Nesser, Hakan
die
Bedeutung des Ortes im weiteren Sinne,
zumindest ist es das, womit ich mich beschäftige. Denke, wie schwer es ist,
eine gewisse Art von Verbindung nicht herzustellen, eine gewisse Art von
Entsprechung... t ' is some visitor,
I muttered - Only this,
and nothing more.
»Seit
Freitag also?«, fragt Mr. Edwards nach einer Weile. »Sie sagen, sie ist seit
Freitag fort?«
»Stimmt«,
bestätige ich und schiebe Poe beiseite. »Frühmorgens ist sie weggegangen.«
»Heute
haben wir Montag«, stellt er fest. »Bedeutet das, dass Sie seit drei Tagen
nichts mehr von ihr gehört haben?«
»Ich
nehme an, dass es das bedeutet«, sage ich. »Unter anderem.«
Mr.
Edwards sitzt eine Weile schweigend da, während er sich mit der Hand über den
kahlen Kopf streicht und einer Gruppe Mädchen zuschaut, die einen Ball hin und
her über ein Netz befördern. »Was geht da eigentlich vor?«, fragt er dann.
»Ich muss sagen,
das gefällt mir nicht. Das klingt unheilvoll, Sie müssen ja schrecklich
beunruhigt sein, oder?«
»Ich
habe das ganze Wochenende nicht geschlafen«, gebe ich zu. »Nein, mir geht es
nicht besonders.«
»Was
war der Sinn Ihres Umzugs nach New York?«, fragt er nach einer weiteren Pause.
»Ich dachte, der Punkt wäre, dass Sie über diese tragische Geschichte mit Ihrer
Tochter hinwegkommen wollen. Sozusagen Abstand zu ihr gewinnen.«
»Das
habe ich auch gedacht«, sage ich. »Soweit ich überhaupt irgendetwas gedacht
habe.«
»Da
komme ich jetzt nicht mehr ganz mit«, sagt Mr. Edwards. »Es war die Idee Ihrer
Ehefrau, wenn ich es recht verstanden habe, oder?«
»In
gewisser Weise ja«, bestätige ich. »Aber den Beschluss haben wir schon
gemeinsam getroffen.«
»Und
jetzt hat sie also eine Spur von Ihrer Tochter gefunden?«
»Sie
behauptet es. Nein, das stimmt nicht, das behauptet sie gar nicht. Es ist nur
etwas, was sie andeutet.«
»Andeutet?«
»Ja.
Höchstens andeutet.« Er nickt, sagt jedoch nichts.
»Mein
Gott, ich weiß es nicht«, fahre ich fort, während Poe wieder vor meinem inneren
Auge auftaucht, diese berühmte Daguerrotypie. Als säße er da und hörte unserem
Gespräch zu, wahrscheinlich mit dem Notizblock in der Hand. »Wir reden ja kaum
miteinander. Ich habe ehrlich gesagt absolut keine Ahnung, was da eigentlich
vor sich geht. Sie ist verschwunden, sie hat eine Mitteilung hinterlassen, in
der sie schreibt, dass es mit Sarah zu tun hat, das ist alles.«
Mr.
Poe zieht sich zurück, Mr. Edwards nimmt eine Zigarre heraus, ohne sie
anzuzünden, rollt sie schweigend eine Weile zwischen Daumen und Zeigefinger.
»Das
ist alles«, wiederhole ich. »Es tut mir leid, dass ich Sie da mit reingezogen
habe. Das hätte ich nicht tun sollen.«
Mr.
Edwards breitet die Hände in einer abwehrenden Geste aus. »Blödsinn«, sagt er.
»Soweit es nach mir geht, müsste ich Ihnen nicht eine Sekunde zuhören, wenn ich
nicht wollte. Darüber brauchen Sie sich keine Sorgen zu machen, ich suche mir
selbst meine Sackgassen aus.«
»Danke«,
sage ich und habe ausnahmsweise einmal das Gefühl, dass dieses kleine Wort
etwas bedeutet. Ich spüre tatsächlich Dankbarkeit dafür, dass er hier an
meiner Seite sitzt.
Er
zündet sich seine Zigarre an und scheint einen Entschluss gefasst zu haben.
»Wenn wir jetzt einfach einmal«, sagt er und bläst eine nachdenkliche
Rauchwolke aus, »wenn wir jetzt einfach einmal so tun, als wären Sie ein
Klient, der zu mir in meiner alten Eigenschaft als Privatdetektiv gekommen
ist, hätten Sie etwas dagegen?«
Ich
zucke mit den Achseln.
»Ich
verlange natürlich kein Honorar, ich bin pensioniert und habe gar keine Lizenz
mehr. Aber es wäre nur einfacher, wenn unsere Rollen geklärt sind. Ich merke,
dass ich Sie etwas intensiver ausfragen müsste, wenn wir weiterkommen wollen,
und dazu bin ich kaum befugt als... als zufällige Bibliotheksbekanntschaft.«
Ich
verstehe nicht so recht, warum er unsere Rollen präzisieren muss, wiederhole aber, dass ich dankbar dafür bin, dass er sich
zur Verfügung stellt. Dann erkläre ich, dass er freie Hand hat, welche Fragen
auch immer zu stellen. Wenn ich nicht antworten will, dann brauche ich ja nur
zu schweigen. Auch ich suche mir meine Gassen selbst aus.
»Ausgezeichnet«,
sagt er lachend. »Aber erwarten Sie nicht, dass ich Ihnen erklären kann, was
hier vor sich geht. Ich muss sagen,
es ist verwirrend. Äußerst verwirrend, schade, dass ich nie die Gelegenheit
hatte, Ihre Frau kennen zu lernen.«
»Wieso
das?«, frage ich.
»Um
ihre
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