Nemti
Auftrag, in einem Pumpenhaus Kontrollen durchzuführen. Da er sich seit drei Stunden nicht mehr gemeldet hat und nicht ans Handy ging, fuhr ein Kollege nachschauen. Er fand das leere Auto vor dem Pumpenhaus. Das Handy lag im Wagen, davor im Gras fanden sich Blutspuren.« Habermehl tupfte Schweißperlen von der Stirn und krempelte die Hemdsärmel auf.
»Dann sollte jemand hinfahren.«
»Unbedingt. Sie und ich.« Habermehl erhob sich und griff nach seiner Jacke, die an einem Kleiderständer hing. Wieder schellte das Telefon. Ärgerlich warf er die Jacke über die Rückenlehne und setzte sich so schnell auf seinen Bürostuhl, dass er ihm ein Ächzen entlockte.
»Was ist? Sie haben ihn gefunden? … Verdammt. Wir kommen.« Er legte den Hörer auf die Gabel und ergänzte wortlos die Notizen auf dem Schreibblock.
»Gibt’s was Neues?«
»Der Vermisste ist tot. Sein Kollege hat ihn gefunden. Nun kommen Sie schon.«
Habermehl riss das Blatt aus dem Block und fegte aus dem Büro.
Lukas war überrascht, wie schnell und gewandt sich der dickliche Mann bewegte. Mit weit ausholenden Schritten erreichte er ihn.
Habermehl stürmte in das Büro von Weinbrecht und Beyer. »Es gibt Arbeit. Rufen Sie die komplette Mannschaft zusammen. Hier steht alles Nötige drauf. Los jetzt.« Er legte das Blatt vor Weinbrecht auf den Schreibtisch. »Ich fahre mit Herrn Dux voraus.«
Lukas trat hinter Habermehl in das Büro und wollte etwas sagen, doch dieser war schon wieder auf dem Rückweg zur Tür. Dort wäre er fast mit ihm zusammengestoßen. Er konnte gerade noch zur Seite springen.
»Aus dem Weg«, fuhr Habermehl ihn an und rauschte in den Flur. »Kommen Sie endlich. Sie fahren.«
Lukas hetzte hinter ihm her.
Wenige Minuten später brausten sie in einem Dienstwagen vom Parkplatz. Habermehl befestigte die Blaulicht-Blitzleuchte am Dach des Wagens und schaltete das Radio ein.
»Wohin, Herr Habermehl?«
»Nach Wassenach. Geben Sie Gas.«
»Mach ich, aber solange wir durch die Stadt fahren, muss ich mich an die innerörtliche Geschwindigkeitsbegrenzung halten.«
»Bringen Sie mich nicht zur Verzweiflung. Wir sind im Einsatz.«
Mayen lag hinter ihnen. Ein fröhlicher Moderator vom Rheinland-Pfalz Radio spielte Oldies und aktuelle Hits. Bon Jovi sang It´s my Life und Lukas trommelte mit den Daumen den Takt dazu auf das Lenkrad. Auf der gut ausgebauten B 262 trat er auf das Gaspedal. Allerdings kamen sie nicht so zügig voran, wie sie sich das gewünscht hätten. Es herrschte ein ungewöhnlich dichter Verkehr. Schwer beladene Lastwagen, die die Abkürzung über die Bundesstraße nutzten, um von der A 48 zur A 61 zu gelangen, und ein Traktor mit einer Ladung Heu verhinderten ein zügiges Vorwärtskommen.
»Wo müssen wir genau hin?«, fragte Lukas, als er den Wagen über die Landstraße lenkte, die westlich am Laacher See vorbeiführte.
»Die Umgehung von Wassenach in Richtung Brohltal. Hinter dem Ort soll rechts von der Straße ein Pumpenhaus stehen. Ein Streifenwagen ist vor Ort.«
»Ein Pumpenhaus? Ich weiß, wo das ist.«
»Dann geben Sie Stoff.«
RPR sendete Werbung. Habermehl regelte die Lautstärke runter. Danach folgten Nachrichten, die sie zunächst nicht zur Kenntnis nahmen. Doch dann erregte eine Meldung ihre Aufmerksamkeit. In New York war etwas Unfassbares geschehen. Kurz hintereinander waren zwei Passagiermaschinen in die Zwillingstürme des World Trade Centers geflogen. Der zweite Turm brach gerade zusammen.
»Was ist das denn für eine Scheiße?« Habermehl stellte lauter, allerdings zu spät. Ein wichtiger Verkehrshinweis lief über den Sender.
»Haben Sie das gehört?«, fragte er bestürzt.
»Ja. Das kann doch kein normales Unglück gewesen sein.«
Sie passierten die letzten Häuser, die zu Wassenach gehörten. An der Straße winkte ihnen ein Polizeibeamter zu. Lukas kannte die Stelle, allerdings war sie ihm bisher in guter Erinnerung gewesen und stand nicht in Verbindung mit einem Tötungsdelikt.
Sie stiegen aus und begrüßten den Beamten.
»Wo müssen wir hin?«
»Hinter das Gebäude, Herr Hauptkommissar.« Der Polizist zeigte in Richtung des Pumpenhauses, das hundert Meter entfernt am Waldrand stand.
Vor dem niedrigen Gebäude parkte der dunkelblaue Geländewagen des Opfers mit runden Logo-Aufklebern und einer orangefarbenen Rundumleuchte, daneben ein zweiter Pkw. Die Tür auf der Fahrerseite des Geländewagens stand weit offen. Der Bereich um die Autos und das Gebäude war mit Flatterband
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