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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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manche euch nennen.«
    »Ist er ungerecht?« Mein Vater stellte die Frage frei heraus. Seiner Stimme war die Sorge deutlich anzuhören.
    »Streng. Streng, aber nicht ungerecht – nach dem, was ich gehört habe. Meine Frau ist eng mit seiner Gemahlin befreundet und kennt die beiden gut. Es geht die Rede … wie soll ich es ausdrücken? Die Kavalla untersteht natü r lich letzten Endes dem König und wird von ihm befe h ligt, wie unser gesamtes Militär. Aber manche befürc h ten, dass der Aufstieg von zu vielen Söhnen von Krieg s herren in den Offiziersrang die innere Struktur des Mil i tärs dahingehend verändern wird, dass eine … eine … nun, dass eine Form von Loyalität gegenüber dem König entsteht, die ungesund für den Rest des Reiches sein könnte. Der Rat der Herren sah seine Macht ohnehin b e reits geschmälert, als den neuen Edelleuten das gleiche Stimmrecht wie ihnen eingeräumt wurde. Für den König ist es dadurch viel leichter geworden, seinen Willen durchzusetzen. Und manche sagen, falls es jemals zu e i ner, nun, zu einer offenen Auflehnung durch den einen oder anderen Edelmann kommen sollte, könnte der K ö nig womöglich seine Armee gegen diesen einsetzen. Und dass eine Armee, die von den Söhnen von Kriegsherren geführt würde, davor weniger zurückscheuen würde als eine Armee, die von den Söhnen von alten Edelleuten befehligt würde.«
    Betretenes Schweigen trat ein, als meinem Onkel eher die Worte auszugehen schienen, als dass er bewusst au f gehört hätte zu sprechen. Mein Vater fragte ihn ein wenig steif: »Besteht denn tatsächlich die Gefahr einer solchen Rebellion? Glaubst du, einer der alten Edelleute könnte sich gegen unseren König empören?«
    Mein Onkel war schon vor einer ganzen Weile vor dem Kamin stehengeblieben, und dort stand er immer noch. Er wandte sich vom Feuer ab, ging zu einem Stuhl und ließ sich schwer darauf fallen. »Es wird geredet, aber ich glaube, es wird nie über Gerede hinausgehen. Ma n che sagen, er begünstige seine neuen Edelleute zu sehr. Sein Drang nach Osten kommt in erster Linie ihnen z u gute und füllt des Königs Schatztruhen, aber die Adel s familien, die ihre ertragreichsten Besitztümer verloren, als der Küstenstreifen an Landsang fiel, haben nichts d a von. Manche sagen, wir hätten uns inzwischen längst von unserem langen Krieg gegen Landsang erholt, und mit einem entschlossenen Militär könnten wir die Landsä n ger jetzt besiegen und uns zurückholen, was rechtmäßig uns gehört.«
    Mein Vater schwieg lange. Schließlich sagte er leise: »Ich glaube nicht, dass solche Entscheidungen Sache der Herren sind. Sie stehen ausschließlich dem König zu, den der gütige Gott über uns gestellt hat. Ich trauere ebenso sehr wie jeder andere Gernier, ob Soldat oder Herr, um unsere verlorengegangenen Küstenprovinzen. König Troven war gewiss nicht glücklich über das, was er tun musste, um jenen langen Krieg endlich zu beenden. H a ben diese Herren denn all das vergessen, was wir wä h rend jener Kriegsdekade erdulden mussten? Haben sie vergessen, dass wir damals befürchten mussten, nicht nur die Küstenprovinzen zu verlieren, sondern das ganze Land am Lauf des Soudana obendrein? König Troven war gar nicht so schlecht für seine alten Edelleute. Er hat mehr für sie erreicht als sein Vater, der uns mit einem Krieg, von dem wir schon lange w ussten, dass wir ihn nicht gewinnen konnten, fast an den Bettelstab gebracht hat. Aber komm. Wollen wir nicht länger die alten G e schichten aufwärmen. Erzähl mir mehr von diesem Oberst Stiet.«
    Mein Onkel überlegte eine Weile, bevor er sprach. »Er ist der Soldatensohn einer alten Adelsfamilie. Politisch schlägt sein Herz für die alten Edelleute. Einige von i h nen sagen, wir hätten jetzt viel zu viele Söhne von neuen Edelleuten auf der Akademie. Bei den letzten zwei K a dettenjahrgängen waren die Söhne neuer Edelleute za h lenmäßig stärker vertreten als die alter. In diesem Jahr ist das Verhältnis noch stärker zugunsten der Söhne des neuen Adels ausgeprägt. Ihr neuen Edlen scheint ein g e sundes und kräftiges Völkchen zu sein, wenn es um das Zeugen von Söhnen geht.« Als er dies sagte, lächelte meinen Vater an. Ich verhielt mich ganz still und fragte mich, ob es meinen Onkel schmerzte, dass sein jüngerer Bruder drei Söhne gezeugt hatte, während er selbst es nur auf einen gebracht hatte.
    Mein Vater fasste die unausgesprochene Warnung meines Onkels in Worte. »Du glaubst also,

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