Necare (Verlangen) (German Edition)
„Wir werden irgendetwas finden, wo du unterkommen
kannst.“
„Du hast
keine Ahnung, in welche Gefahr du dich begibst.“
„Ich weiß
aber sehr genau, dass sie nicht von dir ausgeht. Ich kenne dich! Du würdest
niemandem etwas antun. Legende hin oder her, jeder hat sein Schicksal selbst in
der Hand, davon bin ich überzeugt. Du bist ein freier Mensch und kannst selbst
entscheiden, wohin dein Weg dich führen wird. Du sollst das Leben wählen
können, das du für dich haben möchtest, ganz gleich, was irgendwer sagt oder
irgendwo geschrieben steht. Du bist du und niemand anderes.“
Er schwieg
eine Weile, nickte dann aber schließlich nachdenklich. „Ich hoffe, dass du
recht behältst.“
„Bleibst du erst
mal hier?“, fragte ich.
„Ja, bis ich
mir über einige Dinge klargeworden bin.“
Mir fiel ein
tonnenschwerer Stein vom Herzen. Er würde also nicht gehen. Ich war wirklich
erleichtert. Wahrscheinlich wäre das ein passender Moment gewesen, um die
Fragen über seine Vergangenheit zu stellen, doch ich konnte nicht. Mir fiel es
weiterhin schwer, mich damit auseinanderzusetzen. Zudem hatte für mich Vorrang,
mir darüber Gedanken zu machen, wie es weitergehen sollte. Wo würde er hingehen
können? Wo wäre er in Sicherheit? Und was würde aus seiner Mutter werden?
Konnte er einfach still zusehen, wie sie von den Radrym verhaftet wurde? Würde
er eingreifen? Ich konnte es nicht einschätzen… Zudem hatte ich das Gefühl,
dass auch er nicht über diesen anderen Teil in sich sprechen wollte. Vielleicht
war es auch besser, wenn er sich damit nicht allzu sehr befasste.
Möglicherweise fiel es ihm dann leichter, ihn zu unterdrücken.
Den
restlichen Tag blieben wir sicherheitshalber in der Wohnung. Wir unterhielten
uns, allerdings ließen wir das Dämonen-Thema aus. Es war erstaunlich, wie
schnell die Zeit in seiner Gegenwart verstrich. Ich hätte sie am liebsten angehalten,
da ich nicht wusste, wie lange wir noch so zusammen sein konnten. Leider wurde
es allzu schnell Abend.
Wir aßen alleine,
da meine Mutter zur Arbeit musste. Danach setzten wir uns ins Wohnzimmer und
sahen einen Film an. Zunächst schwiegen wir und sahen auf den Bildschirm, doch
irgendwann fragte Night: „Wie geht es Sky und Saphir?“
„Sie sind
ziemlich durcheinander“, erwiderte ich nach einigem Zögern. „Aber sie halten
ebenfalls weiter zu dir. Sky hat mir das selbst gesagt.“ Es wäre wohl besser,
wenn ich seine Verzweiflung, seine Tränen und die Hoffnung, dass Night bald
zurückkäme, ausließ.
„Ich hoffe,
dass er mir eines Tages verzeihen kann.“
„Er steht zu dir,
ganz genau wie Saphir und ich. Daran wird sich nie etwas ändern.“
Er betrachtete
mich und lächelte. „Danke. Es ist nett, dass du das sagst.“
Ich sah in
seinem Blick, dass es ihm tatsächlich viel bedeutete. Ich konnte verstehen,
warum. Er hatte mit Sicherheit angenommen, dass sich alle von ihm abwenden
würden, wenn sein Geheimnis erst herauskam.
„Ich bin dir
und auch deiner Mutter wirklich dankbar. Auch, dass ihr mich nicht an Ventus
verraten habt.“
„Mein Vater
schätzt dich völlig falsch ein. Er glaubt nur dieser dämlichen Legende, alles
andere zählt für ihn nicht.“
„Und was,
wenn nicht er es ist, der sich irrt, sondern du?“
Er sah mich
nicht an und die Worte trafen mich.
„Ich irre
mich nicht. Niemand kann dich dazu zwingen, deine Bestimmung zu erfüllen. Du
kannst frei entscheiden, welchen Weg du gehen willst und darum bin ich mir
sicher.“
Er schwieg
und sah nachdenklich drein.
Etwas anderes
lag mir auf der Seele und auch wenn es mir schwerfiel, stellte ich die Frage:
„Wirst du versuchen, deine Mutter zu warnen? Ich meine, sie weiß doch nicht,
dass sie von den Radrym beobachtet wird…“
Er lachte, doch
es klang alles andere als erfreut. „Glaub mir, keinem von uns würde so etwas
entgehen. Sie weiß längst, dass sie da sind. Wenn sie wollte, könnte sie
jederzeit verschwinden.“
Ich war
erstaunt. „Warum bleibt sie dann?“
Er sah mich
an und sein Blick brannte sich in mein Innerstes. „Dafür gibt es mehrere Gründe…“
Er senkte die Augen und fuhr fort. „Wichtig ist aber nur, dass sie jederzeit
entkommen kann. Selbst wenn die Radrym sie gefangen nehmen, ist sie mächtig
genug, zu fliehen.“
Ich verstand
nicht, warum sie dann blieb… Wartete sie auf Night?
„Wirst du zu
ihr gehen?“
„Ich bin bislang
noch zu keiner Entscheidung gekommen, wie es weitergehen soll.“
Ich konnte
nicht ganz
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