Neobooks - Hinter verborgenen Pfaden: Der geheime Schlüssel I (German Edition)
Pfeife an. Er wirkte zufrieden, wie ein Fuchs, der seine Beute in die Höhle geschleppt hatte und nun zusah, wie seine Jungen sie zerfleischten. Er musterte Philip von Kopf bis Fuß, dabei umspielte ein eiskaltes Lächeln seinen schmalen Mund. Philip spürte Verzweiflung und abgrundtiefen Hass in sich aufflammen.
»Wo ist Elomer?«, zischte er angriffslustig. Seine Schultern wurden noch straffer gezogen, und er unterdrückte mühsam ein Stöhnen. An der Miene seines Gegenübers änderte sich jedoch nichts. Genüsslich blies er den Rauch in die Luft, dann richtete er sich auf und stützte seine Ellbogen auf den Schreibtisch.
»Hier stelle ich die Fragen«, sagte er kalt. Er bleckte die Zähne, was wohl ein Lächeln sein sollte. »Ich werde dir trotzdem antworten.« Wieder dieses Lächeln. »Elomer hat euch alle verraten. Wir werden euch kriegen, einen nach dem anderen, und ihr werdet uns alles erzählen, was ihr wisst.«
Philips Herz klopfte bis zum Hals. Elomer war also tot, und ihm würde es nicht besser ergehen. Zornig schob er sein Kinn vor. Von ihm würde dieses Scheusal nichts erfahren, schwor er sich. Gleichzeitig spürte er eine Art Bedauern in sich aufkeimen. War er vor der Heiligen Pforte gestanden und wieder zurückgekehrt, nur um ein paar Tage später wieder unter Schmerzen dorthin zu gelangen?
»Ich weiß nichts«, sagte er. »Ich bin nur ein Bote.«
»Netter Versuch«, erwiderte der Mann kalt. »Ich weiß, wer du bist, und ich weiß, wer dein Gefährte im Wald war.«
Philip gefror das Blut in den Adern. War das möglich?
»Was habt ihr im Wald gemacht?«, zischte der Weißhaarige.
»Wir waren auf dem Weg nach Waldoria. Zu meiner Einberufung«, antwortete Philip prompt.
»Und womit wolltest du kämpfen? Mit dieser Steinschleuder etwa?« Er hob die Schleuder vom Tisch und warf sie Philip vor die Füße. Es war die Schleuder, die ihm Jacob mitgegeben hatte. Philips Herz lag wie ein schwerer Stein in seiner Brust.
»Nein«, sagte er und war selbst überrascht, wie sicher seine Stimme klang. »Wir hatten einen Bogen und einen Dolch, habt Ihr die nicht auch?«
Der Mann hob eine Augenbraue hoch, während er an seiner Pfeife zog.
»Ich weiß, dass dein Gefährte ein Lehrer aus Waldoria war«, zischte er und machte eine blitzschnelle Handbewegung. Philip spürte einen schmerzhaften Schlag auf die Stirn über dem Auge. Gleich darauf floss etwas über seine Wange. Er vermutete, dass es Blut war. Erst als es blau auf seine Schuhe tropfte, wusste er, dass ihn das Tintenfass getroffen hatte.
»Lüg mich nicht an«, fauchte der Mann. »Ich weiß, dass ihr Elben gesucht habt.« Philip war froh, dass sein Blick immer noch auf den Boden gerichtet war. Selbst so spürte er, wie sich seine Muskeln vor Schreck anspannten. Geistesgegenwärtig riss er sich zusammen und versuchte, so unschuldig wie möglich, den anderen anzusehen.
»Der König sucht sie doch auch.«
Hochwürden verdrehte die Augen und ließ sich in seinen Sessel sinken.
»Zeig ihm das Werkzeug«, zischte er. Der Mann, der Philip bisher mit eisernem Griff gehalten hatte, ließ ihn ohne Vorwarnung los. Philip strauchelte und fiel zu Boden. Plötzlich war er auf gleicher Höhe wie der, der vorhin gestöhnt hatte. Dessen Finger waren blutig und seine Augen blickten trüb. Philip wurde wieder gepackt und auf die Beine gestellt, weil er aber immer noch zu dem Mann auf dem Boden sah, griff eine Hand in seine Haare und lenkte so seinen Blick auf die blutverschmierten Zangen. Philip spürte ein unangenehmes Prickeln im Nacken und im Bauch. Er hörte den schweren Atem des großen Mannes, der hinter ihm stand, und glaubte die Ausdünstungen eines Raubtiers an ihm wahrzunehmen.
»Ich will wissen, was du im Wald gemacht hast«, zischte der Weißhaarige. »Ich will wissen, wer du bist. Ich will wissen, was du über Elben weißt und was dein Lehrer über Elben wusste. Ich will wissen, warum du geflohen bist und wer dir geholfen hat. Ich will alles wissen.«
Philip hatte Angst, er fürchtete die Schmerzen, die ihm zugefügt werden würden, und er fürchtete, dass er möglicherweise doch etwas verraten würde, was diese Männer besser nicht wissen sollten. Sein Herz raste. Angst ist ein schlechter Ratgeber, hatte Leron’das gesagt, aber etwas anderes konnte er nicht spüren. Sein letzter leiser Hoffnungsschimmer war, noch etwas Zeit zu schinden oder einen schnellen Tod herauszufordern. Mit dem Mut der Verzweiflung fragte er: »Wenn ich Euch alles erzähle,
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