Neobooks - Hinter verborgenen Pfaden: Der geheime Schlüssel I (German Edition)
ihren Verstecken jagen«, sagte er in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
Das überhebliche Lächeln aus den Mundwinkeln des Zauberers verschwand.
»Sehr wohl«, antwortete er mit fester Stimme. »Ich werde alles vorbereiten, was nötig ist. In ein bis zwei Tagen können wir aufbrechen.«
Leonidas lachte kurz und hart. »In einer Stunde reiten wir. Mehr Zeit hast du nicht.«
Das Gesicht des Zauberers erstarrte zu einer wächsernen Maske, und er schnappte nach Luft.
»Das ist gefährlich, Majestät. Die Elben sind stark, und wir wissen nicht, wie viele es sind«, gab er zu bedenken.
Leonidas grinste selbstgefällig. Er hatte Dosdravan von seinem hohen Ross geholt. Ein berauschendes Gefühl des Triumphes breitete sich in ihm aus.
»Fünfzig kampferprobte Männer begleiten uns. Ich erwarte Euch in einer Stunde am Tor.« Mit einer gekünstelten Handbewegung deutete er auf die Tür und drehte gleichzeitig dem Zauberer den Rücken zu. Der Page, der die Unterredung mit angehört hatte, atmete erleichtert auf.
»Du hast es gehört. Fünfzig Mann in einer Stunde am Tor. Steht auch nur einer weniger da, bist du deinen Kopf los.« Der Page verbeugte sich kurz und verließ rasch das Zimmer.
»Bald wird es keine Schatten und keine Geister mehr geben, die mir meine Ruhe rauben. Kein Bauer wird mehr behaupten können, seine Ernte sei verflucht worden. Sie werden mir huldigen und auf Knien danken. Leonidas der Große, Leonidas der Retter …« Er stand vor seinem Spiegel und betrachtete sich von allen Seiten, dabei veränderte er immer wieder selbstzufrieden seine Siegerpose. »Leonidas von Vrage, der Allmächtige.«
Dann brach er vor dem Spiegel zusammen und weinte wie ein kleines Kind.
11. Das Gnommesser
E rst als ihm die Sonne auf die Nase schien, erwachte Philip. Er drehte sich noch einmal um und versuchte, sein Gesicht vor den hellen Strahlen zu verstecken. Theophil lachte. Philip setzte sich auf und sah ihn grimmig und verschlafen an.
»Was gibt es denn da zu lachen?«, erkundigte er sich brummig.
»Der Schlaf der Jugend ist gesegnet. Leider verliert man im Alter die Fähigkeit, immer und überall schlafen zu können.« Der Lehrer stocherte im Feuer und stellte einen Topf in die Glut.
»Seid Ihr schon lange wach? Warum habt Ihr mich nicht geweckt?«, fragte Philip erschrocken.
»Es gibt doch keinen Grund, zu hetzen. Wir haben den ganzen Tag Zeit. Außerdem ist Sonntag, der Tag der Besinnung und der Ruhe«, antwortete Theophil gelassen.
Philip ließ sich zurück auf die Decke sinken. Genau vor acht Tagen hatte sein Vater Jar’jana aus dem Wald mitgebracht. Vor einer Woche!
»Meint Ihr, wir könnten es heute schaffen, das Tor zu öffnen?«
Theophil hob die Schultern und ließ sie langsam wieder sinken. »Wer kann das schon sagen. Wir werden unser Bestes tun, denke ich, aber wir sollten nicht zu ungeduldig sein.«
»Ich bin nicht ungeduldig«, verteidigte sich Philip. »Aber Jar’jana braucht Hilfe.«
»Und ihr Kind auch«, gab Theophil mit einem schmalen Lächeln zu bedenken.
»Ja, auch Lume’tai braucht Hilfe, aber der geht es gut. Meine Mutter passt auf sie auf.« Während Jar’jana, fremd und schön und unheimlich verletzlich, bei ihm jede Art von Beschützerinstinkten weckte und er brennende Angst um ihr Leben spürte, spürte er bei Lume’tai die innere Gewissheit, dass sie gut aufgehoben war. Ihretwegen war er nicht hier im Wald, denn sie war in der Obhut seiner Mutter sicher.
»Lass uns frühstücken! Danach werde ich versuchen, einige Pilze zu finden, und du könntest etwas Brennholz sammeln und unsere Wasserschläuche wieder füllen.«
»Das mach ich«, antwortete Philip und setzte sich etwas näher an das Feuer, das trotz des milden Wetters eine angenehme Wärme verbreitete. Als dann der heiße Tee seine Zunge verbrannte und langsam die Hitze an seinen Körper abgab, musste er aber doch wieder von den Flammen abrücken.
»Lehrer Theophil?«, fragte er. »Was meint Ihr, wie lange wir im Wald bleiben können?«
»Das kommt ganz darauf an«, antwortete der Lehrer. »Theoretisch wäre es möglich, den ganzen Sommer hier zu verbringen. Das werden wir aber bestimmt nicht tun, denn du musst noch vor deinem Geburtstag zum Monastirium Wilhelmus reisen. Man erwartet dich!«
»Aber wir können unmöglich zurückkehren, solange unsere Suche nicht erfolgreich war«, protestierte Philip.
»Momentan besteht überhaupt keine Veranlassung, darüber nachzudenken, was in ein paar Tagen oder einer
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