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Nathanael

Titel: Nathanael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Landers
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setzte sie einen Fuß vor, um ihn gleich wieder zurückzuziehen, als bestünde der Boden aus glühenden Kohlen. Du kannst die Geschehnisse nicht rückgängig machen. Sie zwang sich ruhig ein- und auszuatmen, wie sie es im Tai-Chi-Kurs gelernt hatte. Erst nach einer Weile, als ihr Herzschlag sich allmählich beruhigte, eilte sie zu ihrem Wagen.
    Die Straße war menschenleer, die meisten Häuser verwaist, denn viele waren im vergangenen Jahr arbeitslos geworden und konnten die Mieten nicht mehr bezahlen. Sie zogen in die äußeren Stadtbezirke, wo das Wohnen günstiger war oder landeten in den Slums. Zurück blieben verwahrloste Gebäude, in denen Kriminelle Unterschlupf fanden. Das war die dunkle Seite New Yorks.
    Tessa wollte gerade mit der Fernbedienung den Wagen aufschließen, als ein Geräusch aufeinanderschlagenden Metalls durch die Straße hallte. Sie drehte sich um und sah zwei Männer mit Schwertern, die sich in der Straßenmitte lauernd umkreisten. Auf den ersten Blick hätte sie an einen Straßenkampf unter rivalisierenden Banden geglaubt, doch die Waffen wirkten in der modernen Zeit reichlich antiquiert. Warum benutzten sie keine Pistolen?
    Die geballte Gewalt, die aus jeder Bewegung der Männer sprach, war Furcht einflößend. Keiner von beiden gab nach, sondern schwang immer wieder das Schwert gegen den Gegner. Es sah nach einem Kampf auf Leben und Tod aus.
    Damals bei dem Überfall, als die maskierten Kerle mit gezückten Pistolen in den Supermarkt gestürmt waren, hatte sie die gleiche Gewaltbereitschaft empfunden wie in diesem Moment.
    Tessa lief auf Zehenspitzen um ihren Wagen und drängte sich zitternd mit dem Rücken an eine Hausmauer, während sie die beiden Kämpfer beobachtete. Zum Glück hatten sie ihre Anwesenheit nicht bemerkt. Nur nicht bewegen. Keinen Laut. Sie wagte kaum zu atmen. Nur so besaß sie eine Chance, weiter unentdeckt zu bleiben.
    Einer der Männer sprang mit einem gewaltigen Satz nach vorn, um das Schwert in seinen Gegner zu bohren, der jedoch geschickt auswich. Rot glühende Augen blitzten in der Dunkelheit auf, was Tessa fast in Panik geraten ließ. Schweiß brach ihr aus allen Poren. Um nicht zu schreien, presste sie die Kiefer mit aller Kraft zusammen.
    Wenigstens war es nicht der Kerl, der sie neulich in Stevens Wagen bedroht hatte, aber sicherlich nicht minder gefährlich.
    Der hier war stämmig gebaut mit Glatze und Stiernacken. Im Schein der Straßenbeleuchtung erkannte sie eine wulstige Narbe, die sich über seine linke Gesichtshälfte zog. Ein zynisches Lächeln umspielte seinen Mund. Er trug auffällige rote Turnschuhe zu einer zerschlissenen Jeans, darüber ein Muskelshirt, das wegen seiner Leibesfülle eine Handbreit über dem Hosenbund endete. Ohren, Augenbrauen und Lippen waren mehrfach gepierct.
    Die Jeansjacke, die er noch wenige Augenblicke vorher getragen hatte, lag neben ihm auf dem Boden. Der aufgenähte Totenkopf auf dem Rücken verriet ihn als Mitglied einer Motorradgang, die sich Black Demons nannte. Eine berüchtigte Gang, deren Verbrechen von schwerem Raubüberfall bis zu Mord reichten, weshalb sie oft in den Medien erwähnt wurde. Bislang war es der Polizei nicht gelungen, einen von ihnen zu fassen. Dass sie ausgerechnet einem von ihnen hier begegnen musste, konnte sie kaum fassen.
    Der Gegner war jünger und schlanker und erinnerte sie irgendwie an Nathanael, weil er die gleichen raubkatzenartigen Bewegungen besaß. Unter seiner schwarzen Lederjacke zeichneten sich breite Schultern ab. Auch er trug Jeans, die sich über ebenso muskulösen Beinen spannte.
    Sein Haar hatte er zu einem Zopf gebunden. Er schwang das Schwert mit einer Geschmeidigkeit, die Tessa fasziniert bewunderte.
    «Du glaubst doch nicht wirklich, dass du gegen mich eine Chance hast, Jäger!», rief der mit den roten Augen und spuckte auf den Boden.
    «Und ob. Heute entgehst du mir nicht», erwiderte der Blonde. Er lachte leise, während er scheinbar spielerisch das Schwert schwang, bis es plötzlich vorschnellte. Der Rotäugige wich mit einer Geschwindigkeit aus, die sie ihm nie zugetraut hätte.
    «Da musst du früher aufstehen.» Ein hämisches Lachen erklang, dass sich Tessas Nackenhaare sträubten.
    Der Blonde sprang mit einem Satz über den Kopf des anderen hinweg, als wäre es eine leichte Übung. Tessa presste ihre Hand vor den Mund, weil sie fast aufgeschrien hätte. So etwas konnte doch kein gewöhnlicher Mann.
    Ihr blieb keine Zeit weiter darüber nachzudenken, denn der

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