Nestroy-Jux: Ein Wiener Kaffeehauskrimi (German Edition)
in deinem Computer Fotos von
allen Schauspielern haben. Die brauche ich.«
»Wo soll
ich sie denn hinschicken? Du hast ja keinen Computer«, erwähnte Korber amüsiert.
»Computer,
papperlapapp! Du wirst die Fotos, ich glaube man nennt das ausdrucken, und zwar
noch heute, und mir morgen vor Schulbeginn ins Kaffeehaus bringen. Das ist von allerhöchster
Wichtigkeit, hast du verstanden?«
Korber stöhnte:
»Bitte versuche nicht, mich moralisch unter Druck zu setzen. Das ist eine Menge
Arbeit, und ich bin dazu jetzt nicht aufgelegt. Ich habe gesagt, ich habe keine
Zeit, und dabei bleibt es.«
»Bitte!
Wenn du willst, dass ein Verbrecher seiner gerechten Strafe entgeht, nur weil ein
gewisser Herr gerade zu etwas nicht aufgelegt ist …«
Jetzt war
Gelis Stimme im Hintergrund zu vernehmen. Es hörte sich so an, als ob sie kurz mit
Korber debattieren würde. »Na schön«, kam es dann ein wenig genervt von Korber.
»Aber das ist wirklich alles, was ich für dich tue.«
»Habt ihr
ein Bild von Walters auch noch dabei? Das bräuchte ich am dringendsten.«
»Du könntest
Glück haben.«
Leopold
ließ ein paar Sekunden verstreichen, dann nahm er einen letzten Anlauf: »Eine Kleinigkeit
noch, eine winzige Bitte. Du verstehst dich doch jetzt so gut mit Inspektor Bollek.
Vielleicht könntest du ihn morgen treffen und ein bisschen mit ihm plaudern. Dabei
wird er dir sicher etwas über die neuesten Entwicklungen im Fall Walters berichten.
Der Richard ist im Augenblick so stur, weißt du, und lässt mich komplett hängen!«
»Leopold,
jetzt ist es genug«, wehrte Korber entrüstet ab. »Ich sage nein, nein und nochmals
nein! Du weißt offensichtlich nicht, was es heißt, auch einmal ein Privatleben zu
haben!«
»Willst
du mich wirklich komplett im Stich lassen? Du maulst ja bereits wegen jeder Bagatelle.
Bollek und du, ihr seid doch seit einiger Zeit ein Herz und eine Seele, da wird
es ein Leichtes für dich sein …«
»Können
wir das Gespräch jetzt beenden? Ob und wann ich mit Norbert etwas vereinbare, das
lass gefälligst meine Sorge sein.«
Leopold
merkte, dass er gegen so viel Widerstand nicht ankam. »Des Menschen Wille ist sein
Himmelreich«, seufzte er. »Das muss ich akzeptieren, obwohl wir den Fall so nie
lösen werden. Mir wird überall das Wasser abgegraben, und dass die Polizei den Täter
findet, glaubst du doch selbst nicht. Du warst meine letzte Hoffnung.«
»Ich bringe
dir die Fotos ja morgen vorbei«, beruhigte Korber ihn, und es klang wie eine Entschuldigung.
»Es ist nur so, dass ich eben derzeit …«
»Schon gut«,
unterbrach Leopold. »Irgendwie bringe ich die Sache schon weiter.«
14
»Eine Million ist eine schussfeste
Brustwehr, über welche man stolz hinabblickt, wenn die Truppen des Schicksals heranstürmen
wollen.« (Nestroy: Zu ebener Erde und erster Stock)
Es war am Montagmorgen kurz nach
acht Uhr und Oberinspektor Richard Juricek wollte gerade das Büro verlassen, um
einige Dinge im Fall Herwig Walters zu erledigen, als sein Telefon läutete. »Juricek«,
meldete er sich.
»Oberinspektor
Juricek? Sind Sie mit den Ermittlungen im Fall Walters betraut?«, fragte eine weibliche
Stimme.
»Ja!«
»Gehe ich
recht in der Annahme, dass dieser Herr Walters früher Walter Kalbfleisch geheißen
hat?«
Juricek
horchte auf. »Ja, weshalb wollen Sie das wissen?«
»Ich bin
mir sicher, dass ich … entschuldigen Sie, dass meine Tochter seine Alleinerbin ist«,
sagte die Stimme. »Können Sie mir da weiterhelfen?«
»Leider
nicht, wir wissen noch viel zu wenig«, gab Juricek Auskunft. »Etwa, ob es ein Testament
gibt, in dem Herr Walters jemand Besonderen begünstigt hat. Woraus leiten Sie Ihren
Anspruch ab?«
»Meine Tochter
ist eine uneheliche Tochter von Herrn Walters, und, soviel ich weiß, sein einziges
Kind. Es gibt auch sonst keine lebenden Verwandten.«
»Dürfte
ich Sie zunächst einmal um Ihren werten Namen bitten?«
»Claudia
Riedl.«
Wiederum
zog Juricek die Augenbrauen leicht nach oben. »Ist Ihre Tochter vielleicht jene
Anette Riedl, die ins Gymnasium in der Franklinstraße geht und derzeit bei der dortigen
Schauspielgruppe mitmacht?«
»Jawohl!«
Juricek
schrieb alles sorgfältig auf. Er hatte es dann Schwarz auf Weiß und konnte jederzeit
in Ruhe darüber nachdenken. Und nachdenken würde er über diese neue Entwicklung
wohl müssen. »Bitte halten Sie sich einstweilen zu unserer Verfügung, Frau Riedl«,
teilte er ihr mit. »Sind Sie zu Hause? Dann schaue ich
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