Neid: Thriller (Opcop-Gruppe) (German Edition)
entgegnete Louise Ahl und öffnete umständlich den Kettenverschluss.
Als sie Tullinge verließen, sagte Chavez: »Durchgeknallt oder durchgeknallt?«
Sara Svenhagen saß auf dem Beifahrersitz und versuchte den USB-Stick mithilfe verschiedener Kabel und Tricks mit ihrem iPad zu verbinden. Zum Glück war ihr Wagen von Europol bestens ausgestattet. »Du stehst kurz davor, deinen Normalitätsbegriff erheblich zu erweitern, Jorge«, antwortete sie. »Nur deine Sprachfähigkeit kommt da noch nicht hinterher.«
»Jetzt aber mal ehrlich«, protestierte Chavez. »Haben wir da gerade ein Video gesehen, in dem eine Tante von der Heilsarmee vier Schlägertypen plattgemacht hat?«
»Auch das ist eine gute Übung, um seine Haltung der Normalität gegenüber zu überprüfen«, erwiderte Svenhagen und befestigte das letzte Kabel.
»Habe ich es richtig gesehen, hunderttausend Klicks auf YouTube?«, fragte Chavez.
»Mindestens«, bestätigte Svenhagen. »Und mittlerweile vermutlich weitaus mehr. Leutnant Ahl ist im Begriff, eine Volksheldin zu werden.«
»Ich weiß, wie sehr du es genießt, mich auf die Folter zu spannen«, sagte Chavez. »Aber jetzt ist es genug. Was ist auf dem USB-Stick drauf?«
»Dokumente von der Heilsarmee«, erklärte Svenhagen und blätterte durch die Dateien. »Wahnsinnig viele Dokumente. Wahrscheinlich haben sie den Stick aus dem Büro genommen.«
»Es muss aber noch etwas anderes darauf sein.«
»Warte. Hier. Eine Audiodatei.«
»Eine Audiodatei von dem Handy, das mit großer Wahrscheinlichkeit einmal dem verstorbenen Professor Sørensen gehört hat. Aber ich kann nicht weiterfahren, während wir uns das anhören.«
Er schwenkte auf den Standstreifen der Schnellstraße und schaltete die Warnblinklichter ein. Die tickten beständig, während Svenhagen die Datei öffneten. Sie lauschten:
»Ja, Sørensen hier?«
»Do you speak English, professor?«
»Of course I do. Wer sind Sie?«
»Das spielt keine Rolle. Sie wissen genau, was ich will.«
»Ich habe nicht die blasseste Ahnung.«
»Sie müssen das nächste Testergebnis vernichten, Herr Professor.«
»Also, ich verstehe wirklich nicht, wovon Sie ...«
»Sie erwarten es in den nächsten Tagen, nicht wahr, Herr Professor? Schon bald wird das Elektrolytproblem für immer gelöst sein. Alle Fragen zur Energiedichte, der Reichweite, den Ladezeiten und dem Umweltfaktor. Sie wissen genau, wovon ich rede.«
»Lassen Sie uns doch vernünftig sein. Was wollen Sie von mir?«
»Dass Sie sich von diesen Ergebnissen distanzieren, Herr Professor. Sobald die Testergebnisse eintreffen, müssen Sie sie verwerfen und einen produktiveren Weg wählen. Verstanden?«
»Ich bin noch nie vom Weg der Wahrheit abgewichen und habe auch für die Zukunft nicht vor, es zu tun.«
»Ich bin mir nicht ganz im Klaren, ob wir dieselbe Sprache sprechen, Herr Professor. Wahrscheinlich ist es besser, kein Blatt vor den Mund zu nehmen. Dann haben alle denselben Ausgangspunkt. Was werden Sie also tun, wenn die nächsten positiven Testergebnisse eintreffen?«
»Jubeln. Den Prozess beenden. Das Ziel erreichen. Hoffentlich.«
»Wenn Sie das tun, Professor, werden Sie mit Sicherheit sterben.«
»Wenn ich es nicht tue, dann werden weitaus wichtigere Dinge sterben.«
Das laute, wütende Hupen auf der Schnellstraße hatte plötzlich keine Bedeutung mehr. Sara Svenhagen und Jorge Chavez sahen sich an. Es stimmte also. Jeder einzelne Verdacht hatte sich erhärtet. Sie atmeten schwer.
»Die Aufnahme wurde am 30. Juni um 03:20 Uhr gemacht«, sagte Svenhagen. »Ein paar Stunden später hat Sørensen die Bank angerufen, um ein sicheres Schließfach für das Handy zu mieten und diesen Drohanruf sicher aufzubewahren. Es dreht sich alles um seine Forschung, um diese Testergebnisse. Wir müssen sofort zu Pasanen und Bis˘evac.«
Chavez sah skeptisch aus.
»Ich weiß nicht so recht«, sagte er.
»Was zum Teufel weißt du nicht?«, schrie ihn Svenhagen unbeherrscht an, was ungewöhnlich für sie war.
»Irgendetwas stimmt an dieser Sache nicht. Ja, es ist ein wichtiges Gespräch. Der Professor wird fünf Stunden später ermordet. Aber das ist noch nicht alles.«
»Wie meinst du das?«
»Das genügt mir noch nicht. Der Professor wirkt sehr rational, extrem anständig und mutig, das lässt sich schon aus den wenigen Sätzen heraushören. Sein Handy zu opfern und es in ein Bankschließfach zu sperren wegen des Anrufs eines Verbrechers, den wir aller Wahrscheinlichkeit nach nicht werden
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