Nebeltod auf Norderney
betraf weniger das Mobiliar als den Zuschnitt der Räume. Sie ging bei der Beurteilung ihrer Situation davon aus, dass Albert, während er in Düsseldorf seinen Zivildienst ableistete, die Wochenenden bei ihr in Aachen verbringen würde. Sie hatte fest umrissene und realistische Vorstellungen von ihrem Medizinstudium und suchte deshalb nach einer größeren Wohnung, die ihr Platz für ein ruhiges Arbeitszimmer bot.
Unter den Adressen des ASTAS fanden sie nichts Passendes. Auch das Studium des Wohnungsmarktes in den »Aachener Nachrichten« brachte keinen Erfolg. Doch am vierten Tag ihrer Bemühungen kam ihnen der Zufall zur Hilfe.
Gegen 16 Uhr setzten sie sich müde vom vielen Laufen am Katschhof an einen Tisch des Rathauscafés. Die Sonne schien vom wolkenlosen Himmel. Albert schob den Sonnenschirm in Position und sah dabei eine Ledergeldbörse auf dem Boden. Er hob sie aufund studierte den Inhalt. Sie enthielt 90 Euro, aber keinen Hinweis auf den Eigentümer. Albert gab die Geldbörse auf Drängen seiner Freundin der Bedienung, als sie die Bestellung aufnahm. Sie tranken Kaffee und aßen dazu ein Reistörtchen. Sie unterhielten sich über die letzte Wohnung, die sie besichtigt hatten.
Eine junge Frau setzte sich an ihren Tisch. Sie lächelte, nahm den Bon vom Unterteller in die Hand und rief die Bedienung.
»Sie gestatten. Sie fanden meine Geldbörse. Ich möchte mich revanchieren«, sagte sie. Sie sah nett aus.
»Lassen Sie nur«, sagte Albert, »das ist nicht der Rede wert.«
»Bitte, trinken Sie einen Kaffee auf meine Kosten. Ich bin fertig mit dem Studium«, sagte sie.
»Darf ich fragen was?«, sagte Carmen.
»Zahnmedizin«, antwortete sie.
Die Bedienung trat an den Tisch.
»Ich zahle. Doch bringen sie noch drei Tassen Kaffee«, sagte sie zu der Kellnerin.
»Ich beginne gerade mein Studium. Medizin. Mein Freund macht seinen Ersatzdienst«, sagte Carmen.
»Aachen gefällt uns gut. Wir kommen von Düsseldorf«, warf Albert ein.
»Ich bin aus Krefeld«, sagte sie.
Die Serviererin brachte den Kaffee. Die Studentin bezahlte.
»Vielleicht komme ich nach Aachen zurück. Ich habe schön gewohnt. Am Lousberg mit einem schönen Blick«, sagte sie, gab Zucker und Milch in den Kaffee.
Albert Spatfeld holte die Zigarettenpackung aus seiner Lederjacke. Er hielt sie der Studentin entgegen.
»Bitte«, sagte er.
Sie nahm eine Zigarette. Auch Carmen bediente sich. Er reichte den Damen Feuer und steckte sich selbst eine an.
»Was machen Sie mit Ihrer Wohnung, wenn Sie ausziehen?«, fragte Albert.
»Die kann Ihre Freundin übernehmen. Der Hausverwalter ist in jeder Weise großzügig. Ich habe die Wohnung nach Fertigstellungbezogen und fünf Jahre bewohnt. Sie ist überdurchschnittlich gut eingerichtet und bietet auch Platz, wenn man Besuch hat. Sie besteht aus einem Schlafzimmer, einem großen Wohnzimmer, einer Loggia, einem Gästezimmer, einer Küche und einem Badezimmer. Alles in allem hat sie 64 Quadratmeter. Die Warmmiete beträgt 310 Euro«, berichtete die Studentin.
»Befindet sich die Wohnung im Parterre?«, fragte Carmen neugierig.
»Sie liegt in der dritten Etage«, antwortete die Studentin. »Wie gesagt mit herrlichem Weitblick. Der Eigentümer ist Aachener und wohnt in Südafrika. Der Komplex besteht aus drei Mehrfamilienhäusern. Die Mieter sind fast nur Studenten.«
»Das klingt verlockend. Aber wieso rennt man Ihnen die Bude nicht ein?«, fragte Albert und grinste.
»Weil ich noch nicht gekündigt habe. Erst heute habe ich mich entschlossen, mein Praktikum in Krefeld zu machen, da mein Freund bei Siemens in Kamp-Lintfort als Diplomingenieur eine Anstellung gefunden hat«, sagte sie und nippte an der Tasse.
Carmen warf Albert einen Blick zu.
»Und Sie zeigen uns die Wohnung und gehen mit uns zu diesem Hausverwalter?«, fragte sie.
»Das würde mich sehr freuen, wenn Sie meine Wohnungsnachfolgerin werden würden«, sagte sie. »Ich habe beim Kaufhof meinen Wagen geparkt. Trinken wir den Kaffee und fahren gleich los.«
»Und wann wird die Wohnung frei?«, fragte Albert. Er nahm einen Schluck Kaffee zu sich.
»Nächste Woche. Es fallen keine Schönheitsreparaturen an«, sagte die Studentin. Sie trank die Tasse leer.
»So ein Zufall«, sagte Carmen.
Sie verließen das Café, gingen über den Adalbert-Stein-Weg zum Parkplatz. Sie stiegen ein und fuhren über den Hirschgraben in Richtung Kohlscheiderstraße zur Rütscherstraße. Sie führte einen Hügel hoch und endete auf einem Platz.
»Wir
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