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Neuromancer-Trilogie

Titel: Neuromancer-Trilogie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: W Gibson
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Jahren, geschäftlich eben. Finne, sagt er, ich muss den Gravitationsschacht rauf. Gott ist da oben. Ich meine, er sagt, Gott ist überall, aber hier unten gibt’s zu viele atmosphärische Störungen, die verschleiern sein Gesicht. Okay, sag ich, tu das. Ich bring ihn zur Tür, und das war’s. Hab ihn nie wieder gesehn.«
    Bobby machte ein erstauntes Gesicht, wartete, rutschte ein wenig auf dem harten Klappstuhl herum.
    »Aber ein Jahr später, da kreuzt hier ein Typ auf, ein Mechaniker aus dem Orbit auf Urlaub, der hat gute Software zu verkaufen. Nichts Tolles, aber nicht uninteressant. Er sagt, es ist von Wig. Also, auch wenn Wig ein Spinner und seit langem aus dem Geschäft ist, hat er doch’nen Riecher für gute Ware. Also kauf ich das Zeug. Das ist vielleicht zehn Jahre her. Und seitdem taucht jedes Jahr oder so einer mit irgendwas auf. ›Wig sagt, ich soll dir das anbieten.‹ Und normalerweise kauf ich’s. War nie was Besonderes, aber immer okay. Und es war nie der gleiche Typ, der das Zeug gebracht hat.«
    »War’s immer nur Software, Finne?«, wollte Lucas wissen.
    »Ja, meistens schon. Bis auf die komischen Kunstdinger. Die hab ich ganz vergessen. Ich dachte, Wig hätte sie gemacht. Als
zum ersten Mal ein Typ mit so’nem Ding ankam, hab ich ihm die Software abgekauft und ihn dann gefragt, was ist das denn für’n Scheiß? Wig meint, du bist vielleicht dran interessiert, sagt er. Richt ihm aus, er hat sie nicht mehr alle, sag ich. Der Typ lacht. Na ja, behalt’s trotzdem, meint er, ich schlepp das Scheißding nicht wieder mit rauf. Na ja, es war ungefähr so groß wie’n Deck, das Ding, ein Haufen Ramsch und Plunder in so’nem Kasten … Ich hab’s also hinter die Coke-Kiste mit Alteisen gestellt und vergessen. Aber der alte Smith – war damals ein Kollege von mir, der hauptsächlich mit Kunst und Zeug zum Sammeln gehandelt hat – sieht es und will’s haben. Also machen wir’n kleines Geschäft. Wenn’s noch mehr davon gibt, Finne, sagt er, besorg’s mir! Es gibt Arschlöcher in den besseren Vierteln, die stehn auf so’nen Scheiß. Als wieder so’n Typ von Wig aufgetaucht ist, hab ich das Kunstding also mitgekauft und an Smith verscherbelt. Hat aber nie viel gebracht …« Der Finne zuckte mit den Achseln. »Außer letzten Monat. Da kam einer mit dem Zeug, das ihr gekauft habt. War von Wig. Hör zu, sagt er, das ist’n Biosoft und’n Eisbrecher, Wig meint, ist’ne Menge wert. Ich check das Ding durch, alles okay. Sah ganz interessant aus, fand ich. Dein Partner Beauvoir fand’s auch ziemlich interessant. Ich hab’s gekauft. Beauvoir hat’s von mir gekauft. Ende der Geschichte.« Der Finne zog eine Zigarette heraus, die gebrochen und zweimal geknickt war. »Scheiße«, sagte er. Er holte eine ausgebleichte Packung Zigarettenpapier aus derselben Tasche, entnahm eins der dünnen, pinkfarbenen Blättchen und rollte es straff um die gebrochene Zigarette. Eine Art Stützverband. Als er den gummierten Streifen anleckte, erhaschte Bobby einen kurzen Blick auf eine sehr spitze graurosa Zunge.
    »Und wo wohnt Mr. Wig, Finne?«, fragte Lucas, die Daumen unterm Kinn und die großen Hände vor dem Gesicht zu einem spitzen Dreieck gefaltet.

    »Ich hab nicht die leiseste Ahnung, Lucas. Irgendwo im Orbit. Und in einer bescheidenen Unterkunft, falls er auf die Kohle, die er von mir gekriegt hat, angewiesen war. Soweit ich weiß, gibt’s da oben Ecken, wo man kein Geld braucht, wenn man sich ins Wirtschaftssystem einfügt, also kommt man mit’n bisschen Knete wohl lange klar. Aber da darfst du mich nicht fragen. Ich hab nämlich Platzangst.« Der Finne schenkte Bobby, der das Bild der Zunge aus dem Kopf zu bekommen versuchte, ein hässliches Grinsen. »Weißt du«, sagte er mit einem schiefen Blick zu Lucas, »ungefähr um die Zeit hab ich zum ersten Mal gehört, dass in der Matrix komische Sachen passieren.«
    »Was denn zum Beispiel?«, fragte Bobby.
    »Halt du dich da raus«, sagte der Finne. Er sah immer noch Lucas an. »Das war, bevor ihr mit eurem neuen Hoodoo-Team aufgekreuzt seid. Da kannte ich mal so’nen Samurai der Strasse. Die Frau hat für’nen Typ von den Special Forces gearbeitet, gegen den Wig stinknormal ist. Sie und ihr Cowboy, den sie in Chiba aufgelesen hatten, die waren an so was Ähnlichem dran. Vielleicht haben die’s gefunden. Hab die beiden in Istanbul zum letzten Mal gesehn. Die Frau soll mal in London gelebt haben, vor’n paar Jahren. Wer weiß? Ist schon sieben,

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