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Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition)

Titel: Neonregen (Detective Dave Robicheaux) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: James Lee Burke
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Flowers.«
    »O Mann.«
    »Wollen Sie ’nen Anwalt dabeihaben?«
    »Nein, jedenfalls jetzt noch nicht. Trotzdem vielen Dank, Phil.«
    »Is doch klar. Und nicht locker lassen. Wird schon alles in Ordnung kommen. Jeder hat das Recht auf ’ne harte Nacht ab und zu.«
    Ein alter Mann mit einem wilden Bart voller Tabakflecken setzte sich neben mich auf die eiserne Pritsche. Er trug Cowboystiefel aus Plastik, viel zu weite Jeans, die wie Ballons an ihm hingen, und ein Baumwollhemd mit abgeschnittenen Ärmeln.
    »Willst du nix essen?« fragte er mich.
    »Nein. Bedienen Sie sich.«
    »Vielen Dank«, sagte er und begann, die trockenen Eier mit einem Plastiklöffel in seinen Mund zu befördern. »Kriechen dir schon die Spinnen im Kopf rum?«
    »Kann man wohl sagen.«
    »Schau mal in mein Stiefel nach«, sagte er. »Die ham’s nicht gefunden, als sie mich durchsucht ham. Nimm ’nen Schluck. Das treibt die Spinnen sofort in ihr Nest zurück.«
    Ich warf einen Blick auf die Halbliterflasche Whiskey, die in seinem Stiefel steckte. Ich holte tief Luft und fuhr mir mit der Zunge über die aufgesprungenen Lippen. Mein eigener Atem war stärker als der Geruch der Ausnüchterungszelle. Nicht mehrlange, und ich würde anfangen zu schwitzen und zu zittern und womöglich das trockene Würgen zu kriegen. Ich fragte mich, wie ich aussehen würde, wenn sie mich vor Richter Flowers brachten, einen berüchtigten Juristen, der meist vormittags den Vorsitz führte und mit seinem Hammer schon zahlreiche Betrunkene in Angst und Schrecken versetzt hatte.
    »Ich passe lieber,« sagte ich. »Aber trotzdem vielen Dank, Partner.«
    »Wie du willst. Jedenfalls laß dich von denen nicht ins Bockshorn jagen, mein Sohn. Ich hab schon so oft vor Gericht gestanden, daß die sich gar nicht mehr mit mir abgeben. Der Richter gibt mir dreißig Tage und schmeißt mich raus. Aber das is gar nix. Wir ham sie echt an den kurzen Haaren gepackt.«
    Eine halbe Stunde später stand Sergeant Motley neben dem Wärter an der Tür der Ausnüchterungszelle. Er rauchte eine Zigarre und sah schweigend zu, wie der Wärter den Schlüssel umdrehte. Die Revers seines Hemds waren so weit umgebügelt, daß die Haare auf seinem riesigen Brustkasten wie Drähte vorstanden.
    »Kommen Sie mit, Robicheaux«, sagte er.
    »Zoobesucher sind erst heut nachmittag zugelassen«, antwortete ich.
    »Kommen Sie schon«, wiederholte er.
    Ich ging zwischen ihm und dem Wärter bis zum entfernten Ende des Gefängnisflurs. Ein Kalfakter war damit beschäftigt, mit einem feuchten Mop den Fußboden aufzuwischen, und unsere Schuhe hinterließen nasse Spuren auf den Stellen, die er bereits geputzt hatte. Durch die Fenster oben in der Wand des Flurs schien das Sonnenlicht, und ich konnte den Verkehrslärm draußen auf der Straße hören. Der Wärter schloß die Tür einer Einzelzelle auf. Aufgrund seines Gewichts atmete Motley schwer, als habe er ein Emphysem.
    »Ich hab dafür gesorgt, daß Sie in eine Einzelzelle verlegt werden«, sagte er.
    »Und wozu?«
    »Wollen Sie vielleicht von diesen Typen in der Ausnüchterungszelle angemacht werden?«
    Ich ging in die Zelle, und der Wärter schloß hinter mir ab.Motley blieb an der Tür stehen. Sein Kopf, der wie eine Kanonenkugel aussah, war von der Hitze draußen mit lauter Schweißperlen besetzt.
    »Was haben Sie eigentlich vor?« fragte ich ihn.
    »Ich hab auch schon in Ihren Schuhen gesteckt. Ich schätze, die wollen Ihnen mit der Rohrfräse den Darm ausputzen, und Sie können nichts dagegenhalten als Ihre eigenen Eier. Das ist nicht weiter schlimm, aber nach ’ner Weile sind die bloß noch so groß wie Murmeln.«
    »Fällt mir schwer, Ihnen das abzukaufen.«
    »Hat auch niemand von Ihnen verlangt. Wir sind nie besonders gut miteinander ausgekommen, aber ich will Ihnen mal ’ne Geschichte erzählen, Robicheaux. Alle glauben, ich hätte sieben Jungs damals im Fahrstuhl ersticken lassen, um meinen eigenen Arsch zu retten. Stimmt schon, daß ich für die Sache verantwortlich war, aber nicht, weil ich Angst hatte. Ich hatte einfach nicht den Schlüssel für die Handfesseln. Ich hatte den verdammten Schlüssel nicht. Ich bin oben aus dem Schacht geklettert, um jemand mit dem Hauptschlüssel zu holen. Als wir dann die Fahrstuhltüren aufbrachen, sahen die da drin aus wie geräucherte Austern. Ob Sie mir’s glauben oder nicht, aber es ist verdammt schwer, mit so was zu leben.«
    »Warum erzählen Sie niemand von der Sache?«
    »Wissen Sie, warum ich den

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