Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Neun Tage Koenigin

Neun Tage Koenigin

Titel: Neun Tage Koenigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Meissner
Vom Netzwerk:
geschieht denn jetzt mit dem Baby?“
    Nan zuckte mit den Achseln. „Der Admiral wird sich nicht darum kümmern, da kannst du sicher sein. Die Kleine wird bestimmt zu irgendwelchen entfernten Verwandten gegeben. Er wollte nämlich einen Jungen, weißt du.“
    „Und du reist also heute Abend ab?“, fragte ich, weil nicht so genau wusste, wie ich unser Gespräch fortsetzen sollte.
    „Ja, genau. Der Admiral kann bei der Beerdigung der Königinwitwe nicht dabei sein. Auch wenn er mit ihr verheiratet war, war sie schließlich immer noch die Witwe von König Heinrich. Es wäre unschicklich, wenn er zugegen wäre, das habe ich jedenfalls gehört. Als ob bisher alles schicklich gewesen wäre!?“
    Nan schien nur darauf zu warten, dass ich nachfragte. Ich rieb mir das Kinn. „Dann gehst du also wieder zurück nach Chelsea?“
    „Ja, natürlich. Auch wenn …“, und sie beugte sich ganz nah zu mir hin, obwohl sonst niemand im Raum war, „… ich
ganz sicher bin, dass der Admiral sofort nach Jane schicken lassen wird.“
    „Aber Jane hat mir gesagt, dass sie wieder nach Hause, nach Bradgate, zurückkehren wird“, wandte ich ein.
    „Ja, aber das heißt ja nicht, dass der Admiral nicht darum bittet, sie weiter als sein Mündel behalten zu können. Oder vielleicht sogar noch als etwas anderes …“
    Sie legte den Kopf schräg, als erwarte sie von mir, dass ich ihren Satz beenden könne, aber ich wusste ehrlich nicht, was sie da andeuten wollte.
    „Etwas anderes?“
    „Na, als seine Frau natürlich!“
    Ich schnappte entsetzt nach Luft. „Aber da irrst du dich ganz bestimmt. Lady Jane ist doch erst elf Jahre alt.“
    Nan nickte. „Ja, aber der Lord Admiral hat sich auch schon an Prinzessin Elisabeth herangemacht, und die ist ebenfalls erst in meinem Alter, also fünfzehn! Sie wollte ihn übrigens nicht.“
    Ich war so überrascht, dass mein Löffel irgendwo zwischen Teller und Mund ins Stocken geriet. „Der Admiral hat Prinzessin Elisabeth den Hof gemacht? Jetzt schon?“
    „Sie musste uns doch verlassen, weil er scharf auf sie war. Hast du das nicht gewusst? Schon bevor die arme Königin gestorben ist, war er hinter der Prinzessin her. Jetzt, wo die Königin tot ist, hat der Lord Admiral niemanden mehr, und sein verhasster Bruder, der Lordprotektor, hat großen Einfluss beim jungen König. Wenn der Admiral Prinzessin Elisabeth nicht haben kann, dann wendet er seine Aufmerksamkeit natürlich seinem Mündel zu. So ist er nun mal. Er will unbedingt Macht haben, glaub mir. Ich habe viel gesehen in den drei Jahren, seit ich seine Kleidung nähe.“
    Sie trank einen Schluck und machte dann den Mund auf, um weiterzuerzählen, aber ein Schatten huschte an der Tür vorbei, und dann blickte Alice in den Raum.
    „Habe ich dir nicht gesagt, dass du dich beeilen sollst, Mädchen? Die Kutsche fährt in zehn Minuten!“
    Nun stand Nan auf und wischte sich mit dem Finger einen Krümel aus dem Mundwinkel. Alice machte keinerlei Anstalten, wieder zu gehen. Nan schaute zu mir hinunter und sagte: „Leb wohl, Lucy. Vielleicht sehe ich dich ja in Chelsea wieder. Das heißt natürlich nur, wenn du bei Lady Jane bleibst.“
    „Also los, nun mach schon!“, fuhr Alice sie an.
    „Leb wohl“, sagte ich.
    Nan verließ, gefolgt von Alice, den Raum, sodass ich jetzt allein war. Von dem Feuer auf dem Kaminrost war nur noch ein Häufchen glimmende Asche übrig. Ich trank einen Schluck von meiner Brühe, aber die war mittlerweile längst kalt geworden.
    Dann ging ich die Treppe hinauf zur Garderobe und den Unterkünften für die Schneiderinnen, die daran angrenzten, weil ich unbedingt noch meinen Eltern schreiben wollte, wo ich gerade war. Als ich den Treppenabsatz betrat, kam ein Mann, der etwa so alt wie mein Vater war, um die Ecke, und ich trat einen Schritt zurück, um einen Knicks zu machen.
    Der Mann war groß, gutaussehend und trug Reisekleidung. Ich wusste sofort, dass dieser Mann Thomas Seymour sein musste, der Lord Admiral. Ich wartete, dass er weitergehen würde, und als er das nicht tat, blickte ich auf.
    „Bist du die Schneiderin von Bradgate?“ Seine Stimme war nicht unfreundlich, aber sein Tonfall klang alles andere als nur beiläufig interessiert.
    „Ja, Mylord.“
    „Hast du diesen Brief mitgebracht?“, fragte er und wedelte dabei mit einem Blatt Pergament vor meiner Nase herum. Ich hatte den Brief noch nie gesehen und wusste nicht, was ich antworten sollte.
    „Er befand sich in der Truhe von Lady Jane“, erklärte

Weitere Kostenlose Bücher