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Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz

Titel: Nehmt Herrin diesen Kranz - Schacht, A: Nehmt Herrin diesen Kranz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Kittels.
    Empört kreischte Kilian auf, aber Alyss bemerkte nüchtern: »›Schaden um Schaden, Auge um Auge, Zahn um Zahn; wie er einen Menschen verletzt hat, so soll man ihm auch tun.‹ So heißt es in der Heiligen Schrift, Kilian. Und nun befördere das Tier in den Stall. In der Küche und den Vorratsräumen haben Mäuse nichts zu suchen.«
    Tilo schnappte sich den protestierenden Jungen und zog ihn am Ohr nach draußen.
    »Er wird bald Eselsohren haben, wenn das so weitergeht«, knurrte Hilda. »Ein Teufelsbraten, das, wenn Ihr mich fragt.«
    »Zweifelsohne. Und sichtlich von Reue fern.«
    »Tollkühn und ohne Furcht. Sucht Euch ein Mittel, das ihm Angst einjagt, sonst werdet Ihr ihn nicht gebändigt bekommen. Schläge, Schelte und Drohung, heißt es, fruchten bei solchen Wildlingen nicht.« Gislindis lächelte. »Aber wenn
sie es überleben, werden sie einst kühne Männer, die Tod und Teufel nicht schrecken.«zu
    Warum, fragte sich Alyss, beschwor Gislindis damit das Bild von John of Lynne herauf?
     
    Die folgenden Tage vergingen jedoch ohne größeren Aufruhr, sah man von ein paar zerbrochenen Eiern, einem langen Kratzer von Malefiz an Kilians Hand, einem verschütteten Krug Milch, einer angebissenen Pastete und einer Kröte in Tilos Bett ab. Dann aber versetzte ein Ereignis das gesamte Hauswesen in den Zustand vollkommener Ekstase.
    Alyss kam am Samstagnachmittag mit dem Falken aus dem nun abgeernteten Weingarten, als ein Mann durch die Toreinfahrt in den Hof trat. Groß, breitschultrig, die blonden Haare ungebärdig um das braungebrannte Gesicht fallend, ein großes Bündel über der Schulter stand er da, und seine schwerlidrigen Augen schweiften über das Geviert.
    »Master John!«, rief Tilo aus und stellte das überschwappende Schaff Wasser ab.
    »Master John!«, lachten Hedwigis und Lauryn und scheuchten die Hühner zur Seite.
    »Oh, Master John!«, hauchte Leocadie und ließ den Korb mit Rosenblättern fallen.
    »Aha, Master John!«, knurrte Hilda und schob flugs die Brotlaibe in den Backes.
    Etwas, das fast wie »Master John, Master John!« klang, kläffte Benefiz mit überschlagender Stimme und erreichte den Ankömmling als Erster, sprang an ihm hoch und versuchte, ihm das Gesicht abzuschlecken und dabei gleichzeitig mit dem nicht vorhandenen Schwanz zu wedeln.

    John fing ihn ab, legte das Bündel nieder, schlug Tilo mächtig auf den Rücken, gab Lauryn einen lauten Schmatz auf die Wange, legte Hedwigis und Leocadie die Arme um die Taille und drückte sie an sich und neigte höflich den Kopf vor der Haushälterin, während Malefiz ihm samtpfotig und schnurrend um die Stiefel strich. Vom Dach des Falkenverschlags schmetterte Herold seinen Willkommensruf, und sein Hühnervolk fiel gackernd ein.
    Über all dieses Gelärm hin sah John dann zu Alyss, die einige Schritt entfernt mit Jerkin auf der Faust den turbulenten Empfang beobachtete. Sie bemerkte das eisige Blau amüsiert unter seinen Lidern hervorblitzen und erwiderte stolz seinen Blick. Ja, ja, wie sehr hatte sie sich gegen den Falken gewehrt, hatte gesagt, sie wolle ihn auf den Grillspieß stecken, wollte ihn verkaufen und ihm zum Schluss einfach die Freiheit schenken – und nun hatte er sie erwischt, wie sie sich eigenhändig um den Vogel kümmerte.
    Er kam auf sie zu, beugte das Knie vor ihr und murmelte: »Seid gegrüßt, my Honourable Lady. So verschmähte der Falke die Freiheit und ist zu Euch zurückgekehrt.«
    »Er war nie wirklich frei, Master John.«
    »Wohl wahr, Mistress Alyss.«
    Er erhob sich. Sie brachte den Vogel zu seinem Verschlag. Dann drehte sie sich um.
    »Ich kann Euch kein Gastrecht gewähren, Master John. Mein Gatte ist auf Reisen, man würde mir Übles nachreden.«
    »Ich kam nicht, um Wohnung zu fordern. Master Pauli und Eure Tante, Mistress Mechtild, boten mir Obdach. Dort werde ich das Kontor nutzen und mein Bett finden. Doch wenn es
genehm ist, würde ich gerne Roberts Lager mieten. Ich habe Ware für die Herbstmesse dabei.«zu
    Alyss überlegte kurz. Ihr Vater würde es nicht gern sehen, aber welch Ungemach konnte ihr schon von ein paar Tuchballen drohen? Genau genommen gehörte John of Lynne die Hälfte des Hauses, die er von Robert geerbt hatte. Sie würde es ihrem Vater mitteilen und seine finstere Miene ertragen.
    »Gut, bringt Eure Ware her. Und wenn Ihr möchtet, bleibt zum Abendessen. Das Jungvolk wird es freuen.«
    »Euch nicht?«
    »Auf einen Esser mehr oder weniger kommt es mir nicht an. Aber hütet Euch

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