Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nathaniels Seele

Titel: Nathaniels Seele Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Britta Strauß
Vom Netzwerk:
Bronzefigur einer nackten Frau und mehrere indianische Artefakte an der Wand, die sich mit der kühlen Atmosphäre des Raumes nicht vertrugen. Es gab einen prächtig geschmückten Kriegsspeer, eine Axt, mehrere Bögen und einen roten Pfeil in einer Vitrine. Seinen Pfeil, den er letztens auf die beiden Eindringlinge abgeschossen hatte.
    „Hinsetzen.“ Der blonde Mann mit den ausgerissenen Haaren deutete auf einen Lederstuhl, der gegenüber dem blau flimmernden Bildschirm stand. „Du wirst schon erwartet.“
    Nathaniel tat, was man von ihm verlangte, wobei er vielmehr in den Stuhl fiel, als sich hineinzusetzen. Diese Schwäche, die er nicht kaschieren konnte, machte ihn umso wütender. Nur eines konnte er zum jetzigen Zeitpunkt tun – ihnen die Befriedigung verweigern, ein furchtsames Opfer vor sich zu haben.
    Der Bildschirm wurde heller. Er flackerte auf, dann erschien ein Gesicht. Ein feistes, teigiges Gesicht, gekrönt von schütterem Haar.
    „Gregory Hazlewood.“ Nathaniel seufzte. „Wie schön, dich wiederzusehen.“
    „Die Freude ist ganz auf meiner Seite. Ich muss schon sagen. Dein Freund hat ganze Arbeit geleistet. Vertrauen ist eine gefährliche Sache, nicht wahr? Wir fallen alle gern auf diese Illusion herein.“
    Nathaniel atmete tief ein, sagte jedoch nichts.
    „Dein Zögling hat mir eine Menge über dich erzählt“, fuhr der Anwalt fort. „Zum Beispiel, dass du nicht nur in seinen Augen die Entwicklung des Stammes aufhältst, dich neuen Wegen verschließt und lieber gedanklich in der Steinzeit festhängst. Dank ihm weiß ich auch, dass es dir unmöglich ist, jemanden aus der Entfernung zu manipulieren. Noch praktischer ist die Tatsache, dass dein Opfer es spürt, sobald du in seinen Geist eindringst. Du brauchst direkten Augenkontakt, und wenn man deine Kraft kennt, ist es relativ leicht, dich auszusperren. Voraussetzung ist natürlich, dass man versteht, woher das Prickeln kommt, das einem das Gehirn vernebelt. Zu allererst sollten wir daher klarstellen, dass deine Freundin für jede Dummheit, die du versuchst, bezahlen wird. Falls du also versuchen solltest, einen meiner Männer zu manipulieren, wirst du schnell herausfinden, dass ich nicht lange fackele.“
    „Was willst du?“, knurrte Nathaniel. „Wo ist Josephine?“
    „Es geht ihr gut.“ Hazlewood faltete die Hände zu einem Spitzdach und nickte jemandem zu. Ein zweites, kleineres Bild erschien auf dem Monitor. Ein Zimmer war darauf zu sehen, großzügig und gediegen ausgestattet. Nathaniel erkannte ein mit einer roten Damastdecke bezogenes Bett. Darauf hockte Josephine, zusammengekauert und ängstlich. Sie schien, wenigstens auf den ersten Blick, unverletzt zu sein. Ihre Finger drehten unaufhörlich die Strähne, in der er sein Haar mit ihrem verflochten hatte, und diese Geste zu sehen, schmerzte heftiger als jede körperliche Wunde.
    „Wir behandeln sie gut“, sagte Hazlewood in unverhohlenem Triumph. „Solange du kooperierst.“
    „Was willst du?“ Nathaniel schloss die Augen, denn er spürte eine ungeheure Wut in sich aufsteigen. Entglitt sie seiner Kontrolle, würde er alle Hoffnung zerstören. Er würde Stunden später zu klarem Verstand kommen, erschöpft, blutbesudelt, inmitten von Leichen. Zusammengekauert auf den Überresten eines endgültig verlorenen Lebens.
    „Ich gebe dir mein Wort, dass ihr kein Haar gekrümmt wird.“ Hazlewoods Gesicht zierte ein Lächeln, sodass es einem feisten Vollmond glich. „Voraussetzung ist, dass du nichts Dummes versuchst und mir auf meine Fragen mit der Wahrheit antwortest. Mein Leben lang wurde ich darauf geschult, Lüge und Wahrheit zu unterscheiden. Ich würde es spüren, wenn du mich belügst.“
    „Was seht ihr schon?“, presste Nathaniel hervor. „Ihr werdet geboren, ihr lebt und sterbt, ohne etwas zu sehen.“
    Hazlewoods Gesicht war einen Augenblick reglos. Getroffen an wunden Punkten senkte der Anwalt den Blick.
    „Wenn es euch darum geht, dass ich eure Laborratte spiele, braucht ihr Josephine nicht. Ich habe keine Kraft mehr, mich zu wehren. Wartet ein paar Stunden und ich kann nicht mal mehr aufstehen. Ihr braucht sie nicht. Lasst sie gehen, und macht mit mir, was ihr wollt.“
    „Wie nobel.“ Hazlewood klopfte sich mit dem Zeigefinger auf die gespitzten Lippen. „Wenn es nur darum ginge, würde ich vielleicht sogar einwilligen. Aber ein Zombie nützt mir nichts. Bevor ich mein Ziel erreiche, brauche ich dich, um mir die Zukunft zu versüßen. Ich weiß, dass du

Weitere Kostenlose Bücher