Nett ist die kleine Schwester von Scheiße
hat auszugehen, als sich dafür eine fadenscheinige Ausrede ausdenken zu müssen.
Als die 40 Tage vorbei waren, war Jürgen Schmieder froh, auch wieder auf ein paar Notlügen zurückgreifen zu können. Doch auf seinen neu gewonnenen Mut zur Ehrlichkeit mag er nicht mehr verzichten. Natürlich kann Ehrlichkeit auch verletzend sein, dazu meint Jürgen Schmieder: »Ehrlichkeit bedeutet, genau das zu sagen, was einem gerade durch den Kopf geht. Und wenn mir eine Beleidigung durch den Kopf geht, verlangt das Prinzip Ehrlichkeit, dass ich sie ausspreche. Früher hätte ich die Beleidigung eher runtergeschluckt oder abgeschwächt. Heute sage ich: ›Sie Idiot‹, wenn ich so denke. Denn jemanden anzulügen, ist auch beleidigend.«
Die Lügenstrategie
»Wahrheit ist was für Schwächlinge und
Einfallslose. Der eigenständige Mensch
geht nicht ehrlich durchs Leben, nur Opfer
lieben die Wahrheit. Weil Opfer es lieben,
andere zum Täter zu machen und ihnen aufs
Brot zu schmieren, dass sie sie wieder
enttäuscht und angelogen haben.«
Dr. Jürgen Stepien
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Die Wahrheit zu sagen, ist kein Wert an sich. Manche Leute brüsten sich nach einem Fehltritt damit, dass sie diesen wenigstens eingestanden haben. Ursache dieser Wahrheitsliebe ist aber ihr Unvermögen, mit diesen Dingen selbst klarzukommen. Lügen ist also keine Sünde, sondern Teil eines selbstbestimmten Handelns.
Das Wichtigste beim Lügen ist aber: Haben Sie einmal damit angefangen, dürfen Sie nicht einknicken. Auf keinen Fall, niemals, ganz gleich, wie bedrückend die Beweislast auch sein mag. Haben Sie einen Knutschfleck, behaupten aber, nicht zu wissen, woher? Bleiben Sie dabei, denn niemand hat das Recht, von Ihnen zu verlangen, über Dinge zu sprechen, über die Sie nicht reden wollen.
Auch ein Freund namens Christoph konnte lange Zeit nicht lügen. Ein großer Nachteil, denn schließlich gibt es immer irgendetwas, das man selbst gerne tut, was dem Partner zum Beispiel aber nicht passt und man daher gerne verschweigen möchte. Es blieben Christoph also nur zwei Möglichkeiten: entweder er unterdrückte seine Wünsche, oder er tat trotzdem, was er wollte, hatte dabei aber das unangenehme Gefühl, bei gezielter Nachfrage alles gestehen zu müssen.
»Das machte mich unsicher und unfrei«, erklärte Christoph, »denn dann ist man nicht Herr der Lage. Frauen auf den Hintern zu schauen oder mit einer Exfreundin in die Disko zu gehen und rumzuknutschen, macht einfach keinen Spaß, wenn man hinterher dem Polizeiverhör der aktuellen Freundin nicht gewachsen ist. Es aber nicht zu tun, nur um diesem Konflikt aus dem Weg zu gehen, ist meiner Meinung nach eine armselige Lösung. Jetzt habe ich mich weiterentwickelt und kann Menschen ohne Hemmungen ins Gesicht lügen, wenn es sein muss. So habe ich die volle Entscheidungsgewalt über alles zurückerobert, was ich tue.«
Er muss sich auch nicht mehr wie ein Versager vorkommen, wenn er die Einladung einer Exfreundin ablehnt, eine Nacht mit ihr zu verbringen. Schließlich könnte er, wenn er wollte.
Sein Lehrmeister in diesem Entwicklungsprozess waren übrigens die Frauen. Denn auch seine Freundin traf sich durchaus mit Menschen, für die sie nicht nur rein freundschaftliche Gefühle hegte. Erstaunt hatte Christoph, dass seine Freundin im Gegensatz zu ihm keinerlei Probleme hatte, alles abzustreiten. Selbst wenn Beweise in Form von Zeugenaussagen von Dritten, Fotos, Haaren am Kragen, einem fremden Parfümduft im Haar usw. vorlagen, blieb sie bei ihrer Version. Das hat ihm deutlich gemacht, wie machtlos man gegenüber hartnäckigen Lügnern ist und auch wie aufreizend ein solches Verhalten wirkt. Er lässt sich auch nicht mehr von der angeblichen Hellsichtigkeit mancher Frauen verunsichern: »Früher wurde ich von Frauen öfters diverser Vergehen beschuldigt und dachte immer: Woher weiß sie das? Ich war davon überzeugt, dass Frauen einen sechsten Sinn haben und einen durchschauen und Leugnen daher zwecklos ist. Heute weiß ich, dass das Unsinn ist. Frauen beschuldigen einfach auf Verdacht und bohren dann so lange nach, bis man irgendetwas gesteht. Jetzt, da ich kein schlechtes Gewissen mehr habe und Mann genug bin, alles abzustreiten, kann ich Frauen wieder gleichberechtigt und auf Augenhöhe begegnen.«
Die-Niemals-zu-nett-sein-zu-
Leuten-die-Sie-mögen-Strategie
Ein besonderes Augenmerk der Alzheimerforschung liegt auf dem Zusammenhang zwischen Krankheitsverlauf und Einsamkeit des Patienten. Der Faktor
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