Nelson sucht das Glück
stieg aus. Nelson schnupperte an dem dicken Gras und machte sein Geschäft. Er mochte diese kleinen Städtchen auf dem Lande. Die Rastplätze in den größeren Städten rochen immer nach Rauch und den Industriegebieten, die Nelson damals in seiner Zeit auf der Müllhalde kennengelernt hatte. In den kleinen Städten hingegen gab es noch jede Menge Natur, und wenn ihm all die herrlichen Düfte in die Nase stiegen, besserte sich seine Laune gleich merklich.
Zurück im LKW, zerbröselte Thatcher ein paar Kartoffelchips und gab sie Nelson als kleinen Snack. Dann ging er, ohne sich groß zu verabschieden, und ließ das Fenster einen Spaltbreit offen.
Die Nacht brach herein, und Nelson lag still da. Manchmal döste er ein, doch er blieb immer wachsam und hütete den Lastwagen, während er auf Thatcher wartete, bis dieser vom Abendessen, oder wo er sonst gewesen war, zurückkam. Das hatte Nelson schon oft erlebt. Im Führerhaus fühlte er sich sicher, und auch wenn er Thatchers Rückkehr kaum erwarten konnte, dachte er, alles sei in bester Ordnung.
Später in dieser Nacht hörte er in der Nähe ein paar Betrunkene grölen und war auf einen Schlag hellwach. Der junge Hund hatte keinen Zeitbegriff und wusste folglich auch nicht, dass es bereits drei Uhr morgens war, lange nach der Zeit, zu der Thatcher gewöhnlich nach Hause kam. Alles, was Nelson verspürte, war ein quälendes Unbehagen. Als die allerersten morgendlichen Sonnenstrahlen ins Führerhaus schienen, wusste Nelson, dass etwas nicht stimmte. So lange hatte Thatcher ihn nie über Nacht allein gelassen.
Als der Morgen zum Tag und es im Führerhaus richtig heiß wurde, begann Nelson laut zu bellen. Eigentlich fand er es schrecklich, doch schließlich pinkelte er notgedrungen auf den Vordersitz, und da war auch wieder der schreckliche Hunger, der ihn damals in Albany, als er sich verlaufen hatte, gepackt hatte. Er wühlte in Thatchers Sachen und förderte schließlich ein Päckchen Salzbrezeln zutage, die ihn erst einmal satt machten. Aber er hatte auch Durst, und in dem Lastwagen wurde es allmählich unangenehm heiß. Schließlich legte sich Nelson in den Schatten unter das Steuer, um Kräfte zu sparen.
Der Tag wurde zur Nacht. Nelson war erleichtert, als es kühler wurde. Er fraß die übrigen Brezeln und machte ein Häufchen auf den Vordersitz, direkt neben der Stelle, auf die er gepinkelt hatte.
Nelson machte sich Sorgen um Thatcher. Er wünschte, er wäre bei ihm. Ohne dass Nelson auf ihn aufpasste, passierten ihm nur schlimme Dinge, das wusste Nelson. Und in der Tat war Thatchers innere Wut in einer kleinen Landkneipe in Montana übergeschwappt. Ein mürrischer Kellner hatte auf Thatchers wiederholte Bitte, bestellen zu können, nicht reagiert, und ein Streit war ausgebrochen. Thatcher war eigentlich ein friedlicher Mensch, der sich nicht leicht provozieren ließ. Doch er hatte bereits vier Bier intus, als er aufstand und den Kellner am Hemd packte, nachdem dieser Thatcher als heruntergekommenen Penner bezeichnet hatte. Der Kellner schlug nach Thatcher, der in Deckung ging und dann mit einem harten Schlag in die Magengrube des Mannes konterte. Der Kellner brach auf dem Boden zusammen. Zwei der Leute aus dem Ort waren mit dem Kellner befreundet und stürzten sich ins Getümmel.
Thatcher war ein starker Mann, doch es war schwer, es gleich mit drei Angreifern aufzunehmen. Sie boxten und traten nach ihm und hörten auch nicht damit auf, als er am Boden lag.
In einer kleinen Kneipe auf dem Lande konnte niemand wissen, wer eine Waffe trug und wer nicht. Thatcher hatte nie eine dabei. Sein Vater hatte Waffen geliebt, damals war Thatcher noch ein kleiner Junge gewesen, und ein oder zwei Mal hatte er erlebt, dass sein Vater seine Mutter mit einer Pistole bedrohte. Und so hatte er sich schon als Heranwachsender geschworen, niemals eine Waffe mit sich herumzutragen. Doch als Thatcher nun zu den Männern hochschaute, die auf ihn einprügelten, und ihm das Blut übers Gesicht floss, sah er auf einmal Stahl aufblitzen, als einer der Männer in seine Jeans griff, und Thatcher richtete sich abrupt auf. Als die beiden Männer zusammentrafen, löste sich ein Schuss, und die Kugel bohrte sich in Thatchers Schienbein. Jetzt endlich griffen die anderen Gäste der Kneipe, die den Kampf grölend bejubelt hatten, ein und trennten die Streithähne.
Als Thatcher später mit grün und blau geschlagenem Gesicht und heftig schmerzendem Bein im Krankenhaus lag, bat er den Polizisten,
Weitere Kostenlose Bücher