Neobooks - Dreck muss weg!
das nicht mit ihrem Hausarzt besprochen?«
»Das habe ich, aber der war dagegen. Arrogant geguckt hat er und gesagt, das käme juristisch einer Fixierung gleich.« Frau Lorei atmete aus. »Dabei hätte ich sie niemals angebunden. Nur ein bisschen Ruhe wollte ich.«
Marga griff nach ihrem Handy, orderte einen Streifenwagen und rief nach Absprache mit Joki den Amtsarzt an.
Frau Lorei stand verloren in ihrer Küche. »Und jetzt?«
Fast tat sie Marga leid. »Nach dem augenblicklichen Ermittlungsstand besteht gegen Sie ein dringender Tatverdacht. Ich muss Sie vorläufig festnehmen.«
»Was? Aber das geht nicht. Ich kann hier nicht weg. Die Frauen sind auf mich angewiesen.« Ihre Stimme wurde schrill.
Marga schüttelte den Kopf. »Tut mir leid. Unter den gegebenen Umständen kann ich es nicht verantworten, die Pflegebedürftigen in Ihrer Obhut zu lassen.«
Binnen Minuten verwandelte sich das Haus in einen Taubenschlag. Beamte in Uniform führten Frau Lorei ab. Der Amtsarzt war mit zwei Notfallmedizinern angerückt und bescheinigte den Bewohnerinnen die Transportfähigkeit. Die Frauen wurden ins Emder Klinikum eingewiesen, wo eine gründliche Untersuchung stattfinden sollte. Später würde man weitersehen. Mehr konnte Marga hier nicht tun. Frau Lorei wurde abgeführt, und auch Marga machte sich auf den Weg nach Aurich zu Joki.
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Kapitel 14
Hamburg-Neustadt, Wincklerstraße
V ierter Stock im Altbau ohne Fahrstuhl war eine Zumutung. Auf den letzten Stufen wurden die Beine schwer wie Blei – ein schöner Vorgeschmack auf die Qualen im Alter. Kalle war komplett durchgeschwitzt, stank wie ein oller Iltis. Die Nächte im Polizeipräsidium bei grellem Energiesparlampenlicht waren wie blutsaugende Parasiten – Gift für das Immunsystem. Erst mal duschen und Klamotten wechseln! Kalle bückte sich und holte den Wohnungsschlüssel unter der Fußmatte hervor. Das Versteck war so fahrlässig, wie es bombensicher war. In zehn Jahren, in denen er mit Eliza und seiner Mutter nun schon im Schatten des Michels in der Hamburger Neustadt wohnte, hatten sie noch nie unerwünschten Besuch bekommen. Für Eliza war die Sache klar. Diebe seien doch nicht so blöd, bei Polizisten einzubrechen. Möge seiner kleinen Krabbe das Vertrauen in ihren Vater noch lange erhalten bleiben. Beim Gedanken an Eliza wummerte sein Herz Salven wie bei einer Schiffstaufe. Ohne die Krabbe wäre sein Leben so atemberaubend wie Treppensteigen. Kalle schloss auf und öffnete vorsichtig den rechten Flügel der alten Tür mit den grünen Glasintarsien. Die Scharniere quietschten leise. Er legte den Schlüssel zurück an seinen Platz und gab der Tür einen sanften Tritt. Sein Blick wanderte über die Garderobe. Emmas bunter Wollmantel hing schief auf dem Bügel neben Elizas schwarzer Plastikpelzjacke, die wie ein verfilztes Karnickelfell über den Haken geworfen war. Zwei Sportjacken, ein Regencape, eine Kapuzenweste und ein Rucksack rundeten das Chaos ab. Kalle stülpte seine Lederjacke über die Weste und stellte seine Umhängetasche ab, die so schwer war, als transportiere er Steine. Müsste dringend entrümpelt werden. In einer guten Stunde hatte er einen Termin bei Guntbert. Angeblich sei die freie Stelle im Dezernat für Todesermittlungen bei der Mordkommission mit einer Frau besetzt worden. Und Guntbert wolle Kalle heute Nachmittag vor vollendete Tatsachen stellen. Das Gerücht geisterte seit Tagen über die Flure im Landeskriminalamt.
»Das Leben ist die beste Schule, mein Kind.« Emmas Stimme drang durch die Ritzen der geschlossenen Küchentür.
»Oma, der Spruch hat so ’n langen Bart. Von wem hast du diesmal geklaut?«
Nur mit Mühe verkniff sich Kalle, laut zu lachen. Eliza war rotzfrech geworden, seit sie auf das Gymnasium ging.
»Maxim Gorki.«
Kalles Blase drückte. Er öffnete den Hosenschlitz, während er die fein säuberlich zu einer Pyramide aufgestapelten Klopapierrollen auf dem Spülkasten der Toilette zählte. Fehlten noch die gehäkelten Hüte. In diesem Haushalt gab es klare Regeln. Das rotumrandete Schild mit der Aufschrift:
Wer im Stehen pisst, fliegt raus!,
mahnte ihn, sich an seine gute Erziehung zu erinnern. Frauen übernahmen überall das Ruder. Kalle sah es als eine Art Notwehrmaßnahme an, sich nicht auch noch vorschreiben zu lassen, wie er zu pinkeln hatte. Er zog sich aus, schmiss die Klamotten in die Schmutzwäsche und stellte sich unter die Dusche, genoss das warme Wasser, Seife und Shampoo, und alles war wieder
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