Nesbø, Jo - Harry Hole - 02
unteren Teil des Rückens einer Person erkennen. Abgesehen von einem roten Oberteil, auf dem der untere Teil der Z iffern 2
und 0 zu erkennen war, war die Person nackt.
»Und wenn es doch Erpressung sein sollte, der Fotograf das Gesicht aber einfach n icht auf den Film gebracht hat«, fragte Harry, »oder er dem Erpressungsopfer die Bilder bloß gezeigt hat, auf denen er nicht identifiziert werden konnte?«
»Hört auf!« Liz wedelte m it der Hand. »Was willst du dam it sagen, Harry? Dass der Mann auf dem Bild Molnes ist?«
»Das ist ein e Theorie. Dass er erpresst worden ist, aber au fgrund seiner Spielschulden nicht zahlen konnte.«
»Und wenn schon?«, fragte Rangsan. »Das gibt den Erpressern doch kein Motiv, Molnes zu ermorden.«
»Vielleicht hat er dem Erpresser damit gedroht, ihn der Polizei zu melden.«
»Um den Erpresser anzuzeige n und dann selbst wegen Pädophilie angeklagt zu werden?« Rangsan verdrehte die Augen und Sunthorn und Nho versuchten erfolglos, ihr Lächeln zu unterdrücken.
Harry streckte die Arme nach oben.
»Wie gesagt, das ist bloß eine m ögliche Theorie und ich habe nichts dagegen, sie fallen zu lassen. Die andere ist, dass Molnes der Erpresser ist …«
»… und Brekke der Täter.« Liz stützte ihr Kinn auf die Ha nd und starrte nachdenklich in die Luft. »Nun, Molnes brauchte Geld und das gäbe Brekke ein Motiv für den Mord. Aber das hatte er ja ohnehin, da s bringt uns also au ch nicht weiter. Was 232
meinst du, Rangsan, kann m an ausschließen, dass der Mann auf dem Foto Brekke ist?«
Er schüttelte den Kopf.
»Die Bilder sind so unscharf, dass wir nichts ausschließen können, außer Brekke hat bestimmte, ganz eigene Merkmale.«
»Wer meldet sich freiwillig, um den Arsch von Brekke zu inspizieren?«, fragte Liz und erntete Gelächter.
Sunthorn räusperte sich diskret: »Wenn Brekke Molnes wegen der Bilder ermordet hat, warum hat er sie dann liegen lassen?«
Es wurde einen Moment lang still.
»Habe nur ich das Gefühl, dass wir hier bloß rumschwafeln?«, fragte Liz schließlich.
Die Klimaanlage gurgelte und Harry dachte, dass der Tag genauso lang wie heiß werden würde.
Harry blieb in der geöffneten Terrassentür der Botschafterwohnung stehen, die zum Garten führte.
»Harry?« Runa blinzelte das W asser aus ihren Augen und stieg aus dem Pool.
»Hallo«, grüßte er. »Ihre Mutter schläft?«
Sie zuckte mit den Schultern.
»Wir haben Jens Brekke festgenommen.«
Er wartete darauf, dass sie etwa s sagen würde, dass sie fragte, warum, aber sie schwieg. Er seuf zte: »Ich will Sie m it diesen Dingen nicht quälen, Runa. Aber ich stecke einfach mitten drin in dieser Sache und das tun Sie auch, weshalb ich denke, dass es das Beste wäre, wenn wir uns gegenseitig helfen würden.«
»Na dann«, sagte sie. Harry ve rsuchte, aus ihrem Tonfall schlau zu werden. Er entsch loss sich, d irekt zur Sache zu kommen.
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»Ich muss versuchen, etwas m ehr über ihn herauszufinden, was für ein Typ er ist, ob er der ist, für den er sich ausgib t, und so weiter. Ich wollte mit seinem Verhältnis zu Ihr er Mutter anfangen. Ich m eine, das ist sc hließlich ein ganz schöner Altersunterschied …«
»Sie fragen sich, ob er sie ausgenutzt hat?«
»In der Art, ja.«
»Möglicherweise hat meine Mutter ihn ausgenutzt, aber um -
gekehrt?«
Harry setzte sich auf einen der Stühle unter der W eide, während sie stehen blieb.
»Mutter mag es nicht, dass ic h in der Nähe bin, wenn sie zusammen sind, so dass ich ihn ei gentlich nie richtig kennengelernt habe.«
»Sie kennen ihn besser als ich.«
»Wirklich? Hm. Er wirkt ja ziem lich glatt, ab er vielleicht macht das auch nur den Anschei n. Er versucht auf jeden Fall, nett zu mir zu sein, so war es zum Beispiel seine Idee, mich mit zum Thaiboxen zu nehmen. Ich glaube, er hält m ich für sportin-teressiert, weil ich Kunstspringen mache. Ob er sie ausnutzt? Ich weiß nicht. Tut mir leid, das hilft Ihnen sicher nicht weiter, aber ich weiß nicht, wie Männer in diesem Alter denken, ihr zeigt ja nicht gerade viele Gefühle …«
Harry schob sich die Sonnenbrille auf der Nase zurecht.
»Danke, das ist schon einiges, Runa. Können Sie Ihre Mutter bitten, mich anzurufen, wenn sie aufwacht?«
Sie stellte sich m it dem Rücken zum Wasser an den Beckenrand, sprang ab und zeichnete mit durchgedrücktem Rücken und nach hinten geneigtem Kopf eine weitere Parabel für ihn in die Luft. Er sah die Blasen zur Ob
erfläche
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