Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters

Titel: Neschan 02 - Das Geheimnis des siebten Richters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralf Isau
Vom Netzwerk:
an Deck und sich die Füße vertreten.
    »Lenk die Wachen für einen Augenblick ab«, flüsterte Gimbar Yonathan zu, während sie aus der Luke kletterten.
    »Was hast du vor?«
    Gimbar hatte keine Gelegenheit zu antworten. »Heh, ihr da!«, rief eine Wache. »Nicht die Köpfe zusammenstecken! Los, bewegt euch!«
    Die Gefangenen drehten auf dem Mitteldeck eine Runde nach der anderen. Der Zeitpunkt konnte nicht mehr fern sein, da sie wieder hinuntergeschickt würden. Yonathan fühlte kalten Schweiß auf der Stirn. Wie sollte er nur die Aufmerksamkeit der Soldaten auf sich lenken? Was hatte Gimbar vor? In seinem Hemd bewegte sich etwas. Und dann kam ihm die Idee.
    »Was ist das?«, schrie plötzlich ein Soldat.
    »Ach«, winkte ein anderer ab, »nur ‘ne Ratte. Lass sie laufen.«
    »Wenn das eine Ratte ist, dann bin ich ein Kormoran«, mischte sich ein Dritter ein. »Ich habe schon Tausende von Ratten gesehen, aber so was noch nie.«
    Im Nu herrschte auf Deck der Narga eine Ausgelassenheit wie bei einer kaiserlichen Jagdgesellschaft. »Lasst es uns fangen!«, riefen die einen. »Lasst es uns aufspießen!«, grölten die anderen. Schon flog ein erster Spieß und verfehlte nur um Haaresbreite die Hand eines Kumpanen, der gerade auf allen vieren der Beute nachhetzte.
    Yonathan sorgte sich nun doch um Gurgi, die es im Handumdrehen fertig gebracht hatte, aus grimmigen Kriegern herumtollende Kinder zu machen.
    »Sie gehört zu mir!«, schrie er. »Gurgi gehört mir. Lasst sie in Ruhe!« Aber niemand beachtete ihn. Vielmehr schloss sich ein immer engerer Kreis aus Beinen, Lanzen und schartigen Säbeln um das eingeschlossene, hilflose Pelzknäuel. Yonathan sah den Masch-Masch schon am Spieß rösten, als laut und durchdringend die Schiffsglocke ertönte.
    Alle Köpfe wandten sich nach achtern, dorthin, wo Kirzath auf der Brücke stand. Seine Beine breit auseinander und seine Fäuste in die Hüften gestemmt, brüllte er mit hochrotem Kopf: »Seid ihr alle ganz und gar übergeschnappt? Rakkath, was soll der Unsinn?«
    Ein Seemann trat aus dem Haufen heraus, nahm Haltung an und berichtete: »Da ist dieses Vieh… dieses Tier…« Er zeigte auf die Stelle, an der sich längst kein Masch-Masch mehr befand. »Wir haben versucht es zu einzufangen.«
    »Und dabei die Gefangenen sich selbst überlassen«, ergänzte Kirzath, »damit sie sich inzwischen selbst beschäftigen – mit Brettspielen oder Fliehen oder Ähnlichem, was!?«
    Rakkath schaute zu Boden; die meisten seiner Jagdgesellen folgten seinem Beispiel.
    »Eigentlich sollte ich euch alle am Fockmast aufknüpfen – oder wenigstens einige, zur Abschreckung für die anderen.« Kirzath atmete heftig vor Wut. »Da unsere Gäste jedoch noch an Bord sind und da Sethur möglicherweise noch Verwendung für euch hat, werde ich Gnade vor Recht ergehen lassen. Eure Bierration wird gestrichen, eine Woche lang.« Kirzath gab einem seiner Männer die Gefangenen betreffend einen kurzen Wink. Bevor er sich von der Brücke zurückzog, wandte er sich Yonathan zu und sagte drohend: »Und du, Knabe, mach so etwas nie wieder! Nimm dein Wiesel und pass zukünftig besser darauf auf, sonst werden wir es am Spieß braten und verspeisen.«
    Yonathan schluckte.
    Auf die Seeleute und Soldaten an Deck der Narga hatte die Strafe des Kapitäns ganz unterschiedliche Wirkung: Einige wenige atmeten erleichtert auf; mehrere waren zusammengesackt, wie nach einem Hieb in die Magengrube; die meisten schauten gequält, als hätten sie einen bösen Verlust erlitten. Offenbar hatte Kirzath bei seinen Männern einen empfindlichen Nerv getroffen.
    Yonathan stellte erleichtert Gimbars Rückkehr fest. Gerade rechtzeitig, denn bis auf zwei Wachen hatte sich die Jagdgesellschaft aufgelöst. Diese machten den Gefangenen schnell klar, dass der Ausflug an Deck vorerst beendet sei. Yonathan winkte mit Haschevet das unüberschaubare Gewirr der Takelage hinauf und rief Gurgis Namen. Im Nu war sie bei ihm und schlüpfte in die Hemdfalte an seiner Brust.
    »Das ist wirklich ein tapferes kleines Mädchen, deine Gurgi«, lobte Gimbar den heldenmütigen Einsatz des Masch-Masch, während dieser in seiner Armbeuge hockte und sich von ihm kraulen ließ.
    »Beinahe hätten sie sie aufgespießt«, warf Yomi ein. »Und was hat das Ganze nun gebracht, Gimbar? Hast du wenigstens etwas herausgefunden? «
    »Und ob!« Gimbar lächelte spitzbübisch. »Ich habe die Mücke gesehen. Als das Durcheinander losbrach, stürmten mir zwei Männer von

Weitere Kostenlose Bücher