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Nesbø, Jo - Harry Hole - 02

Nesbø, Jo - Harry Hole - 02

Titel: Nesbø, Jo - Harry Hole - 02 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kakerlaken
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das Eis im Glas klirren und tanzen hören, das Glucksen der Flasche, w enn er die bräunliche F lüssigkeit darü-

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    bergoss, und zu guter Letzt das zischende Geräusch, wenn sich das Sodawasser mit dem Alkohol mischte.

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    KAPITEL 45
    Es war sieben Uhr morgens, als Harry zum Tatort zurückkehrte.
    Um fünf hatte er den Versuch zu schlafen aufgegeben, sich angezogen und in den Leihwagen gesetzt, der noch in der Garage stand. Es war sonst noch niemand dort, die Spurensicherung hatte ihre Arbeit in der Nacht unterbrochen und würde sicher erst in einer Stunde zurück sein. Er stieg über die orange Polizeiabsperrung und ging ins Haus.
    Bei Tageslicht sah alles ganz anders aus, friedlich und ge-pflegt. Nur das Blut und die m it Kreide gezogenen Umrisse der zwei Körper auf dem groben Holzboden bezeugten, dass es sich um denselben Raum handelte, in dem er in der Nacht gewesen war.
    Sie hatten keinen Brief gefunden, aber trotzdem hatte niemand wirklich bezweifelt, was geschehen war. Die Frage war eher, warum Ove Klipra erst sie und dann sich erschossen hatte. Hatte er erkannt, dass sein S piel verloren war? Aber wenn das so gewesen war, warum hatte er sie dann nicht einfach gehen lassen? Vielleicht war es nicht geplant gewesen, vielleicht hatte er sie bei einem Fluchtversuch erschossen oder weil sie etwas gesagt hatte, was ihn aus der Bahn geworfen hatte. Und dann hatte er sich selbst erschossen? Harry kratzte sich am Kopf.
    Er betrachtete die Kreid estriche, die die Lage ihres Körpers nachzeichneten, und das Blut, das noch nicht weggewaschen war. Klipra hatte ihr mit der Pistole, die sie gefunden hatten –
    eine Dan Wesson –, in den Hals geschossen. Die Kugel war glatt durchgegangen und hatte dabei di e Pulsader aufgerissen, die noch so viel Blut herausgepum pt hatte, dass es bis zum Spülbe-cken geflossen war, ehe ihr Herz zu schlagen aufhörte. Der Arzt meinte, sie sei sof ort ohnmächtig gewesen, weil ih r Gehirn keinen Sauerstoff m ehr erhalten habe, und sei dann nach drei 357

    oder vier Herzschlägen gestorben. Ein Loch im Fenster zeigte, wo Klipra gestanden hatte, als er sie erschoss. Harry stellte sich in den Umriss von Klipras Körper. Der Winkel stimmte.
    Er sah zu Boden.
    Das Blut zeichnete einen ge ronnenen, schwarzen Glorien-schein um die Stelle, an der se in Kopf gelegen hatte. Das war alles. Er hatte sich in den M und geschossen. Harry sah, dass die Männer von der Spurensicherung den Ort m it Kreide gekenn-zeichnet hatten, an dem die Kugel in die doppelte Bam buswand eingeschlagen war. Er stellte sich vor, wie Klipra sich hingelegt, den Kopf zur Seite gedreht und si e angesehen hatte. Vielleicht hatte er sich gefragt, wo sie war, ehe er abgedrückt hatte.
    Er ging nach draußen und fand das Austrittsloch in der W and.
    Er sah hinein und blickte direkt auf das G
    emälde auf der
    gegenüberliegenden Wand. Stillleben. Seltsam, er hatte gedacht, in Klipras Umriss zu blicken. Er ging zurü ck zu dem Ort, an dem sie am Abend zuvor im Gras gelegen hatten, stam pfte hart mit dem Fuß auf, um nicht unverm
    ittelt auf irgendwelche
    Kriechtiere zu stoßen, und ging weiter zum Geisterhaus. Ein kleiner, lächelnder Buddha m it kugelrundem Bauch thronte i m Innern des Häuschens, umgeben von ein paar welken Blumen in einer Vase, vier Filterzigaretten u nd ein paar ausgebrann ten Kerzen. Ein kleines, weißes Lo ch am hinteren Rand der Kera-mik zeigte, wo die Kugel eing eschlagen hatte. Harry nahm sein Schweizermesser heraus und hebelte einen def ormierten Blei-klumpen heraus. Er blickte zurü ck zum Haus. Die Kugel war in einer direkten, horizontalen L inie geflogen. Natürlich, Klipra hatte gestanden, als er sich erschoss. Warum hatte er gedacht, er hätte am Boden gelegen?
    Er ging zurück zum Haus. Irgendetwas stimmte da nicht. Alles wirkte so sauber und aufgeräum t. Er öffnete den Kühlschrank.
    Leer, nichts, um zwei Menschen am Leben zu halten. Ein Staubsauger kippte heraus und fiel auf seinen großen Zeh, als er den Küchenschrank öffnete. Er fluchte und drückte den S taub-358

    sauger zurück in den Schrank, doch er kam ihm wieder entgegen, ehe er die Tür schließen konnte. Als er genauer hinsah, fand er einen Haken, an dem er ihn befestigen konnte.
    Ein System, dachte er. Hier gibt es ein System. Aber jemand hat da gemogelt.
    Er nahm die Bierflaschen von der Gefriertruhe und öffnete sie.
    Blasses, rotes Fleisch leuchtete ih m entgegen. Es war nicht eingepackt, sondern einfach in großen

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