Nein sagen und trotzdem erfolgreich verhandeln: Vom Autor des Harvard-Konzepts (German Edition)
Bühne passiert, können Sie die Züge der anderen beobachten und die Klugheit ihrer Tricks bewundern, sie aber gleichzeitig durchschauen und ihre eigentlichen Absichten erkennen. Wenn es Ihnen gelingt, ihre Provokation als Spiel zu betrachten, nehmen Sie sie wahrscheinlich nicht so persönlich. Außerdem fallen Sie auch nicht so leicht auf ihre Tricks herein.
Beobachten Sie, wie der andere versucht, Sie zu manipulieren. Beobachten Sie Ihre eigenen Gefühle und Empfindungen. Unter Druck leiden wir oft unter schwitzenden Händen, einer erhöhten Pulsfrequenz und einem flauen Gefühl in der Magengegend. Registrieren Sie Ihre Reaktionen. Dadurch können Sie sich langfristig selbst kontrollieren und beruhigen. Aus der Balkon-Perspektive können Sie sich ins Gedächtnis rufen, dass der Angriff nichts Persönliches ist – es geht um den anderen, nicht um Sie.
Auf dem Balkon kann es hilfreich sein, im Stillen das Spiel »beim Namen zu nennen«. Versehen Sie jede der Taktiken, mit denen Sie konfrontiert werden, mit einem entsprechenden Etikett. Stellen Sie sich folgende Situation vor: Sie haben gerade Nein zu einem Kollegen gesagt, der sein Projekt bislang eher lässig gesehen hat, deshalb in die Bredouille gekommen ist und Sie nun um sofortige Hilfe bittet. Sie selbst haben zahlreiche Überstunden hinter sich, um Ihre eigenen Verpflichtungen zu erfüllen, und haben einfach nicht die Zeit, ihn zu unterstützen.
»Komm schon«, sagt George. »Bitte! Du bist doch das Finanzgenie der Firma. Ohne dich habe ich keine Chance. Nur du kannst mir helfen.«
Wie heißt das Spiel? Schmeichelei.
Wenn Sie Ihr positives Nein wiederholen, beharrt George: »Aber warum denn nicht? So viel Arbeit ist es doch gar nicht. Das schaffst du ganz leicht nebenher.« Wie heißt das Spiel? Verharmlosung. George führt seinen Freund aufs Glatteis.
Trotz Ihres wiederholten Neins werden weitere Taktiken angewandt, die Sie im Stillen jedes Mal wieder beim Namen nennen:
»Ich habe schließlich schon so viel für dich getan. Jetzt könntest du wirklich auch mal was für mich tun.« Spiel? Schuldzuweisung und emotionale Manipulation.
»Aber du hast doch gesagt, ich könnte dich jederzeit um Hilfe bitten.« Spiel? Falschdarstellung.
»Man kann also auf dein Wort nichts geben!« Spiel? Persönlicher Angriff.
»Was passiert wohl, wenn die anderen herausfinden, dass man deinem Wort nicht trauen kann?« Spiel? Drohung.
»Ich dachte, du bist mein Freund. Wir kennen uns doch schon so lange. Wir spielen zusammen Golf. Unsere Kinder sind miteinander befreundet.« Spiel? Schuldgefühle erzeugen.
»Wenn du das nächste Mal etwas von mir brauchst, werde ich an dein jetziges Verhalten denken!« Spiel? Drohung.
»Okay, ich mache dir folgenden Vorschlag. Fang einfach an, mir zu helfen, und sobald es zu viel wird, kannst du sofort aussteigen.« Spiel? Falsche Versprechungen. George führt seinen Gesprächspartner aufs Glatteis.
»Warte nur, bis der Chef das erfährt.« Spiel? Drohung.
Begegnen Sie dem Widerstand des anderen, indem Sie beharrlich jede Taktik beim Namen nennen, wodurch Sie die Wirkung, die sie sonst auf Sie hätte, neutralisieren. Vielleicht durchschauen Sie nicht sämtliche Schachzüge Ihres Opponenten, aber wenn Sie auch nur ein paar beim Namen nennen, so ist das bereits eine große Hilfe. Diese äußerst wirkungsvolle Technik erhöht Ihre emotionale Distanz und Selbstbeherrschung und verhindert ein reaktives Ja oder Nein Ihrerseits.
Kneifen Sie sich in die Handfläche
Von meinem peruanischen Freund Hernán lernte ich einen meiner Lieblingstricks, um auf Kurs zu bleiben, wenn ich provoziert werde. Ich kneife mir einfach in die Handfläche. Dadurch rufe ich mir meine eigentlichen Ziele ins Gedächtnis und kann ruhig bleiben. Ich erinnere mich an ein morgendliches Meeting, das ich mit ein paar wichtigen Medienvertretern in Venezuela hatte, welche das Rückrat der politischen Opposition zu Präsident Chávez bildeten. Sie waren sehr wütend und erregt über Chávez’ Verhalten. Als ich sie darauf hinwies, dass es strategisch günstiger für sie sein könnte, mit dem Präsidenten in Dialog zu treten, wurde ich von allen 15 mit skeptischen, wütenden Fragen bombardiert. Was für ein törichter Vorschlag! »Wie können Sie nur mit einem Kommunisten reden, einem Freund Castros?« Fast drei Stunden lang stand ich unter Beschuss und kniff mir unaufhörlich in die Hand, um ruhig zu bleiben. Das war gar nicht so einfach – bei
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