Neue Zeit und Welt
Bären-Häuptling wiegte den Kopf.
»Ich kann diese Stadt nicht ertragen, aber Jarl, unseren König, auch nicht im Stich lassen …« Er verstummte und starrte Beauty an, als sähe er ihn zum ersten Mal. »Ah, Beauté Centauri«, schrie er und umarmte den Zentaur.
Beauty erwiderte die Umarmung und setzte sich zu dem alten Bären. D’Ursu ergriff wieder das Wort.
»Was für ein abscheulicher alter Bär bin ich geworden! Das ist die stinkende Stadt, sage ich dir – aber darauf darf man sich nicht hinausreden, ich weiß. Du brauchst Hilfe, das sehe ich dir an. Wie kann ich dir helfen?«
»Ich will gleich zur Sache kommen, weil ich keine Zeit habe, alter Freund. Meine Frau Rose ist verschwunden. Ich habe ihre Fährte nach Süden aufgespürt – zur Stadt ohne Namen. Ich brauche Hilfe, um in die Stadt zu gelangen.«
»Deine Frau Rose.« Der Bär kratzte sich mit der Tatze im Gesicht. »Ein Mensch, nicht wahr? Soviel ich mich erinnere, hast du sie bei unserem letzten Zusammentreffen auch in Richtung Süden verfolgt. Hast du sie immer noch nicht gefunden? Oder läuft sie immer wieder davon?«
»Mach keine Witze mit mir, D’Ursu. Ihre Abwesenheit hat mir ein Stück aus dem Herzen gerissen.« Er berichtete dem Bären, wie der Schatten früherer Zeiten ihn und Rose eingeholt hatte; dass sie durch Zufall auf einen von Roses alten Anschlusspartnern gestoßen waren, worauf sie und der Angestöpselte sich flüsternd und lange über Gemeinsames unterhalten hatten, bis Rose endlich fortgegangen war, zurück in die Stadt, aus der sie einmal entkommen waren.
»Aber warum denn nur?« fragte D’Ursu verständnislos, die Augen zusammengekniffen.
»Ich glaube deshalb, um etwas von sich selbst wieder zu finden, von dem sie das Gefühl hatte, es sei verloren.«
Der Bär begriff nicht.
»Wie menschlich«, sagte er betroffen.
»Ja«, bestätigte Beauty, »ganz menschlich.« In seiner Stimme schwang Liebe mit.
»Und dieser andere Mensch, dieser Angestöpselte«, sagte der Bär, »was war er für einer?«
»Ich mochte ihn nicht.« Beauty schloss die Augen, um das Bild des Fremden zu verscheuchen, aber nun trat es um so deutlicher hervor, so dass er sie rasch wieder öffnete. »Er hatte die Angewohnheit, alles im Verschwörerton von sich zu geben, als ob es vor jedem, mit dem er nicht direkt sprach, geheim gehalten werden müsse. Eingeschlossen zu werden, gefiel mir nicht mehr, als ausgeschlossen zu bleiben. Aber es gab vieles, was er mit Rose gemeinsam hatte und von dem ich nichts erfuhr.« Man sah dem Zentauren an, dass ihn das quälte. »Er hieß Schwarzwind. Ich mochte ihn nicht.«
D’Ursu ließ seine Beine in den Teich baumeln.
»Und jetzt willst du wieder in die Stadt hinein, in der fast nur Neurowesen und Vampire wohnen, und nach Rose suchen. Beauté, versteh mich nicht falsch, aber das scheint mir sinnlos zu sein. Sie hat dich aus freien Stücken verlassen, nicht wahr? Was, wenn du sie findest und sie nicht mit dir zurückgehen will?«
Für Beauty war das eine schwere Frage, aber er hatte sich ihr schon gestellt.
»Wenn sie dort bleiben will, lasse ich sie allein und suche mir etwas anderes. Aber zuerst muss ich sie finden und sie danach fragen.«
D’Ursu Magna rollte sich ins Wasser, schwamm sechs, sieben Meter hinunter, um ein Dutzend Fische zu schnappen, die er im Auge gehabt hatte, dann tauchte er wieder auf und kletterte ans Ufer.
»Ich glaube, ich kann dir helfen«, sagte er, das Maul voll Fisch. »Und mich gleichzeitig von dieser abscheulichen Stadt befreien.« Er stand auf und wischte sich mit dem Tatzenrücken die Schnauze. »Warte hier, Beauté Centauri. Ich habe zu tun. Bis Sonnenuntergang bin ich wieder hier.« Damit watschelte er zurück nach Newport.
Beauty sah ihm voll Zuneigung nach und versuchte, den Hoffnungsfunken nicht verglimmen zu lassen, den der ergrauende alte Bär entzündet hatte.
Jarl, der Bärenkönig, blickte auf das Meer hinaus. Es zersplitterte das Sonnenlicht mit seiner wogenden Stille, wie das ein vielfach geschliffener Edelstein tut.
»Es ist kalt, auch so tief im Süden«, sagte D’Ursu. »In Newport ist es früher nie so kalt gewesen.«
»Mir gefällt die Kälte«, knurrte Jarl.
D’Ursu schwieg. Er wählte mit Bedacht die Fragen aus, über die er sich mit seinem König auf Streitigkeiten einließ.
Jarl reckte die Nase in den Wind.
»Meine Berater sagen, der Doge wird vom Wasser aus angreifen – er wird eine Armada schicken. Ich bin anderer Meinung, D’Ursu. Was sagst
Weitere Kostenlose Bücher