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Natürliche Selektion (German Edition)

Natürliche Selektion (German Edition)

Titel: Natürliche Selektion (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. J. Anderegg
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bedeutet ganz klar H-zwei-null.«
    »Ich verstehe gar nichts mehr.«
    »Deshalb hast du mich ja hergeholt«, grinste Audrey zufrieden. »Es ist offenbar so etwas wie das Erkennungszeichen oder Logo des Vereins. Ich weiß zwar nicht, was das H bedeutet, aber zwei-null hört sich sehr ähnlich an wie zwei-Punkt-null, so wie in Web 2.0, meinst du nicht auch?«
    Leo schaute sie verständnislos an und wiederholte: »Begreife ich nicht. Kannst du das in einfachen französischen Wörtern ausdrücken?«
    »Zwei-null könnte eine Versionsbezeichnung sein, wie die Version 2.0 eines Programms, oder die Version zwei eines Medikaments, verstehst du jetzt?« Der fragende Gesichtsausdruck ihrer Mutter verschwand schlagartig. Sie hatte begriffen, und die hochgezogenen Brauen und der offene Mund zeigten deutlich, dass sie die plötzliche Erkenntnis mächtig erschreckte. Leo sprang auf, begann aufgeregt hin- und herzuwandern. »Was ist los?«, fragte sie verwundert.
    Leo lehnte sich an die Kante des Esstisches und schaute glatt durch sie hindurch, als sie antwortete: »Ich glaube, das ist es. Du hast völlig recht mit dem 2.0. Es bezeichnet die Version zwei, oder einfach die nächste, vollkommen neue Version.«
    »Klar, aber wovon?«
    »H steht für Homo, Homines, französisch Homme, Mensch. Das muss es sein, Audrey. Alles passt zusammen. Sie wollen eine neue Version des Menschen erschaffen. Das ist der Zweck dieses Geheimbunds.«
    »Das ist nicht dein Ernst«, lachte sie. »Frankensteins Monster?« Nicht der Hauch eines Lächelns zeichnete sich auf Leos Gesicht ab. Glaubte sie den Unsinn wirklich, den sie gerade geäußert hatte? »Es ist dein Ernst, oder?«
    Leo nickte in Gedanken versunken und antwortete: »Frankenstein hat totem Fleisch neues Leben eingehaucht. Darum geht es hier nicht.«
    »Vielen Dank für die Aufklärung. Ich habe das Buch auch gelesen.« Typisch Leo: ein kleiner Seitenhieb auf ihre Bildungslücken musste einfach sein. Sie schien gar nicht zu bemerken, wie empfindlich ihre Tochter reagierte und fuhr ungerührt fort mit ihrer sachlichen Erklärung des Ungeheuerlichen:
    »Der Colonel und seine Anhänger wollen sicher keinen künstlichen Menschen erschaffen. Sie wollen den Menschen verbessern.«
    Auch diese Vorstellung war ihr nicht geheuer. »Und wie stellen sie das an?«, fragte sie, ohne zu verbergen, dass sie Leo kein Wort glaubte.
    »Veränderungen im Gehirn. Das Gehirn macht uns zum Menschen, unterscheidet uns von allen andern Lebewesen. Wenn ich die Weiterentwicklung der Menschheit mit wissenschaftlichen Mitteln vorantreiben wollte, würde ich auf jeden Fall beim Gehirn ansetzen. Es passt wirklich alles zusammen.» Leo setzte sich wieder aufs Sofa und schaute ihr eindringlich in die Augen. »Hör zu«, fuhr sie in beschwörendem Ton fort. »Michel musste letztlich sterben, weil man ihm und seinen Freunden eine Substanz ins Hirn gepflanzt hat, die laufend das NR2B Gen exprimierte. Dadurch war sein Gedächtnis zu unglaublichen Leistungen fähig. Auch das Lernen wurde für ihn zum Kinderspiel. Die brutale Methode hat eine Weile hervorragend funktioniert, ich habe das selbst erlebt. Schon früher auf Puerto Rico befasste sich der Colonel offenbar mit Therapien und Medikamenten, die der gute Tom als Hirnkosmetik ablehnte. Der Colonel ist besessen von der Vorstellung, die Leistungsfähigkeit des menschlichen Zentralorgans mit allen Mitteln zu steigern, glaub mir.«
    Die Schlussfolgerung klang einleuchtend. Die Puzzlesteine ergaben tatsächlich die Umrisse eines beängstigenden Bildes. Sie begann, den Verdacht ihrer Mutter ernst zu nehmen und fragte nachdenklich: »Und was hat er als Nächstes vor, nachdem der erste Versuch gescheitert ist?«
    »Wenn es denn der erste Versuch war. Erinnerst du dich an die Soldaten auf Vieques Island? Ich kann mir gut vorstellen, dass auch sie einem seiner Versuche zum Opfer gefallen sind.«
    »Nur nicht übertreiben.«
    »Ich denke nicht, dass ich übertreibe. Das Muster ist dasselbe. Vielleicht ging es damals wirklich nur um die Behandlung der Kriegstraumata, aber das scheint mir im Nachhinein eher unwahrscheinlich.«
    »Wie auch immer. Die brennende Frage ist und bleibt: wie geht es weiter?«
    »Genau das will ich an diesem Treffen herausfinden. Und wir sollten uns beeilen, wenn es wirklich morgen stattfindet. Darf ich dich daran erinnern, dass wir immer noch nicht wissen, wo sie sich treffen?«
    Audrey lächelte. Jetzt kam ihr Text: »Das wissen wir schnell, wenn du mich an

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