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Neumond: Kriminalroman (German Edition)

Neumond: Kriminalroman (German Edition)

Titel: Neumond: Kriminalroman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Daniela Larcher
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Gammelfleisch. »Können wir die Sache damit vergessen? Ist ja alles glimpflich ausgegangen.«
    Morell überlegte kurz. »Von mir aus«, sagte er. »Unter einer Bedingung.«
    Lechner grummelte etwas, das Morell zum Glück nicht verstand.
    »Wie bitte?«
    »Nix. Passt schon. Was?«
    »Sie kommen jetzt mit mir in die Kantine und werden dort alle meine Fragen beantworten.«
    Lechner sagte nichts, sondern drückte seine Zigarette aus, räumte die Schneeschaufel aus dem Weg und folgte Morell mit einem Gesichtsausdruck, der so viel Unmut ausdrückte, dass er für eine ganze Wagenladung Akkordarbeiter an einem Montagmorgen gereicht hätte.
    »Können Sie sich an eine gewisse Jutta Zöbich erinnern? Sie hat in den 70 er Jahren hier gearbeitet.« Morell stellte eine Tasse Tee und einen Kaffee für Herrn Lechner auf dem weißen Plastiktisch ab. Er hatte auch eine Handvoll Servietten mitgebracht und fing nun an, sich selbst provisorisch trockenzulegen. »Jutta Zöbich«, wiederholte er, nachdem der Hausmeister nicht gleich antwortete.
    »Jajaja … Stressen Sie doch nicht gleich so herum. Ich denk’ noch nach. Die 70 er sind schon eine Zeit her. Es ist ja nicht so, als hätten Sie mich gefragt, was ich heute zum Frühstück gegessen habe.« Lechner nahm einen Schluck Kaffee und schaute dann auf Morells schwarze Hose, die im Schritt voller weißer Papierfusseln war. »Keine gute Qualität, die Servietten. Jetzt schaut es noch schlimmer aus als vorher.«
    Morell seufzte und fing an, die Fusseln wegzuklauben, was ihm einige pikierte Blicke vom Nebentisch einbrachte.
    »Ist das die Schwester, die verschwunden ist? Meinen Sie die?« Lechner schaute die Krankenschwestern am Nebentisch an und schenkte ihnen einen grantigen Blick. »Stellt euch nicht so an«, raunzte er. »Ihr habt doch schon ganz andere Sachen gesehen.«
    »Genau die meine ich«, unterbrach Morell ihn, um noch mehr Aufsehen zu vermeiden. »Können Sie sich noch an sie erinnern?«
    Lechner rollte mit den Augen. »Na offensichtlich schon. Das war eine ziemlich Hübsche. Hat damals allen ganz schön den Kopf verdreht.«
    »Und dann?«
    »Nix.« Lechner trank seinen Kaffee aus und warf einen abschätzigen Blick auf Morells Hose. »Die Polizei hat ein bissi rumgefragt, aber das war’s dann auch schon. Junges, hübsches Ding. Die wird wohl mit einem Patienten durchgebrannt sein oder irgendwo einen besseren Job gefunden haben. Weiber sind oft launisch und sprunghaft. Die Zöbich sicher auch.« Er überlegte kurz. »Hat sie etwa was mit dem Tod von Schwester Sabine zu tun?«
    »Nachdem sie zur Tatzeit skelettiert in einem Bananenkarton gelegen ist, denke ich doch eher nicht.« Morell stand auf, ließ die Fusseln Fusseln sein und ging in Richtung Empfang. »Ach ja«, drehte er sich noch einmal zu Hausmeister Lechner um. »Passen Sie ab sofort besser auf Ihre Geräte auf – es gibt hier schon Tote genug.«
     
    Schwester Helen freute sich über Morells erneutes Auftauchen ungefähr so sehr, wie man sich über das Entstehen einer Herpesblase freut.
    »Ja?«, war alles, was sie hervorbrachte. Ihre Spaghettihaare hatte sie heute zu einem dünnen Zopf geflochten, und der rote Lippenstift, den sie trug, betonte den verbissenen Zug um ihren Mund, der so verkniffen war, dass Morell sich ehrlich fragte, wie sie damit essen konnte. Sie starrte mit einem so eisigen Blick auf die Fusseln in seinem Schritt, dass er schon fürchtete, er könnte für immer steril davon werden.
    »Ich bräuchte noch eine Personalakte.« Er zog seine Jacke nach unten.
    »Aha.«
    »Jutta Zöbich.«
    »Kenn ich nicht.«
    »Die Akte ist nicht aktuell, sondern aus den 70 ern.«
    »Weiß der Herr Doktor davon?«
    »Nein, aber er hat mir gestern seine volle Unterstützung zugesichert.«
    »Ohne seine dezidierte Erlaubnis kann ich Ihnen keine Akte geben.« Sie wandte sich wieder ihrem Computer zu.
    Morell hätte sie am liebsten an ihrem Spaghettizopf gepackt und einmal ordentlich durchgeschüttelt, aber er hielt sich zurück. »Könnten Sie ihn dann bitte kurz anrufen und seine dezidierte Erlaubnis einholen?«
    »Er ist auf Visite. Ich kann ihn frühestens in einer halben Stunde erreichen. Sie können ja solange warten.« Sie reichte ihm eine Broschüre über die Gefahren von Übergewicht und sah ihn gehässig an.
    Vor Morells innerem Auge nahm Schwester Helen gerade ihren Platz im neunten Höllenkreis ein, gleich neben Judas, Brutus, Cassius und der Pelzlady. »Und Sie können sich ganz sicher nicht an

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