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Neonträume: Roman (German Edition)

Neonträume: Roman (German Edition)

Titel: Neonträume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Minajew
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eine Weile verschwinden.«
    Dann stehen wir da, sagen nichts, sehen uns nur schweigend an. Irgendwo heult eine Alarmanlage, traurig und monoton.
    » Es ist alles noch viel komplizierter, Alter…« Ich lehne mich wieder an die Wand, hebe das Kinn und schlucke bitter an meinen Tränen. » Das mit dem Tripper war eine Lüge.«
    » Was meinst du damit?«
    » Rita hat gesagt, sie sei HIV -positiv«, flüstere ich kaum hörbar. Es schüttelt mich vor Entsetzen und Angst, ich bin nicht einmal in der Lage, über die Folgen meiner Enthüllung nachzudenken.
    » HIV -positiv?« Anton fällt automatisch in denselben Flüsterton. » Bist du völlig verrückt geworden?«
    » Hm-hm.« Ich ziehe laut die Nase hoch und nicke vor mich hin wie ein Wackelbuddha. » Heute hab ich den Test machen lassen.«
    » Und hast du schon das Ergebnis?«
    » Mittwoch…«
    » Komisch«, sagt er nachdenklich. » Als ich Rita neulich im › Dach‹ getroffen habe, hatte ich so ein ungutes Gefühl. Sie sah ziemlich schlecht aus, ganz blass. Ich dachte noch, vielleicht liegt es ja am Licht und so…«
    » Sie hat schon die ganze letzte Woche über ihre Gesundheit geklagt, von wegen ihre Lymphknoten seien geschwollen und alles, und gestern hat sie mir gesagt, dass sie einen Test gemacht hat und… und…« Weiter komme ich nicht, die Stimme versagt mir.
    » Und das ist echt kein Trick? Sie hat sich doch Geld von dir geliehen, oder? War da nicht irgendwas mit einem Auto?«
    » Vergiss es. Das dachte ich zuerst auch. Ich hatte ihr zehn Riesen geliehen, aber die hat sie mir heute zurückgegeben.«
    » Au, Scheiße, das ist übel!« Anton ist jetzt weiß wie ein Bettlaken. » Keine Ahnung, was man da machen soll…«
    » Schon gut, vergiss es einfach«, sage ich ehrlich. Jetzt, nachdem ich mich ausgesprochen habe, geht es mir schon ein wenig besser. » Mit Rita ist alles klar, mit mir ist alles klar, das einzige Problem ist Lena mit ihrem Kind.«
    » Du musst es ihr sagen, Andrej!« Anton betrachtet hochkonzentriert die Glut seiner Zigarette. » Möglichst schnell. Das ist am saubersten.«
    » Ich hab aber Angst.«
    » Dann sag ich es ihr.«
    » Auf keinen Fall! Ich bitte dich! Ich habe dir das nur erzählt, weil du mein bester Freund bist!«
    » Schon gut, ich sag es ihr nicht.«
    » Kannst du mir nicht trotzdem einen Arzt empfehlen?«
    » Andrej, das ist scheiße! Das geht nicht!«
    Ich schaue trübe in den Himmel und denke daran, dass wir beide vor einem Jahr auf dem Fortdance-Festival bei Petersburg genauso zusammenstanden, an die warme Ziegelmauer der Alexanderfestung gelehnt, um ein wenig von der Hitze der Nacht auszuruhen. Es war fünf oder sechs Uhr morgens, drüben auf dem Festland legten schon die ersten Ausflugsdampfer ab, Möwen kreischten, Mädchen lachten, Musik wummerte, und alles war so einfach, so leicht und so gut.
    » Anton, sag was, ich flehe dich an!«, fange ich wieder an zu quengeln. » Irgendwas! Aber sprich mit mir!«
    » Ja, ja.« Anton tippt auf seinem Handy herum. » Ich schicke dir die Visitenkarte von einem Typen, den ich kenne, Dima. Vielleicht kann er dir helfen. Aber das wird teuer, das sag ich dir gleich.«
    » Ist mir völlig egal«, sage ich demütig. » Hauptsache, sie besteht nicht darauf, das Kind zu kriegen.«
    » Ich kann dir aber nichts versprechen! So, das hätten wir. Ruf ihn morgen an, sag ihm, du kommst von mir.«
    » In Ordnung. Ich danke dir, Alter, echt.« Ich sehe ihn an. » Hör mal, Anton, du lässt mich doch nicht im Stich? Ich meine, jetzt, wo ich Aids hab?«
    » Noch ist es nicht amtlich.«
    » Trotzdem, Anton. Du weißt doch, die Chancen stehen gleich null! Außer Wanja und dir habe ich keine Freunde.« Ich hocke mich auf die Erde, ein Schluchzen schnürt mir den Hals zusammen.
    » Hör schon auf, es reicht!« Anton zieht mich hoch. » Außerdem hast du noch kein Aids. HIV -positiv ist noch kein Aids. Du kannst noch lange leben. Magic Johnson, zum Beispiel…«
    » Der ist Basketballspieler, die haben eine solide Physis.«
    » Dafür bist du ein Junkie und Säufer.« Anscheinend versucht er mich aufzuheitern. » Und du hast prima Freunde!«
    » Anton, mein alter Anton!« Ich umarme ihn ergriffen und lege den Kopf auf seine Schulter. » Du bist wie ein Bruder für mich, ach was, viel mehr als ein Bruder!«
    » Ja, ja. Aber trotzdem werde ich in Zukunft nicht mehr aus einem Glas mit dir trinken. Und auch nicht im selben Zimmer mit dir schlafen.«
    » Du Ekel!«
    » Was hast du denn gedacht?« Wir umarmen

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