Nein sagen und trotzdem erfolgreich verhandeln: Vom Autor des Harvard-Konzepts (German Edition)
und kommen bei ungünstigen Gelegenheiten wieder an die Oberfläche.
Glücklicherweise gibt es einen dritten Weg, wie wir mit unseren Gefühlen fertig werden können, der viel weniger dramatisch ist, als sie auszuleben, und viel weniger anstrengend, als sie zu unterdrücken. Machen Sie sich Ihre Gefühle bewusst . Dann beherrschen Sie sie, statt sich von ihnen beherrschen zu lassen. Die effektivste Methode im Umgang mit negativen Emotionen besteht darin, ihnen aufmerksam zuzuhören.
An dieser Stelle möchte ich Ihnen das Beispiel einer Freundin schildern, die ihre dreijährige Tochter partout nicht überreden konnte, in den Kindergarten zu gehen. Jeden Morgen, wenn sie mit ihr das Haus verließ, warf sich die Kleine trotzig auf den Boden und machte eine Szene, weil sie zu Hause bleiben wollte. Die Mutter hatte keine Vorstellung, wie sie effektiv Nein sagen konnte. Sie empfand die Situation als äußerst belastend, hatte Angst und Schuldgefühle und war gleichzeitig wütend und frustriert, weshalb sie angesichts der Wutanfälle ihres Kindes zwischen harter Strenge (Angriff) und Nachgiebigkeit (Anpassung) schwankte.
Eines Tages probierte die Mutter eine neue Methode aus. Sie nahm sich Zeit, um ihr Nein vorzubereiten, und sprach mit einer guten Freundin über ihre Empfindungen. Mithilfe ihrer Freundin wurde ihr klar, dass ihre Furcht auf ihr eigenes Bedürfnis nach Liebe und Zugehörigkeit zurückzuführen war. Sie erkannte, dass sie nur deshalb zögerte, ihr Kind in den Kindergarten zu schicken, weil sie als kleines Mädchen selbst das Gefühl gehabt hatte, von ihrer Mutter verlassen zu werden. Selbstverständlich war ihr klar, dass sie ihre Tochter liebte und dass der Kindergarten keine Form des Verlassens darstellte. So konnte sie sich entspannen und ihre Angst überwinden. Am darauffolgenden Tag sagte sie einfach nur Nein zu ihrer widerstrebenden Tochter: »Heute gehst du in den Kindergarten.« Kein Zögern, keine Strenge, nur eine sachliche Ankündigung. Zu ihrer Überraschung gab es weder Widerstand noch eine Szene. Ruhig und bereitwillig ließ das kleine Mädchen sich in den Kindergarten bringen.
Wenn Sie Ihre Emotionen bis zu Ihren eigenen Bedürfnissen zurückverfolgen , stellt sich oft eine subtile Veränderung ein – wie es bei meiner Freundin der Fall war. Sobald Sie die geheime Botschaft Ihrer Empfindungen verstanden haben, ist deren Mission erfüllt und sie verlieren an Intensität: Automatisch werden Sie gelassener, ruhen stärker in sich selbst und können effektiver handeln. Wer seinen Gefühlen aufmerksam zuhört, muss sie nicht ausleben.
Der erste Schritt sollte darin bestehen, Ihre Furcht, Ihre Wut oder Ihre Schuldgefühle zu verbalisieren. Erkennen Sie sie als natürliche Reaktionen auf die Forderungen und das Verhalten Ihres Gegenübers. Lauschen Sie ihnen, wie Sie einem guten Freund zuhören würden. Versuchen Sie, sie in sämtlichen Nuancen zu verstehen.
Beobachten Sie Ihre Emotionen, als wären Sie ein neutraler Augenzeuge. Machen Sie Aussagen wie: »Ich bemerke ein Gefühl des Zorns in mir.« Damit sind Sie weder kalt noch distanziert, Sie untersuchen Ihre Gefühlslage mit eingehendem, einfühlsamem Interesse wie ein guter Freund. Dabei kann es hilfreich sein, sie tatsächlich einem Freund zu schildern oder in einem Tagebuch zu notieren.
Achten Sie dabei auf Ihre Sprache. Sie »sind« nicht Ihre Emotionen, sondern Sie »haben« oder »erleben« sie. Es besteht ein großer Unterschied zwischen »Ich bin wütend« und »Ich habe Wut«. Mit der ersten Aussage identifizieren Sie sich mit Ihrer Empfindung, Sie sind das Gefühl, weshalb es schon fast unvermeidlich ist, dass Sie es auch ausleben. Im Gegensatz dazu erlaubt Ihnen die Formulierung, ein Gefühl zu »haben«, es zwar zu erleben, aber nicht davon beherrscht zu werden. Sie besitzen die Gefühle und nicht umgekehrt .
Fragen Sie sich stets, warum
Wenn Sie auf dem Balkon stehen und es geschafft haben, Ihre Gefühle unter Kontrolle zu bekommen, können Sie Ihre eigentlichen Motive für Ihr Nein erforschen. Eine einfache, aber wirkungsvolle Technik besteht darin, sich ständig die magische Frage nach dem Warum zu stellen.
Enthüllen Sie Ihre Interessen
Nein ist eine Position, eine konkrete Haltung, eine Aussage, dass Sie etwas nicht wollen. Ihre Interessen hingegen setzen sich aus den Wünschen, Bedürfnissen, Hoffnungen und Sorgen zusammen, die Ihrem Nein zugrunde liegen. Wenn Sie Zigaretten am Arbeitsplatz ablehnen, so ist dies Ihre
Weitere Kostenlose Bücher