Nesbø, Jo - Harry Hole - 02
esprochen hat, vielleicht doch nicht so unschuldig war«, sagte Nho.
»Miss Duyen’s ist ein Opiumcafé in Chinatown«, erklärte Liz.
»Opiumcafé? Ist das nicht … äh, verboten?«
»Natürlich.«
»Sorry, dumme Frage«, sagte Harry. »Ich dachte wirklich, die Polizei bekämpfe so etwas.«
»Ich weiß nicht, wie ihr das da m
acht, wo du herkomm st,
Harry, aber hier versuchen wir das Ganze möglichst pragmatisch anzugehen. Wir können das Miss Duyen’s gut schließen, doch dann eröffnet eine Woche später irgendwo anders ein Opium ca-fé. Oder die armen Kerle machen auf offener Straße weiter. Der Vorteil am Miss Duyen’s ist, dass wir den Überblick haben, dass unsere Fahnder kommen und gehen können, wie sie wollen, und dass diejenigen, die sich entschieden haben, sich ihre Hirne vom Opium zerstören zu lassen, das in einigerm aßen anständiger Umgebung tun.«
Jemand hustete.
»Und dass Miss Duyen sicher auch gut dafür bezahlt«, wurde hinter der Bangkok Post gemurmelt.
Liz tat so, als hätte sie es nicht gehört.
»Da er n icht auf der A rbeit aufgetaucht und auch nich t zu Hause ist, tippe ich, dass er auf einer von Miss Duyen’s B am-busmatten liegt. Ich schlage vo r, dass du m it Harry mal dahin fährst, Nho. Red m it Maisan, der kann euch helfen. Ist sicher interessant für unseren Touristen, ein bisschen was zu sehen zu bekommen.«
Maisan und Harry g ingen in ei ne enge Straße, durch die ein glühend heißer Wind den Abfall an den ärm lichen Hauswänden entlangblies. Nho war im Auto sitzen geblieben, da Maisan 241
fand, dass er schon von weitem als Polizist zu erkennen war.
Außerdem fürchtete er, m an könnte im Miss Duyen’s m isstrauisch werden, wenn sie gleich zu dritt kamen.
»Opium rauchen ist keine sozi ale Angelegenheit«, erklärte Maisan mit breitem amerikanischen Akzent. Harry fragte s ich, ob das in Kom bination mit dem Doors-T-Shirt für einen ver -
deckten Ermittler nicht ein b isschen zu dick a ufgetragen war.
Maisan blieb vor einem offenen schmiedeeisernen Tor stehen, das als Tür fungierte, versuchte, die Zigarettenkippe mit seinem hohen Stiefelabsatz in den Asphalt zu drehen, und ging gebückt hinein.
Nach der S onne draußen auf de r Straße war es drinnen so dunkel, dass Harry zu Beginn nichts sehen konnte, aber er hörte leise, murmelnde Stimmen und folgte zwei Rücken vor sich, die sich nach hinten in den Raum entfernten.
» Faen! «Harry schlug sich die Stir n an einem Türrahm en an und drehte sich um , als er ei n bekanntes L achen hörte. I m Dunkel an der Wand glaubte er eine gewaltige Gestalt sitzen zu sehen, aber es war m öglich, dass er sich irrte. Er hastete weiter, um die zwei vor sich nicht zu verlieren. Sie gingen über eine Treppe nach unten und Harry eilte hinterher. Ein paar Geldscheine wechselten den Besitzer und die Tür ging so weit auf, dass sie hineinschlüpfen konnten.
Drinnen roch es nach E rde, Urin, Rauch und süßlichem Opium.
Harrys vage Vorstellung von ei ner Opiumhöhle stammte aus einem Sergio-Leone-Film, in dem Robert De Niro in gelblichem schmeichelnden Licht auf dicken Kissen lag und von Frauen in Seidensarongs verwöhnt wurde. In seiner Erinnerung hatte das Ganze eine fast sakrale Sti mmung gehabt. Abgesehen davon, dass das Licht auch hier gedäm pft war, gemahnte hier wenig an Hollywood. Der Staub in der Luft m achte einem das At men schwer, und abgesehen von ein paar alkovenartigen Betten an 242
den Wänden, lagen die Menschen auf Decken und Ba mbusmat-ten auf dem hart gestampften Lehmboden.
Das Dunkel und die staubige Luft , die von leisem Husten und Räuspern erfüllt war, ließen Harry zuerst nur a n eine Handvoll Menschen im Raum glauben, doc h nachdem er s ich an das Dunkel gewöhnt hatte, erkannte er , dass es ein großer, offener Raum war, indem sich bestim mt mehrere Hundert Menschen aufhielten, fast alles Männer. Abgesehen vom Husten war es seltsam still. Die m eisten sahen aus, als schliefen sie, and ere bewegten sich langsam . Er sa h einen alten Mann m it beiden Händen die Pfeife umklamm ern, während er die Luft derart heftig einzog, dass sich die fa ltige Haut über seinen W angenknochen straffte.
Der Wahnsinn war organisiert, sie lagen ordentlich in Reihen, eingeteilt in Quadrate, zwis chen denen m an hindurchgehen konnte, in etwa wie auf einem Friedhof. Harry folgte Maisan auf und ab durch die Reihen, sah sich Gesichter an und versuchte, den Atem anzuhalten.
»Siehst du deinen Typ irgendwo?«,
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