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Neonträume: Roman (German Edition)

Neonträume: Roman (German Edition)

Titel: Neonträume: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sergej Minajew
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schlimm findet sie, dass heutzutage jeder einen Kredit aufnimmt, sogar die Studenten. Sie selber dagegen hat nur ein einziges Mal etwas auf Raten gekauft.
    Ich sitze derweil einfach nur da, lausche ihrem charmanten Geplapper und vergesse die Welt um mich herum. Verschwunden sind die Kellnerinnen und Barmänner, die Büroangestellten und die ausländischen Manager, selbst die drei überreifen Grazien am Nachbartisch haben sich in freundliche rosa und gelbe Farbflecken verwandelt. Ich habe aufgehört, Katja zuzuhören, nicke nur im Takt zu der zauberhaften Melodie ihrer Stimme und lächele dumm. Wir haben erst zwei Gläser Wein getrunken, aber es kommt mir vor, als wäre ich schon vollkommen betrunken. Ich kann mich nicht erinnern, wann ich mich jemals so gut gefühlt habe.
    Wie schön wäre es, mit ihr ans Meer zu fliegen: nach Spanien, Frankreich, Italien, meinetwegen auch nach Ägypten, wenn es sein muss. Hauptsache, nur wir beide allein und möglichst lange. Vormittags würden wir am Strand spazieren, mittags in einem netten Lokal mit Blick aufs Meer essen gehen und anschließend Arm in Arm durch die Stadt schlendern, Souvenirläden durchstöbern und albernen Kitsch kaufen, der uns später an langen Winterabenden an die Zeit erinnert, in der wir so glücklich waren. Wir wären einfach unzertrennlich. Im Herbst würde Katja mit ihrer Doktorarbeit beginnen, ich dagegen würde mein Büroleben endgültig an den Nagel hängen und auf Freelancer umsatteln. Ich würde aufhören zu saufen und allen möglichen Dreck einzuwerfen, stattdessen nur noch guten Rotwein trinken. Und im Sommer darauf würde ich allen Neidern das Maul stopfen, indem ich meiner Katja einen Heiratsantrag machte.
    Da klingelt mein Handy. Mist. Aber so ist das immer: Kaum öffnet man sein Herz edlen, positiven Gefühlen, bricht irgendwo ein seelisches Abflussrohr und überschwemmt einen mit Strömen von Dreck und Scheiße. Ich schaue aufs Display, entschuldige mich und entferne mich ein paar Schritte von unserem Tisch. Es ist Rita.
    » Hallo, wie geht’s?«
    » Alles klar. Und dir?«
    » Mein Termin ist gerade vorbei. Ich habe überlegt, ob wir nicht zusammen essen wollen?«
    Schon wieder essen.
    » Ich bin in einer Besprechung, Häschen. Vielleicht lieber heute Abend…«
    Verdammt, heute Abend bin ich mit Lena auf dem Geburtstag!
    » Tja dann…«, macht sie launisch. » Oder hättest du vielleicht Lust ins Kino? Seit zwei Wochen bettle ich schon, dass du mich mal ins Kino ausführst. Ich schlage vor, wir gehen heute ins Puschkinski, um sieben fängt der Film an. Ja?«
    » Um sieben ist bei mir ganz schlecht, Rita, ich…« Hektisch fange ich an zu überlegen, was ich ihr für eine Ausrede auftischen könnte. » Wir müssen heute die Kostenplanung für die Eröffnungsveranstaltung des Klubs abklären, das ist um fünf, um sechs ist dann ein Casting für die Tänzerinnen, und um sieben… nee, tut mir leid, ich bin echt total ausgebucht, Häschen!«
    » Ja. Schade.« Lange Pause. » Und du kannst dich wirklich nicht loseisen? Heute ist doch Freitag, da läuft sowieso nicht mehr viel. Die Kostenplanung kannst du auch am Montag machen.«
    » Rita, jetzt hör mal, das kann ich doch nicht allein entscheiden!« Ich schaue zu Katja hinüber und winke ihr mit den Fingerspitzen zu. » Ich muss auf meine Partner Rücksicht nehmen. Der eine fliegt übers Wochenende nach Europa, der andere hat sowieso ständig Stress am Hals, was glaubst du, wie schwer es ist, die mal alle an einen Tisch zu bringen!«
    » Ich verstehe ja, dass du viel zu tun hast«, seufzt Rita. » Hör mal…«
    » Ja?«
    » Wegen dieser Auto-Geschichte…« Ritas Stimme wird einschmeichelnd. » Hat es geklappt, mit dem Geld?«
    » Mit dem Geld?« Jetzt erst fällt mir wieder ein, dass ich in meiner Jackentasche zehntausend Dollar mit mir herumtrage, und ich ärgere mich über mich selbst, dass ich den ganzen Vormittag vertrödelt habe, anstatt ihr zeitig das Geld rüberzuschieben.
    » Das ist geregelt. Wir müssen nur überlegen, wann ich es dir geben soll.«
    » Am besten, ich komme gleich vorbei, ich habe gerade eine Lücke.«
    » Wo willst du vorbeikommen?«
    » Na da, wo du bist. Übrigens, wo bist du eigentlich?«
    » Ich? Ich… äh, an der Puschkinskaja, ich bin gerade raus, mir ein Sandwich besorgen«, lüge ich und merke selber, dass es reichlich fadenscheinig klingt.
    » Dann komme ich dorthin.«
    » Wunderbar!«
    Halt, stopp! Was ist daran wunderbar? Und was mache ich mit Katja?
    »

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