Nathanael
etwas wünschen? Ich weiß, wovon ich spreche. Ich habe Menschen, die mir etwas bedeutet haben, sterben sehen, getötet von Nephilim oder Gefallenen.»
«Und wenn ich trotz allem dazu bereit wäre, dir zu folgen?»
Sie meinte es ernst, wie ihre Miene verriet. Aber an seiner Seite würde sie zur Zielscheibe Luzifers werden. «Es geht nicht, Tessa.»
Enttäuschung zeichnete sich in ihrem Gesicht ab. Er bereute, sie mit seinen Worten verletzt zu haben. Aber er konnte die Schatten der Vergangenheit nicht einfach wie eine zweite Haut abstreifen. Vermutlich würde er seine Schuldgefühle wegen Gina nie vergessen. Tessa hätte sein unstetes und gefährliches Leben nach kurzer Zeit sicher satt. Und dann die ständige Gefahr, in der sie schweben würden. Wie konnte er da eine feste Beziehung eingehen?
Sie sah ihn an und ihr Blick wurde weich. «Was führst du nur für ein einsames, trostloses Leben. Ich werde nicht aufgeben, dir zu beweisen, dass ich zu diesem Leben bereit bin. Für dich. Ich weiß, dass du jetzt nichts davon hören willst, aber ich kann warten.»
«Tessa …» Er suchte vergeblich nach den passenden Worten.
«Komm, lass uns jetzt bitte zu meiner Wohnung fahren», sagte sie und öffnete die Beifahrertür.
Unzählige Male hatte Tessa den Fahrstuhl benutzt, um in ihre Wohnung zu gelangen. Doch nie war er ihr so eng erschienen wie heute. Wegen Nathanael, der dicht neben ihr stand. Deutlich spürte sie seinen muskulösen Schenkel an ihrem und atmete seinen herb männlichen Duft ein. Es fühlte sich gut an und intim, und erinnerte sie wieder schmerzlich an seine Worte.
Nathanael rückte von ihr ab und heftete die Augen auf die Stockwerksanzeige. Tessa wollte dieser gespannten Atmosphäre entgehen und schickte ein Stoßgebet zum Himmel, die Fahrt möge schnell enden. Als im fünften Stock noch ein korpulenter Mann dazukam und sie gegen Nathanael drückte, hielt sie den Atem an. Er schwieg, aber sie spürte seine Anspannung und das verhaltene Atmen. Zu ihrer Erleichterung verließ der Zugestiegene den Aufzug wenige Etagen später.
Als die Türen des Fahrstuhls sich öffneten, ergriff Tessa die Flucht nach vorn. Doch nach wenigen Schritten stoppte sie Nathanael. Sie wollte protestieren, als er einen Finger auf seine Lippen legte und sich nach allen Seiten umblickte. Nach einer Weile nickte er und bedeutete ihr weiterzugehen.
Nathanael betrat mit einem Messer bewaffnet vor ihr die Wohnung. Er begutachtete akribisch jeden Raum, um sicher zu gehen, dass kein Dämon ihnen auflauerte.
Tessa wartete währenddessen in der geöffneten Wohnungstür. Sie hatte Angst um ihn. Und wenn der Dämon jetzt tatsächlich in ihrer Wohnung lauerte?
Nathanael pirschte sich geschmeidig wie eine Raubkatze vorwärts. Sie erinnerte sich noch zu gut, wie Joel in den Hinterhalt geraten war. Aber nicht Nathanael. Er strotzte vor Kraft und Mut und ließ diesen Gedanken unsinnig erscheinen.
Es war für sie unvorstellbar, dass er je sterben könnte. Sie wollte ihn nicht verlieren. Tessa war nicht für eine kurze Affäre geschaffen, sondern verlangte mehr. Der Kuss vorhin machte alles nur noch schlimmer.
Nathanael trat aus dem Badezimmer und steckte das Messer wieder in die Weste zurück. Forschend betrachtete sie seine ernste Miene.
«Und?», fragte sie und knetete die Finger.
«Keine Gefahr. Dennoch sollten wir hier nicht lange bleiben. Pack das Nötigste zusammen und dann schnell raus hier.»
Tessa nickte und schloss hinter sich die Wohnungstür, bevor sie ins Schlafzimmer eilte, sich die Reisetasche vom Schrank herunterholte und wahllos Wäsche aus der Kommode kramte. Im Wohnzimmer holte sie nach Nathanaels Inspektion einen Umschlag mit Geld aus dem Safe. Sie stopfte ihn auch in die Reisetasche.
Nathanael stand im Türrahmen und beobachtete sie dabei. Das machte sie nervös, was auch daran lag, dass seine Anwesenheit in ihrem Schlafzimmer etwas Intimes besaß und ihre Gedanken wieder in die eine Richtung dirigierte.
Sie hatte vor ihm noch keinen einzigen Mann hierher mitgebracht. Nur Nathanael.
Sie spürte seinen Blick auf ihrem Rücken und es begann auf ihrer Haut zu prickeln. Sie wandte sich zu ihm um und begegnete seinem begehrlichen Blick. Pure Leidenschaft strahlte ihr entgegen.
Das führte doch zu nichts. Hastig wandte sie sich ab und bemerkte, dass das Telefon auf dem Nachttisch blinkte. Sie drückte die Taste des Anrufbeantworters.
«Nachricht eins: ‹Tessa, wo steckst du? Ich habe schon tausend Mal angerufen. Ruf
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