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Nekropole (German Edition)

Nekropole (German Edition)

Titel: Nekropole (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Hohlbein
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von einem Splittern und Krachen, als er sich auf einen der zierlichen Stühle sinken ließ, der seinem Gewicht nicht gewachsen war und prompt in Stücke brach. »Wir sitzen immer noch in einer Räuberhöhle fest, wissen nicht, was wir tun sollen und vertrauen dem Wort eines Gauners.«
    »Das hier ist der Vatikan«, erinnerte ihn Andrej, ohne zu ihm zurückzublicken. Abu Dun hätte sich nur genötigt gefühlt, noch mehr von der kostbaren Einrichtung zu demolieren. Das würde den Vatikan zwar sicher nicht ruinieren, doch anders als Abu Dun empfand er keinerlei Freude an reiner Zerstörung. All diese Dinge hatten einmal jemandem etwas bedeutet, und talentierte Hände hatten viel Zeit und noch mehr Geschick und Mühe investiert, um sie zu erschaffen. Es kam ihm falsch vor, dass Abu Dun sie zerstörte, nur weil ihm gerade danach war.
    »Das ist mir wohl bewusst, oh weiser Sahib«, erwiderte Abu Dun, in weinerlichem Tonfall den Sklaven mimend, der Angst hatte, für eine unbedachte Äußerung bestraft zu werden. Doch als er weitersprach, klang seine Stimme plötzlich hart, fast schon verächtlich. »Was aber nichts daran ändert, dass all diese Kostbarkeiten und Preziosen gestohlen und erbettelt oder denen abgeschwatzt worden sind, die sich nicht dagegen wehren konnten. So groß ist der Unterschied zwischen Don Fettbacke und dem Herrn dieser gesegneten Räuberhöhle nicht, wenn du mich fragst.«
    Andrej hütete sich, ihn zu fragen, hatte aber Mühe, ein Grinsen zu unterdrücken. Er selbst hätte es sicherlich in etwas weniger drastische Worte gekleidet, aber im Großen und Ganzen stimmte er dem Nubier zu. Prunk, Protz und schamlose Zurschaustellung nutzlosen Reichtums waren ihm seit jeher zuwider gewesen, und dazu kam, dass er den Herrn dieses Palastes kannte. Wenn nicht alles, was Hasan – Clemens – ihm vom ersten Tag an gesagt und gezeigt hatte, vollkommen falsch und gelogen gewesen war, dann passte nichts von alledem hier zu dem eher bescheidenen Mann, den er in der Wüste kennengelernt hatte.
    Bis vor wenigen Tagen hatte er ja noch nicht einmal gewusst, wer der angebliche Alte vom Berge wirklich war!
    »Ich frage mich ja nur«, stichelte Abu Dun unbeirrt weiter, »wie lange wir noch warten müssen, bis sich der neue Freund deines neuen Freundes endgültig entschieden hat, was er mit dem gefangenen Mohren und seinem Freund, dem Ketzerfürsten, anfangen soll. Ob sie uns wohl verbrennen, ans Kreuz schlagen oder in aller Stille aufhängen. Ich meine: Ihr Christen seid ja recht erfinderisch, was so etwas angeht.«
    »Ich bin kein Christ«, seufzte Andrej, wohl wissend, dass aufmerksam gespitzte Ohren alles registrierten, was er sagte, und getreulich an andere Ohren weitertragen würden. »Und Hasan ist nicht mein Freund.« Und er bezweifelte, dass Altieri Hasans Freund war, auch wenn der vermeintliche Alte vom Berge verzweifelt an die Freundschaft des Kardinals appelliert hatte.
    »Also doch ein Ketzerfürst«, sagte Abu Dun. »So etwas habe ich schon seit ein paar hundert Jahren geargwöhnt, weißt du? Du hast es ja nie zugegeben, aber nun hast du dich verraten, und dein finsteres Geheimnis wurde offenbart.«
    Andrej verdrehte in stummer Resignation die Augen und seufzte, drehte sich aber auf der filigranen Couch herum, die anzusteuern er umsichtig genug gewesen war, damit ihm Abu Dun nicht zuvorkam und sie ruinierte, und maß den Nubier mit einem langen strafenden Blick. Es war wohl kaum ein Zufall, dass er wieder ein sehr klares, akzentfreies Italienisch sprach, seit sie hier hereingebracht worden waren.
    »Dieser Ort tut Euch nicht gut, Effendi«, fuhr Abu Dun fort. »Wenn Ihr es Eurem gehorsamen Mohren befehlt, dann wird er diesen Palast aus Marmor und gestohlenem Gold in Schutt und Asche legen.« Er nickte heftig. »Ich glaube, das würde mir großes Vergnügen bereiten. Soll ich diese heiligen Hallen niederreißen oder in Brand stecken?«
    Andrej spürte den Zorn, den diese Worte bei den unsichtbaren Zuhörern entfachten. Obwohl es nur ein winziger Appetithappen war, riss er diesen Zorn und die Dunkelheit, die darunter schwärte, an sich, um seine eigene Kraft zu mehren. Abu Dun zog eine Augenbraue hoch und warf ihm einen alarmierten Blick zu. Dann sagte er dümmlich grinsend: »Ja, ein hübsches kleines Feuer würde mir gefallen, glaube ich.«
    So schlimm, wie Abu Dun tat, war es nicht. Altieri hatte Wort gehalten und sie nicht in Ketten gelegt, und außer ihm selbst und Abu Dun hatten alle ihre Waffen behalten

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