Neugier und Übermut (German Edition)
Geschäftsordnung des WDR für eine Entscheidung des Fernsehdirektors?«
»Er hat eine beratende Stimme«, antwortete der Justitiar.
»Dann entscheide ich, dass dieser Beitrag läuft«, sagte Höfer.
In dem Bericht war noch ein Interview von mir mit Hauser. Und der Stellvertretende Direktor der SEC, Timmeny, hatte bemerkt, Hauser habe unter Eid ausgesagt »und wenn seine Angaben falsch sind, ist dies ein Meineid«. Darauf stehen bis zu fünf Jahre Gefängnis. Und Senator William Proxmire, der die Schmiergeldpraktiken von US-Konzernen im Kongress untersuchte, sagte: »Wenn jemand Bestechungen zugibt, ist es höchstwahrscheinlich auch so gewesen. Denn man würde kaum vorgeben, an einer Bestechung beteiligt gewesen zu sein. Man gibt so etwas zu, um Einsicht zu beweisen und einer Strafe zu entgehen. Wenn er es sagt, dann wird es schon so sein. Obwohl ich es nicht weiß.«
Ja, man wusste es nicht. Die CSU zog vor Gericht. Und ich erhielt von Panorama-Chef Gerhard Bott einen Anruf, der mich fragte, ob ich bereit sei, auch für Panorama über den Fall Lockheed zu berichten, falls sich etwas Neues ergäbe. Das sagte ich zu. Aber es ergab sich nichts. Im Februar nahm ich mit Manfred Pütz vom WDR-Justitiariat an einer Verhandlung über die Klage der CSU gegen den WDR bei Gericht in München teil. Der Anwalt der CSU verließ den Tisch, als das Gericht mich bat, dort Platz zu nehmen. Übrigens hat der WDR all diese Verfahren gewonnen. Die Berichterstattung war rechtens gewesen.
Dann fuhr ich mit zwei Freunden nach Lech in den Schnee und als ich gerade einen Tag auf den Skiern gestanden hatte, meldete sich schon Bott.
Ich müsse nun dringend nach Washington, es gebe Neues … Ich rief Claus-Hinrich Casdorff an, der meinte, ich solle mir die Zustimmung von Werner Höfer holen. Der sagte am Telefon, ich solle losfahren, es sei journalistisch geboten.
Also flog ich wieder nach Washington, traf wieder Hauser, machte Interviews mit den Senatoren Church, Proxmire und Percy, die alle an dem Thema arbeiteten, sprach wieder mit Mister Timmeny von der SEC, der Börsenaufsicht. Er deutete auf einen Ordner hinter sich und sagte: »Darin steht alles, was Sie wissen möchten!« Aber im Gespräch war er vorsichtig. Er erklärte mir, wie man Geld, das als Bestechungsgeld gilt, in der Schweiz so »wäscht«, dass es in Deutschland nicht nachzuverfolgen ist.
Aber auch dieser Bericht brachte keinen Beleg, wonach Lockheed Strauß oder der CSU Bestechungsgelder gezahlt hat. Als ich nach meinem Ausflug zu Panorama wieder in die Monitor- Redaktion kam, sagte mir Claus-Hinrich Casdorff: »Bei mir wäre dieser Bericht nicht gelaufen.«
Ein Jahr später verließ ich Monitor, und es begann meine Zeit als Auslandskorrespondent. Das waren die schönsten und reichsten Jahre meines journalistischen Lebens. Washington, Paris, New York, mit Abstechern nach China. Auf einem dieser Posten traf ich dann Hanns Joachim Friedrichs, der mir nicht nur ein guter Freund, sondern in manchen Dingen auch ein Lehrmeister wurde.
In wenigen Berufen kann man die Arbeit einer Person so genau beurteilen wie im Journalismus. Ein Kommentar, eine Reportage, ein Artikel oder eben ein Film zeigen, was den Autor ausmacht. Aber ich habe erlebt, dass sich Journalisten selten untereinander loben. Vielleicht wird das von einer Mischung aus Konkurrenzneid und Eitelkeit verhindert.
Hanns Joachim Friedrichs war da ganz anders. Als ich ihm zum ersten Mal begegnete, war er eine Koryphäe des deutschen Fernsehens, hatte schon alle Publikumspreise erhalten und stand wahrscheinlich in der Beliebtheits- und Bekanntheitsskala ganz oben. Ich dagegen war ein junger, unbekannter Korrespondent in Paris und hatte gerade in China mehrere Filme gedreht, etwa über den Bruder des letzten Kaisers von China, aber auch ein Feature über das ganz normale Leben einer chinesischen Familie in Peking.
Bei einer politischen Festivität in Bonn kam er auf mich zu und sagte, wie sehr ihm mein Film über die chinesische Familie gefallen habe. Ich war verblüfft. Verblüfft, weil er sich den Film angesehen hatte, verblüfft, weil er mich lobte. Damit konnte ich überhaupt nicht umgehen. Ein Jahr später wurden wir zur selben Zeit Studioleiter in New York. Er für das ZDF, ich für die ARD. Und wir wurden enge Freunde.
Hajo lebte zweihundert Meter entfernt von unserer Wohnung. Und da er keine Familie hatte, feierte er Weihnachten stets mit uns.
Sein Büro lag auf der 57th Street Ecke 10th Avenue, mein
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