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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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schlimm genug, aber noch viel schlimmer sind die Irrläufer, die Streuner. Der Fluss ist in den letzten Jahren arg versandet, und es gibt immer mehr Untiefen, wo früher keine waren. Da b raucht sich bloß mal ein streunender Baumstamm in einer Sandbank zu verkeilen, und schon fahren wir mit voller Fahrt auf ihn drauf und reißen uns den Rumpf auf. Der Ausguck und der Lotgast werden heute etwas tun für ihr Geld, und auch unsere Matrosen werden alle Hände voll zu tun h a ben. Trotzdem denke ich, dass wir Canby pünktlich e r reichen.«
    Sie diskutierten über unsere Ausschiffung dort und darüber, auf welchem Passagierschiff mein Vater unsere Weiterfahrt buchen sollte. Unser Kapitän mokierte sich ein bisschen über die großen Schiffe und sagte in mildem Spott, mein Vater sei gar nicht an ihrer Geschwindigkeit interessiert, es gehe ihm bloß um den Reiz des Neuen, um das Erlebnis, um die Gesellschaft der feinen Damen und eleganten Gentlemen, die diese vornehme Art des Reisens und den Luxus auf einem solchen Schiff der ka r gen Schlichtheit seines eigenen kleinen Nachens vorz ö gen.
    Während mein Vater dies lachend abstritt, stieg mir ein überaus unangenehmer Geruch in die Nase. Die Hö f lichkeit gebot, dass ich ihn ignorierte, aber er verdarb mir alsbald den Appetit und brannte mir in den Augen. Mit jeder Minute wurde der Gestank stärker. Unauffällig wandte ich den Blick zu der kleinen Kombüse, weil ich zunächst glaubte, mit dem kleinen Ölofen dort würde vielleicht etwas nicht stimmen, aber von dort kam kein sichtbarer Rauch. Der Gestank wurde immer heftiger. Er hatte eine höchst eigenartige Wirkung auf mich. Nicht nur stach er mir äußerst unangenehm in die Nase, ließ meine Augen tränen und reizte mich zum Husten, so n dern er erweckte in mir überdies ein Gefühl von Entse t zen, eine Panik, der ich nur mit größter Mühe Herr we r den konnte. Am liebsten wäre ich vom Tisch aufg e sprungen und nach draußen gerannt. Ich versuchte, mir unauffällig mit der Serviette die Tränen aus den Augen zu tupfen. Kapitän Rhosher grinste mich mitfühlend an. »Ach, das wird der süße Duft von Hartholz sein, der dir in die Nase steigt, mein Junge. Wir werden noch den ganzen Tag dicke Luft haben. Sie verbrennen das Abfal l holz, die grünen Zweige und die Ranken, um Platz zu schaffen, damit die Arbeitskolonnen leichter die Hänge hinauf und hinunter können. Dabei entsteht natürlich o r dentlich Qualm. Aber es ist immer noch nicht so schlimm wie das, was sie vor zwei Jahren ein Stück weiter flus s abwärts gemacht haben. Da haben sie einfach den ganzen Hang in Brand gesetzt und das Unterholz weggebrannt. Alles, was groß genug war, um stehenzubleiben, haben sie gleich abgeholzt, um d en Würmern zuvorzukommen. Schnell verdientes Geld, aber eine fürchterliche Ve r schwendung, wenn Ihr mich fragt.«
    Ich nickte, obwohl ich kaum verstand, was er da e r zählte. Das Frühstück konnte für mich gar nicht schnell genug zu Ende sein, und sobald es mir möglich war, vom Tisch aufzustehen, ohne unhöflich zu erscheinen, ging ich in der törichten Hoffnung, dort bessere Luft vorz u finden, nach draußen.
    Als ich auf das Deck trat, empfing mich ein unglaubl i cher Anblick. Der Himmel war schwarz von tief in der Luft hängendem Rauch. Die untere Hälfte des Hanges auf der Backbordseite des Bootes war allen Lebens en t kleidet. Jeder halbwegs große Baum war gefällt worden. Die rohen Stümpfe ragten bleich aus der vom Feuer ze r schundenen Erde hervor. Das Unterholz und die Schö ß linge, die der Axt entgangen waren, waren von den g e fällten Baumriesen, die über sie hinweg in den Fluss g e zerrt worden waren, regelrecht in zermalmt worden. Rauch stieg von den zu Scheiterhaufen aufgeschichteten und schwelenden Ästen und Zweigen auf. Die Glut im Herzen der Feuer glomm in einem dunklen, trüben Rot. Der Hang beschwor in mir das Bild von einem riesigen toten Tier herauf, das von Maden heimgesucht wurde. Männer liefen dort überall auf dem Hang umher. Einige sägten und hackten den gefällten Riesen die Gliedmaßen ab. Fuhrleute führten die eingeschirrten Zugpferde, die die abgerindeten Baumstämme hinunter zum Fluss schleppten. Ihre Bahn hatte eine tiefe, matschige Furche in die Flanke des Hanges gefräst, und der Regen der ve r gangenen Tage hatte diese in einen schmutzigbraunen Sturzbach verwandelt, dessen Wasser sich breiig in den Fluss wälzte. Der braune Matsch, der sich wie zäher Schleim in die Strömung

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