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Nemti

Nemti

Titel: Nemti Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Wloch
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verhört.«
    »Von Habermehl und Uwe, ich war nicht dabei.«
    Der Traktor hatte die Bahngleise überquert und im Kiesbett am rechten Straßenrand angehalten. Der hinter dem Lenkrad hockende Mann blickte starr geradeaus. Der Motor stotterte vor sich hin und verströmte den charakteristischen Mief nach nicht vollständig verbranntem Dieselkraftstoff. Beyer gab ihm durch ein Handzeichen zu verstehen, dass er die Maschine abstellen sollte. Der Traktor schüttelte sich und der Motor erstarb mit einem rülpsenden Geräusch.
    »Guten Tag, Herr …«, sprach er den Mann in scharfem Ton an.
    Lukas versuchte, sich ein Bild von Kräuter-Jupp zu machen. Dieser hatte bestimmt schon bessere Tage gesehen, war von hagerer Statur und befand sich jenseits der Fünfzig. Das Lenkrad des Traktors, auf dem seine Unterarme lagen, schien ihm einen gewissen Halt zu geben.
    »Tach«, antwortete er knapp, ohne den Kommissar anzublicken.
    Beyer bohrte nach. »Herr …?«
    »Wer will das wissen?«
    Er zog den Dienstausweis aus der Tasche und hielt ihn ihm unter die Nase. »Robert Beyer, Kriminalinspektion Mayen. Das ist mein Kollege Lukas Dux.«
    »Su en Triss. Die Obrigkeit im Doppelpack«, sagte der Mann.
    »Und wer sind Sie?«
    »Auf jeden Fall kein Herr. Jupp reicht. Bin ich zu schnell gefahren? Passiert mir immer wieder.« Er lächelte und zuckte mit den Achseln.
    »Fragen Sie das allen Ernstes, oder wollen Sie mich verarschen?«
    »Nee, ich scherze.« Jupp griff sich an die Stirn und schüttelte energisch den Kopf. »Mit einem nicht frisierten Lanz Bulldog, Baujahr 1957, und vierzig PS. Der hat zwar einen Schnellgang, aber was erwartest du da an Höchstgeschwindigkeit? Und dann noch mit voll beladenem Hänger am Berg.« Er breitete vielsagend die Arme aus.
    »Ich kann mich nicht erinnern, dass wir per Du sind«, antwortete Beyer.
    »Und? Willst du mich verhaften?«
    Lukas bemerkte, dass sich Beyers Nasenflügel blähten und er die Lippen zusammenpresste. Bevor das Gespräch ausuferte, musste er eingreifen. Er umrundete den Kommissar, der neben dem nach oben gerichteten Auspuffrohr stand.
    »Rot ist aber nicht die Originalfarbe«, sprach er Jupp an.
    »Sieh an, der junge Mann kennt sich aus. Ursprünglich war der Trecker blau. Aber Rot ist auffälliger. Da können mich die Kunden schon von Weitem sehen.«
    »Du hast Geschäftssinn.«
    »Von nichts kommt nichts.«
    Auf der gegenüberliegenden Seite der Straße hatte sich hinter einem Steckzaun eine Schafherde versammelt. Aufmerksam beäugten die Tiere die Szene am Trecker. Mit verhaltenem Blöken kommentierten sie gelegentlich die angeregte Unterhaltung der Männer.
    »Du bist Kräuter-Jupp, nicht wahr?«, fragte Lukas.
    »So sagen die Leute. Was wollt ihr von mir? Habe ich mich verkehrswidrig verhalten?«
    »Quatsch. Ich möchte mit dir reden.«
    »Worüber?«
    Beyer hatte sich wieder unter Kontrolle. Sein Blick wanderte über den Oldtimer zu Lukas. »Ich muss bei eurem Plausch nicht dabei sein, oder? Sie finden mich am Wagen.« Ohne eine Antwort abzuwarten, schlenderte er in Richtung Bahnhof davon.
    Kräuter-Jupps Unterarme ruhten inzwischen entspannt auf dem Lenkrad. Er hatte seine Gelassenheit wiedergefunden. Zum ersten Mal während des Gesprächs drehte er den Kopf. Er musterte Lukas von oben bis unten. »Komm rauf«, meinte er fast väterlich.
    Lukas erklomm den Führerstand und setzte sich auf den harten Notsitz, der auf dem Schutzblech des linken Hinterrades angebracht war. Die einzige Schwierigkeit stellten seine langen Beine dar, die er nirgendwo unterzubringen wusste.
    Kräuter-Jupp beobachtete seine Bemühungen eine Weile. »Sitzt du bequem?« Seine Augen blitzten schelmisch.
    »Ja, danke. Und du?«
    »Wenn du mir nicht deine knochigen Knie in die Seite bohren würdest, könnte ich kommod sitzen.«
    »Entschuldige.«
    Vom Charakter her schien Kräuter-Jupp ein typischer Eifler Bauer zu sein, geradlinig, kantig und eigenbrötlerisch. Markante Züge prägten sein von Wind und Wetter gegerbtes, braun gebranntes Gesicht. Die Augen blickten pfiffig. Ein gewinnendes Lächeln umspielte seinen Mund.
    »Also, was willst du von mir?«
    »Es geht um den Mord am Laacher Kopf vor drei Wochen.«
    »Wegen der ollen Kamelle kommt ihr extra rausgefahren? Ich habe deinen Kollegen doch alles gesagt.«
    »Mag sein. Gibt es nicht irgendetwas, was du nicht erzählt hast? Vielleicht ist dir ja nachträglich noch etwas eingefallen.«
    »Wenn ich ehrlich bin, habe ich nicht mehr darüber nachgedacht.

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