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Nero

Nero

Titel: Nero Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Eckstein
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gründlich. Poppäa erwog nicht, sie fühlte nur. Jeder Nerv an ihr schnaubte nach Rache. Sie hatte niemals geglaubt, daß diese armselige Schein-Kaiserin im stande sei, ihr gefährlich zu werden.
    Nun war das Unerhörte geschehen. Octavia hatte, wenn auch für Tage nur, über das schönste Weib der Siebenhügelstadt triumphiert.
    Hiermit war das Schicksal der Unglücklichen besiegelt. Sie mußte sterben, und wenn ihr Poppäa selber den Dolch in die Brust bohren sollte.
    Zunächst suchte Poppäa sich vor dem Volke wieder in Ansehen zu bringen.
    Die Trabanten des Tigellinus rissen die Kränze von den Standbildern der geflüchteten Kaiserin fort, während sie die gestürzten Statuen Poppäas wiederum aufrichteten, über und über mit Blumen bestreuten oder durch Opferbrände verehrten. Alle Künstler der Weltstadt erhielten Aufträge, neue Büsten in Marmor und Erz zu fertigen – eine trotzige Antwort auf die Beleidigungen des Pöbels. Starke Abteilungen von Prätorianern durchzogen die Stadt; ihnen zur Seite schritten je drei Dutzend stämmige Sklaven des Imperators, die außer dem Kurzschwert festgeknotete Peitschen trugen. So wurden neue Ansammlungen und neue Injurien im Keime erstickt.
    Der Senat, dem der Cäsar drei Tage später von dem Entschlusse der jungen Kaiserin Mitteilung machen ließ, setzte sofort eine klägliche Miene auf, als bedaure er jetzt ebenso sklavisch die Vernichtung seines Erkenntnisses, wie er vor kurzem jenes Erkenntnis selber bedauert hatte.
    Diese unglaubliche Haltung der hohen Körperschaft flößte der zornerfüllten Poppäa für kurze Zeit den Gedanken ein, sich nochmals des Senats zu bedienen, um ihre tödlich gehaßte Gegnerin endgültig aus dem Wege zu räumen. Wenn sie es klug begann, würden die Knechte vom Kapitol abermals umsatteln und ein drittes Verdikt fällen, wonach die Kaiserin dennoch und trotz alledem jeder beliebigen Niedertracht schuldig sei.
    Aber nein, dieses Gesindel ehrte man doch zu hoch, wenn man bei so gewichtigen Fragen überhaupt seine Mitwirkung heischte. Sie verwarf ihren Einfall. Sie selber wollte nun handeln, sie ganz allein. Und diesmal sollte ihr Tigellinus nicht wieder mit seiner albernen Weisheit die Pfade kreuzen.
    Sie hatte ihm gleich zu Anfang bedeutet, seine Erfindung mit dem Verhältnis der Kaiserin zu Abyssus sei eine Thorheit, – einmal, weil dieser Erfindung kein hoher Grad von Wahrscheinlichkeit innewohne, dann aber auch, weil nach römischem Recht ein Sklave im Prozeß gegen Freigeborene kein Zeugnis ablegen konnte.
    Tigellinus stellte ihr freilich vor, sie zermalme die Feindin durch die ihr aufgebürdete Liebschaft mit einem Sklaven gründlicher, als wenn der Verführer dem Ritterstand oder den stolzen Adelsfamilien des Senats angehöre.
    Ja, diese Thatsache war nicht zu bestreiten: aber der Agrigentiner hatte durch die Wahl eines Sklaven, dessen Eingeständnis juridisch ohne Belang blieb, die Notwendigkeit der Tortur veranlaßt, und das Ergebnis dieses abgeschmackten Verfahrens war für die Schuldlosigkeit Octavias glänzend gewesen.
    Der Mißgriff hatte sie, die sieggewohnte Poppäa, fast ins Verderben gestürzt. Sie dankte für solche Ratgeber.
    Der Streich, den sie jetzt plante, würde zertrümmern, zu Staub zermalmen, wie ein Strahl aus dem jovischen Donnerkeil.
     
     

Siebentes Kapitel
     
    Es war ein trüber Dezembertag. Aus dem einförmigen grauen Gewölk troff ein melancholischer Regen.
    Nero lag in seinem Arbeitsgemach auf der löwenfüßigen Bank. Ein Sklave hatte ihm ein schöngezeichnetes Antilopenfell über die Füße gebreitet, während ein andrer die glühenden Kohlen in dem Erzbecken, das inmitten des Zimmers auf dem silbergetriebenen Dreifuß stand, mit einem Wedel aus Straußen und Pfauenfedern vorsichtig anfachte.
    Der Cäsar hatte in aller Frühe die übliche Aufwartung des Senats entgegengenommen, dann einige geschäftliche Worte mit Seneca und dem Agrigentiner gewechselt und schließlich mit Phaon gearbeitet, dessen architektonische Pläne ihm näher am Herzen lagen, als der Bericht über die Unterdrückung politischer Unruhen im narbonensischen Gallien oder die Vorschläge wegen des großen Reiterstandbildes, das die ›dankbaren. Prätorianer ihrem unvergeßlichen Burrus‹ errichten wollten.
    Jetzt, nach der Stunde des Prandiums, fühlte sich Nero ein wenig abgespannt, zumal das gestrige Trinkgelage bei Cossuthianus über Gebühr lange gewährt hatte. Das Rieseln der Dachtraufen und der bleigrundige Himmel stimmte

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