Nett ist die kleine Schwester von Scheiße
Sex angeboten wurde. Er hat übrigens im Laufe dieses Abends eine Frau gefunden. Als er mit ihr im Arm an mir und meinen Freunden vorüberkam, zwinkerte er mir zu.
Ganz anders ein Mann auf einer Geburtstagsparty eines Freundes: Sämtliche Gäste hatten sich in der Küche versammelt, und er stand allein an der Tür und schaute ständig zu mir herüber. Sogar mein Gesprächspartner bemerkte dies und meinte, dass er mich für einen Moment allein lassen würde, um dem Mann die Gelegenheit zu geben, mich anzusprechen. Doch auch die nächsten zwei Stunden löste dieser sich keinen Millimeter vom Türrahmen, obwohl ich ihn mit Blicken dazu aufforderte. Irgendwann ist er dann gegangen.
Ich treffe mich mit Dietlind Tornieporth, der Expertin fürs unverschämt erfolgreiche Verführen. In ihrem Buch Die perfekte Verführerin beschreibt sie, dass es viele Männer gibt, deren Puls in der Gegenwart einer Frau zu rasen anfängt, andere bekommen schwitzige Hände, bei manchen geschieht sogar beides. Sobald sich ein Gespräch anbahnt, bekommen sie keinen vernünftigen Satz mehr heraus. Und vielen Frauen geht es natürlich genauso. Das ist auch kein Wunder, denn von Kindheit an wird jedem eingeimpft, dass er im Umgang mit Mitmenschen alles richtig machen muss. Wird jemand einmal abgelehnt oder als unverschämt empfunden, hat er versagt.
Eine der der häufigsten Fragen in meinen Smalltalkseminaren ist: »Was ist, wenn der andere nicht will?« Dabei wollen meine Seminarteilnehmer gar nicht Sex, Liebe oder Geld von ihren Mitmenschen, sondern würden zum Beispiel einfach gerne einen Kollegen aus einer anderen Abteilung fragen, ob er mit ihnen mittagessen geht. Kaum einer der Teilnehmer befürchtet dabei, brüsk abgewiesen zu werden, vielmehr, dass der Kollege zusagt, aber nur aus Höflichkeit. Dann fände zwar ein gemeinsames Essen statt, aber der Kollege bereute womöglich jede gemeinsam verbrachte Minute.
Das Dumme daran ist nur, dass es unmöglich ist zu wissen, was jemand anderer möchte, bevor man den speziellen Fall nicht erlebt hat. Natürlich kann auch ich nicht dabei helfen, herauszufinden, ob ein mir unbekannter Kollege tatsächlich gerne mit einer Kollegin mittagessen geht oder nicht.
Das Gute daran ist: Man muss es eigentlich auch gar nicht wissen. Die komplizierten Gedankengänge mancher Seminarteilnehmer sind das Produkt eines Bemühens, das von Haus aus zum Scheitern verurteilt ist. Nämlich das Risiko auszuschließen, irgendeine Art von Missfallen bei einem anderen Menschen zu erregen.
So beraubt man sich damit der Möglichkeit, mehr über Menschen und ihre Bedürfnisse herauszufinden: Ein Mann, der nie eine Frau anspricht, weiß natürlich sehr viel weniger über Frauen als der Mann, der mich auf der Party gefragt hat, ob ich Sex mit ihm haben will. Dieses Wissen sollte einem schon einige Ablehnungen wert sein.
Leider ist das nicht bei vielen der Fall. Werde ich in einem Seminar gefragt, wie man denn bei einer Firmenfeier Gäste aus dem Ausland ansprechen könne, die einsam in der Ecke stehen, kann ich sicher sein, dass die Antwort auf meinen Vorschlag, sich vorzustellen und ihnen anzubieten, die Büroräume zu zeigen, sein wird: Und wenn die Gäste das nicht wollen?
Ein anderes lästiges und bekanntes Problem sind die jährlichen Betriebsfeiern, bei denen Smalltalk mit langweiligen Kollegen aus anderen Abteilungen angesagt ist. Meine Seminarteilnehmer bitten mich für diese Gelegenheiten oft um Themenvorschläge, nur um dann jedes vorgeschlagene Thema mit der Frage zu quittieren: »Was mache ich, wenn das meinen Gesprächspartner nicht interessiert?«
Sinn und Zweck dieser absurden Überlegungen ist immer, den Kontakt mit Fremden unmöglich zu machen.
Dabei ist es ganz gleich, was wir sagen und tun, Hauptsache, wir tun überhaupt etwas.
Dietlind Tornieporth rät Frauen in ihren Seminaren, eine Woche lang Männer anzusprechen, aber nicht, um erfolgreich mit ihnen zu flirten, sondern um sich dabei bewusst einen Korb einzuhandeln. Das heißt, sie sollen im Supermarkt, auf Partys, im Kino, in der U-Bahn oder im Restaurant Männer mit einem Lächeln ansprechen, sie dabei aber auch ein wenig provozieren – mit flapsigen Bemerkungen oder frechen Sprüchen. So lange, bis sie sich die erste herbe Zurückweisung eingefangen haben. Die meisten Frauen werden die Feststellung machen, dass es dazu nicht kommt.
Beim Flirten kann man nicht
unverschämt genug sein.
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»Frauen versuchen immer, nett zu
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