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Nebelsturm

Nebelsturm

Titel: Nebelsturm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johan Theorin
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Besitz des Staates, glaube ich, aber man hat ihn für einen Apfel und ein Ei an irgendjemanden auf der Insel verpachtet … an irgendeinen Bauern, der keine müdeKrone geopfert hat, um ihn instand zu setzen. Meine Mutter und ich waren die Einzigen, die auch im Winter draußen im Waschhaus wohnen wollten.«
    Sie trank ihre Kaffeespezialität.
    Die Kinder lachten laut über die Sendung im Fernsehen.
    »Hat Katrine jemals mit dir über Ethel gesprochen?«, fragte Joakim nach einem Moment des Zögerns.
    »Nein«, antwortete Mirja. »Wer ist das?«
    »Das war meine große Schwester. Sie ist letztes Jahr gestorben … vor fast genau einem Jahr. Sie war süchtig.«
    »Alkohol?«
    »Drogen«, erwiderte Joakim. »Alle Sorten von Rauschgift, aber die letzte Zeit dann hauptsächlich Heroin.«
    »Ich habe nie besonders viele Drogen genommen«, sagte Mirja. »Aber ich gebe Leuten wie Huxley und Tim Leary recht …«
    »Worin?«, hakte Joakim nach.
    »Dass Drogen den Horizont erweitern. Besonders für uns Kunstschaffende.«
    Joakim starrte sie entgeistert an. Er dachte an Ethels leeren Blick und verstand, warum Katrine nie mit ihrer Mutter über sie gesprochen hatte.
    Dann trank er schnell seinen Kaffee aus und schaute auf die Uhr, es war schon spät.
    »Wir machen uns jetzt mal auf den Heimweg.«
    »Und, wie findet ihr eure Großmutter?«, fragte Joakim, als sie im Auto saßen und die Brücke nach Öland überquerten.
    »Sie ist lieb«, sagte Livia.
    »Prima.«
    »Fahren wir da bald wieder hin?«, fragte sie.
    »Vielleicht«, antwortete Joakim. »Aber es wird eine Weile dauern.«
    Er nahm sich vor, nicht mehr über Mirja Rambe nachzu denken.

19
    M eine Tochter hat gestern Abend angerufen«, erzählte die eine der beiden älteren Frauen, die neben Tilda auf dem Sofa saßen.
    »Was wollte sie denn?«, fragte die Nachbarin.
    »Sie wollte sich aussprechen.«
    »Sich aussprechen?«
    »Ja, aussprechen«, wiederholte die Erste. »Ein für alle Mal. Sie hat sich beklagt, dass ich ihr nie den Rücken gestärkt habe. ›Du hast immer nur an dich und Papa gedacht‹, hat sie mir vor geworfen. ›Und wir Kinder sind immer nur an zweiter Stelle gekommen.‹«
    »So was sagt mein Sohn auch«, erwiderte die andere gelassen. »Allerdings genau andersherum. Er ruft jedes Jahr vor Weihnachten an und beschimpft mich. Er sagt, dass ich ihm zu viel Liebe gegeben habe. Ich hätte dadurch seine Kindheit zerstört, behauptet er. So etwas darfst du nicht ernst nehmen, Elsa.«
    Tilda sah auf die Uhr. Der Wetterbericht müsste jetzt eigentlich zu Ende sein; sie stand auf und klopfte an Gerlofs Tür.
    »Herein, bitte.«
    Gerlof saß vor dem Radioapparat, als Tilda hereinkam, um ihn abzuholen. Er hatte den Mantel an, aber es sah so aus, als wollte er nicht aufstehen.
    »Wollen wir los?«, fragte sie und reichte ihm die Hand.
    »Mal sehen«, murmelte er. »Wohin fahren wir noch mal?«
    »Nach Åludden«, erinnerte ihn Tilda.
    »Ach, ja … und was genau wollen wir dort?«
    »Na ja, wir unterhalten uns«, sagte Tilda. »Der neue Eigentümermöchte ein paar Geschichten über den Hof hören. Und ich habe ihm versprochen, dass du welche zu erzählen hast.«
    »Geschichten?« Gerlof stand langsam auf. »Ich soll also jetzt die Rolle des schlauen, alten Mannes spielen, der mit halb geschlossenen Augen im Schaukelstuhl sitzt und über Aberglaube und Spukgeschichten plaudert?«
    »Keine Angst, Gerlof«, beruhigte ihn Tilda. »Betrachte dich als eine Art Seelsorger. Für einen Trauernden.«
    »Ach so? ›An dieser Trauer hatte ich keine Freude‹, sagte der Alte, der am falschen Grab weinte.«
    Und auf den Stock gestützt, fügte Gerlof hinzu:
    »Wir müssen vernünftig mit ihm reden!«
    Tilda hakte sich bei Gerlof an seinem freien Arm unter.
    »Möchtest du den Rollstuhl mitnehmen?«
    »Heute nicht«, sagte Gerlof. »Heute machen meine Beine mit.«
    »Müssen wir irgendjemandem Bescheid sagen, dass wir fahren?«
    Gerlof schnaubte verächtlich.
    »Das geht niemanden etwas an.«
    Es war Mittwoch, in der zweiten Dezemberwoche. Sie waren auf dem Weg nach Åludden, weil sie dort zum Kaffeetrinken eingeladen waren. Endlich würden Gerlof und der Eigentümer des Hofes einander kennenlernen.
    »Wie läuft es denn auf der Polizeistation?«, fragte Gerlof, als sie durch das Zentrum von Marnäs fuhren.
    »Ich habe ja nur einen Kollegen hier in Marnäs«, antwortete Tilda. »Und der ist nicht oft auf dem Revier … er arbeitet meistens von Borgholm aus.«
    »Warum das

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