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Nathanael

Titel: Nathanael Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: K Landers
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Prophetin, ebenso wie der einfache Schnitt. Sie war hagerer als ein Model. Schwarz war eine Farbe, die Cynthia stand, weil sie mit ihren schwarzen Augen und dem lila Haar harmonierte.
    Als Tessa sich im Spiegel betrachtete, streckte sie sich die Zunge heraus. Mit der bleichen Haut und den dunklen Ringen unter den Augen sah sie wie eine von Draculas Gespielinnen aus. Cynthia hatte sicher bewusst Kleidung für sie ausgewählt, die sie weniger attraktiv machte. Wegen Nathanael.
    Als sie die Tür zur Bar öffnete, fiel ihr Blick sofort auf seinen breiten Rücken. Er stützte sich auf die Theke und sah Cynthia zu, die emsig Gläser in den Geschirrspülautomaten räumte. Bei ihrem Eintreten drehte er sich langsam um.
    Er sah übernächtigt aus, mit ebenso dunklen Ringen unter den Augen und Bartstoppeln auf Kinn und Wangen. Doch dieser Hauch von Verwegenheit verlieh ihm nur das gewisse Extra. Er sah unglaublich sexy aus, und ihr Körper begann bereits wieder auf ihn zu reagieren. Nur mit Mühe unterdrückte sie ein Seufzen.
    Nathanael rührte sich nicht, sondern sah sie nur an. In seinem Blick lag Begierde. In diesem Augenblick existierte für Tessa nur noch er in diesem Raum. Sie vergaß Cynthia, selbst, dass Ernest jeden Moment eintreffen konnte. Die Luft schien elektrisiert und ihre Lippen formten seinen Namen, ohne ihn tatsächlich auszusprechen.
    Heiße, lustvolle Schauer liefen ihr den Rücken hinab und entzündeten ein Feuer in ihrem Unterleib. Bei der nächsten Gelegenheit würde mehr zwischen ihnen geschehen als nur ein Kuss, das wusste sie. Jede Faser ihres Körpers sehnte sich danach, ihn nackt zu spüren.
    Tessa löste sich aus der Starre und lief wie in Trance auf ihn zu, angezogen von seiner Ausstrahlung. Sie spürte ihren Herzschlag im Hals. Gleich würde sie in seinen Armen liegen und ihn küssen.
    «Tessa!»
    Sie schrak zusammen und stoppte. Es fühlte sich an, als hätte sie jemand gewaltsam aus einem Traum gerissen. Und dieser jemand war Ernest. Noch immer sah sie zu Nathanael, der jetzt über ihre Schulter zur Tür blickte. Der Bann war gebrochen, was sie zutiefst bedauerte.
    «Tessa! Dem Herrn sei Dank!
    Noch immer benommen wandte sie sich um und stand einem strahlenden Ernest gegenüber, der sie in die Realität zurückholte. Er zog sie in die Arme und drückte sie fest an sich.
    «Mein Gott, Tessa, als ich von dem Brand erfahren habe, bin ich vor Angst tausend Tode gestorben. Wenn dir was passiert wäre, hätte ich mir das nie verziehen. Das ist alles meine Schuld. Aber glaub mir, ich war felsenfest davon überzeugt, dass du dort sicher aufgehoben bist. Bertha besaß genügend Erfahrung im Umgang mit Dämonen.»
    Er küsste sie aufs Haar. Tessa lehnte ihre Stirn an seine Brust. Es tat so gut, ihn zu spüren.
    «Aber scheinbar nicht mit Gefallenen», erklang eine andere Stimme hinter ihrem Stiefbruder. Tessa hob den Kopf und sah über Ernests Schulter zur Tür. Die Stimme gehörte einem blonden Mann mit sehr ebenmäßigen Gesichtszügen, die ihr bekannt vorkamen.
    Sie löste sich von Ernest und zeigte mit dem Finger auf ihn.
    «Ich, ich kenne dich von irgendwo her …», sagte sie leise, während sie sich krampfhaft zu erinnern versuchte.
    «Das ist Joel», hörte sie Nathanaels Stimme dicht an ihrem Ohr. Sein warmer Atem verursachte eine Gänsehaut an ihrem Hals, die sich rasch ausbreitete.
    Sie versuchte, die erneut aufsteigenden Gefühle zu ignorieren, und musterte stattdessen Joel, dessen Augen amüsiert auf ihr ruhten. Sein blond gelocktes Haar hatte er zu einem Zopf gebändigt. Aber vor ihrem geistigen Auge sah sie ein anderes Bild von ihm, mit offenem Haar und einem wilden Blick, der sie geängstigt hatte.
    Natürlich, jetzt fiel es ihr wieder ein. Er war der Blonde, der damals auf der Straße vor Hazels Haus gegen den Dämon gekämpft hatte. Sie hatte mit ihm gefiebert, um sein Leben gebangt und gehofft, er würde die Bestie vernichten. Doch dann hatte sie fassungslos mit angesehen, wie er dieser Kreatur das Herz aus dem Leibe geschnitten hatte.
    Noch heute drehte sich ihr bei der Vorstellung der Magen um. Es war widerlich gewesen. Dabei sah Joel bei Tageslicht harmlos und sympathisch aus. Wäre Nathanael auch zu solcher Brutalität imstande? Das wollte sie sich lieber nicht vorstellen.
    «Wann sollten wir uns begegnet sein? Ich kann mich nicht erinnern. Dich hätte ich gewiss nicht vergessen.»
    Als sein Blick anerkennend über ihre Figur glitt, legte sich Nathanaels Hand auf ihre Schulter.

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