzte sie sich neben das Feuer und starrte auf die brutzelnden Fleischstücke. Natalja, dachte sie. Das Herz krampfte sich ihr zusammen. Fressen werden sie dich, die Deutschen. Aber nur dein Fleisch ist's ja … deine Treue ist ewig …
Am Abend saßen die deutschen Soldaten um das Lagerfeuer und aßen den Pferdebraten. Sie tranken erbeuteten Wodka, sangen und erzählten. So sind sie wie alle, dachte Natascha. Abseits saß sie im Gras, den Rücken gegen ein Autorad gelehnt, und sah zu, wie sie Natalja aufaßen. Sie singen, wenn sie Wodka haben, wie die jungen Komsomolzen von Tatarssk oder die Arbeiterbrigade, die einmal für den Sommer bei der Ernte in Krassnoje Mowona half.
»Willst du auch ein Stück?« fragte der Feldwebel. Wie ein Schatten war er aufgetaucht und stand vor Natascha, schwankend, mit fetttriefenden Lippen, in den Augen die Röte des Alkohols.
»Nein!«
»Weil's dein Pferd war? Hast wohl ein zartes Seelchen, was?«
»Geh –«, sagte sie laut, auf deutsch.
»Du kannst germanskij sprechen?!«
»Njet!«
»Soll ich's dir beibringen?« Der Feldwebel lachte. Er wischte sich die Finger an der Uniformhose ab und beugte sich zu Natascha hinab. »Ist leicht, die deutsche Sprache, Madka! Ganz leicht! Paß mal auf …«
Er packte sie an den Schultern, riß sie vom Boden hoch und drückte sie gegen die Wagenwand. Dann griff er wieder zu und riß ihr die Bluse über der Brust auf. Mit beiden Händen umklammerte er das weiße, hervorquellende Fleisch. Seine Zunge zitterte leckend über seine fetten Lippen.
»Das ist ›Die Brust‹!« sagte er lachend. »Jetzt paß mal auf, wie schnell das weitergeht und wie leicht Deutsch ist …«
Nataschas Körper zog sich zusammen. Wie eine Sehne, so spannten sich ihre Muskeln. Ihr Gesicht, von den fernen Flammen des Lagerfeuers schwach überzuckt, war starr und bleich. Nur die Augen waren lebend … groß und haßerfüllt.
Die schwere Hand des Feldwebels fuhr wieder an ihren Körper. Vom Gürtel aus zerriß sie den Rock. Mittendurch schlitzte sie ihn auf.
»Das nennt man ›Bauch‹!« schrie der Feldwebel. Er stieß seine Hand gegen Nataschas Leib. Dann sagte er
Weitere Kostenlose Bücher