Nayidenmond (German Edition)
werden.“
Er wandte sich ab, sein Anflug von Belustigung war vergangen.
Was tue ich hier eigentlich?, fragte er sich. Spiele ich gerade mit ihm?
Im Reflex fuhr er kampfbereit herum, als er eine Berührung am Arm spürte. Rouven wich nicht vor ihm zurück, betrachtete ihn nur forschend, als würde er etwas suchen.
„Du weißt, dass ich ein Prinz von Kyarvit bin und der König also zwangsläufig mein Vater sein muss, warum also … es gibt keinen Grund, Atem und Zeit zu verschwenden, um dir das zu sagen. Und für eine nichtswürdige Kreatur halte ich dich auch nicht, wie kommst … Ich weiß gar nicht, wie du auf diesen Gedanken kommst.“
Iyens Mundwinkel zuckten, als er ein Lächeln zurückzuhalten versuchte. Rouvens Bemühen, jegliche Frage zu vermeiden war schlicht und ergreifend entzückend.
Das ist es. Er bringt mich zum Lächeln. Ich dachte, so etwas kann ich gar nicht!
Rouven wirkte plötzlich verlegen, errötete sogar leicht, als er fortfuhr: „Ich habe mich noch überhaupt nicht bedankt.“
„Wofür?“, fragte Iyen und hätte fast gelacht, weil er es nun war, der Fragen stellte.
„Für alles. Du hast damals dein eigenes Leben aufgegeben, dich gegen deine Waffenbrüder gestellt, um mich zu retten. Du hast mich versorgt, beschützt und nach Hause gebracht, soweit es dir möglich war und danach anscheinend jahrelang als Ausgestoßener auf der Flucht gelebt, um Nachforschungen zu betreiben. Jetzt rettest du mich wieder. Ich weiß nicht, warum du das tust, aber ich bin dir dankbar. Auch, wenn du im Moment ziemlich gemein zu mir bist.“
Er blickte zu Iyen auf, so ehrlich, so offen, dass es schmerzte, ihn anzusehen.
„Du trägst deine Seele im Gesicht und dein Herz auf der Zunge, Rouven“, sagte er langsam. „Es ist wunderschön, aber es macht dich angreifbar.“
Rouven blinzelte verwirrt. „Was meinst du? Ich bin so, wie ich bin“, sagte er, und duckte sich dabei ängstlich zusammen.
„Schon gut.“ Iyen seufzte leise. „Ich habe es nicht für dich getan. Nicht für dich als Mensch, als Prinz, als Rouven. Was Bero und Jarne dir angetan haben, war unrecht.“ Er flüsterte beinahe nur, als er aussprach, worüber er sechs Jahre lang nachgedacht hatte. „Oshanta sind Mörder. Die Ältesten erhalten einen Auftrag, prüfen ihn, welche Folgen er hat und wenn sie einverstanden sind, führen wir ihn aus. Wir töten unsere Opfer schnell, es gibt keinen Grund, sie leiden zu lassen. Dein Fall war ungewöhnlich, es geschieht selten, dass wir jemanden nur entführen sollen. Lösegelderpressungen und Ähnliches werden gewöhnlich Tätern vorbehalten, die mehr um das Überleben ihrer Opfer bemüht sind.“ Er nickte Rouven zu, der ihm regelrecht an den Lippen hing, so gierig war, jedes Wort zu hören. „Unsere Opfer sind fast ausnahmslos reiche oder adlige Männer jenseits des vierten Lebensjahrzehnts, die irgendjemandem unbequem genug geworden sind, dass ihr Feind sich unsere Dienste kaufen will. Reiche und adlige Männer dieses Alters sind häufig fett und verlebt oder vom Krieg gezeichnet. Du hingegen warst jung und schön …“
„Und das allein hat ausgereicht?“, fragte Rouven, ohne zu bemerken, dass er schon wieder gegen das Verbot verstieß.
„Oshanta dürfen keine Frauen haben, es ist bei Todesstrafe verboten, selbst wenn es Sklavinnen sind. Lediglich Huren sind gestattet, oder Frauen, die zu alt sind, um noch empfangen zu können. Wir sind unrein, von Geburt an. Unsereins darf auf gar keinen Fall Kinder zeugen. Würde es nicht unsere Kampfkraft schwächen, würde man uns kastrieren wie das Vieh auf der Weide. Also kaufen wir uns Huren, aber selbst die verabscheuen uns und legen sich nur aus Furcht auf den Rücken. Du warst zu verlockend für Männer, die keine Seele und kein Gewissen haben. Sterben solltest du, warum nicht also vorher noch schnell für die eigene Lust benutzen? Wäre doch Verschwendung, so viel Schönheit einfach nur abzuschlachten.“
Rouven wand sich unter seinen Worten, mit Tränen in den Augen drehte er sich schließlich ruckartig um, lief ein paar Schritte, kauerte sich dann auf den Boden, als hätte er keine Kraft mehr, aufrecht zu stehen.
„Warum nennst du es denn Unrecht, wenn es für euch eher Wirtschaftlichkeit war?“, fragte er bitter. Iyen überwand die Distanz zwischen ihnen in Gedankenschnelle.
„Wir schwören einen Eid“, flüsterte er ihm ins Ohr. Rouven, der wohl nicht gespürt hatte, wie nah er ihm wieder gekommen war, erschauderte, wich jedoch
Weitere Kostenlose Bücher