Nesbø, Jo - Harry Hole - 02
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nicht schon wieder.
Ich sehe dich. Nummer 20.
Er weiß, was sie wissen. Scheiße!
Du bist allein.
Irgendjemand redet. Er nahm den Telefonhörer in die Hand, legte ihn ab er wieder h in. Denken, denken. Woo hatte nichts angefasst. Er nahm wieder den Hörer des Telefons und schraub-te den Deckel der Sprechmuschel ab. Neben dem Mikrofon, das dort hingehörte, war ein kleiner, schwarzer G egenstand befestigt, der wie ein Chip aussah. Harry hatte so etw as schon einmal gesehen. Es war ein russisches Modell, sicher noch besser als die Wanzen der CIA.
Die Schmerzen in seinem Fuß betäubten einen Mom ent lang all die anderen Schmerzen, als er gegen das Nachttischchen trat, dass es krachend umstürzte.
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KAPITEL 43
Liz setzte die Kaffeetasse an die Lippen und schlürfte so laut, dass Løken Harry m it hochgezogenen Augenbrauen ansah, als wolle er fragen, was für ein Wesen er denn da mitgebracht habe.
Sie saßen in Millie’s Karaoke, von der W and starrte sie eine platinblonde Madonna m it hungrigem Blick an, während eine digitalisierte Karaoke-Version von »I just called to say I love you« fröhlich vor sich hin trällert e. Harry drückte verzweifelt auf der Fernbedienung herum , um die Musik abzustellen. Sie hatten den Brief gelesen und noch niemand hatte etwas gesagt.
Harry fand den richtigen K nopf und die Musik verstummte abrupt.
»Das war es, was ich zu sagen hatte«, sagte Harry. »Ihr seht also, dass wir irgendwo in den eigenen Reihen ein Leck haben.«
»Was ist m it der Wanze, die d ieser Woo in Ihrem Telefon installiert haben soll?«, fragte Løken.
»Die erklärt nicht, woher der Betreffende weiß, dass wir ihm auf den Fersen sind. Ich habe an diesem Telefon nicht viel ge -
sagt. Aber unabhängig davon schlage ich vor, dass wir uns von jetzt ab nur noch hier treffen. Wenn wir den Informanten finden, kann er uns m öglicherweise zu Klipra führen, aber ich glaube nicht, dass wir da ansetzen sollten.«
»Warum nicht?«, fragte Liz.
»Ich habe das Gefühl, dass sich dieser Maulwurf ebenso gut versteckt wie Klipra.«
»Warum?«
»Klipra verrät in dem Brief, dass er interne I nformationen erhalten hat. Er würde das niem als tun, wenn wir seine Quelle enttarnen könnten.«
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»Warum sollten wir nic ht die naheliegendste Frage stellen?«, fragte Løken. »W oher wollen Sie wissen, dass der Inform ant keiner von uns ist?«
»Das weiß ich nicht. Aber soll te das der Fall sein, haben w ir ohnehin bereits verloren, das Risiko müssen wir also eingehen.«
Die anderen nickten.
»Wir brauchen nicht zu erwähnen, dass die Z eit gegen uns arbeitet und dass es für das Mädchen schlechter aussieht, je länger das Ganze dauert. Siebzig Prozent dieser Entführungsfäl-le enden d amit, dass der Kidnap per sein Opfer tötet.« Er versuchte das so neutral wie m öglich zu sagen und verm ied es, ihren Blicken zu begegnen, doch er war sich s icher, dass ihm seine Gefühle ins Gesicht geschrieben standen.
»Also, wo fangen wir an?«, fragte Liz.
»Wir sollten damit anfangen, dass wir einige Dinge ausschlie-
ßen«, sagte Harry. »Wo ist sie nicht? «
»Nun, solange er d as Mädchen h at, hat er v ermutlich noch keine Landesgrenzen überquert«, sagte Løken. »Und er wird wohl auch kaum in ein Hotel gegangen sein.«
Liz war einverstanden. »Vermutlich ist er an einem Ort, wo sie sich über längere Zeit versteckt halten können.«
»Ist er allein?«, fragte Harry.
»Klipra gehört keinem der Clans hier unten an«, sagte Liz. »Er hat nichts m it organisierten Entführungen zu tun. Sich einen Mann zu besorgen, der einen He roinabhängigen wie Jim Love aus dem Weg räumt, dürfte kein Problem sein. Aber es ist eine ganz andere Größenordnung, ein weißes Mädchen zu entführen, noch dazu die Tochter eines Botschafters. Wenn er versucht hat, sich dafür Leute zu b eschaffen, hat er sicher m it einigen Professionellen gesprochen, und die schätzen imm er erst das Risiko ab, ehe sie einen Auftrag annehm en. In diesem Fall
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hätten sie bestimm t erkannt, da ss sie die ganze Polizei des Landes gegen sich hätten, wenn sie diesen Job erledigten.«
»Sie glauben also, er hat das allein gemacht?«
»Wie gesagt, er gehört zu keinem der Clans. Innerhalb dieser Familien zählen Loyalität und T radition, doch die Leu te, die Klipra hätte anheuern müssen, si nd Freelancer, denen er n ie zu hundert Prozent trauen könnte. Fr üher oder später würden die rauskriegen, wofür er das Mädchen
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