Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
Vom Netzwerk:
geringste Lust zu haben, sich von seinem gemütlichen Frühstück und seiner Morgenzeitung fortzurühren. Ich beneidete ihn, aber ich konnte den G e danken nicht ertragen, dass Epiny vor Spink mit meinem Pferd angab.
    Dennoch war ich ein wenig enttäuscht. Ich hatte e r wartet, dass uns ein Stallknecht begleiten würde, damit Spink und ich getrost auch einmal losgaloppieren kon n ten, ohne dass wir uns Sorgen um Epiny machen mus s ten. Stattdessen mussten wir sie in unsere Obhut nehmen. Spink schwang sich auf einen geborgten weißen Wallach, ein gut ausgebildetes Reitpferd, das jedoch nicht entfernt mit militärischen Manövern vertraut w ar. Und Epiny ve r fügte, dass wir auf den Saumpfaden reiten würden, die parallel zur Großen Promenade im Cuthhews-Park verli e fen. Ich vermutete, dass ihr die Vorstellung Spaß machte, sich vor den wohlanständigen jungen Frauen zur Schau zu stellen, die in Ponywagen mit ihren Müttern unte r wegs waren oder zu Fuß zu dritt oder zu viert auf der Promenade spazieren gingen, behütet von sauertöpfisch dreinblickenden Anstandsdamen. Und dann kam sie d a her, meine Base, in Reitröcken, die kaum ihre Waden bedeckten, als wäre sie eine Zehnjährige und nicht eine junge Frau, die allein mit zwei jungen Männern in Kade t tenuniform vorüberparadierte. Ich hatte nicht darüber nachgedacht, wie wir wohl auf andere wirken würden, als ich gesagt hatte, ich wolle mitreiten, und befürchtete, ich würde womöglich das Haus meines Onkels in Verruf bringen. Ganz sicher würden Gerüchte über diesen Au s ritt schon bald der Gattin meines Onkels zu Ohren ko m men. Wie konnte irgendeine von Epinys Bekannten wi s sen, dass ich ihr Vetter und an diesem Tag für sie ve r antwortlich war? Sie würden nur sehen, dass sie einen Ausflug mit zwei Soldatensöhnen unternahm. Epinys Mutter verachtete mich ohnedies schon. Wie konnte Ep i ny mich da nur in eine Situation bringen, in der alles d a für zu sprechen schien, dass ich diese Verachtung auch verdiente? Ich tat, was ich konnte, um ein respektables Erscheinungsbild abzugeben, und achtete darauf, dass wir uns in gemächlichem Schritttempo vorwärtsbewe g ten, was dazu führte, dass Epiny mehrmals laut seufzte und mich mit gequälter Miene anschaute. Ich ignorierte sie tapfer, fest entschlossen, mich an einem solch exp o nierten Ort schicklich zu betragen.
    Sie war es, die jählings ihre graue Stute zum Galopp anspornte und Spink und mich zwang, ihr hinterherz u sprengen, wobei wir alle nur denkbaren Warn- und En t setzensschreie ausstießen. Epiny hielt sich wie eine Kle t te an ihrem Ross fest und stieß schrille Pfiffe durch ihre Otterpfeife aus, die sie immer noch zwischen den Zähnen festhielt. Ich fragte mich, ob sie zu dumm war, um zu begreifen, dass das Gefiepe ihr Pferd Celeste erschreckte und es damit zu noch höherer Geschwindigkeit anspor n te. Ich trieb Sirlofty an, um sie zu überholen, aber der Saumpfad war an dieser Stelle noch schmaler geworden, als er dies ohnehin schon war, und Spink und sein Wa l lach versperrten mir den Weg. Ich rief ihm zu, er solle mir Platz machen, aber er schien mich nicht zu hören. Ein Radfahrer, der uns entgegengestrampelt kam, kreischte entsetzt und r auschte bei seinem Versuch, uns auszuweichen, mit seinem Veloziped in eine Lorbee r hecke, während wir an ihm vorbeidonnerten. Er belegte uns mit wütenden Verwünschungen.
    Epiny lenkte ihr Pferd fort von den von der Allg e meinheit benutzten Pfaden und auf holprigeres Geläuf. Wir ließen das wohlgepflegte Ambiente des Parks hinter uns und galoppierten bald in einer Reihe einen von Brombeergestrüpp überwucherten, gewundenen Pfad entlang. Spink hielt sein Pferd zwischen meiner Base und mir, sodass es Sirlofty verwehrt war, zu Epinys Stute aufzuschließen, wo ich ihr in die Zügel hätte fallen kö n nen. Zweimal versperrten umgestürzte Baumstämme uns den Weg, und jedes Mal wenn ihr Pferd im Sprung über das Hindernis hinwegsetzte, schoss in mir siedend heiß die Furcht hoch, ich würde am Ende ihren leblosen Kö r per bei meinem Onkel abliefern. Nach einer Weile g e wannen wir offenes Gelände am Flussufer, und dort p a rierte Epiny endlich ihr Pferd.
    Spink war als Erster bei ihr. »Epiny, bist du verletzt?«, schrie er und warf sich regelrecht von seinem Pferd. Sie war bereits abgesessen und stand schwer atmend da. Ihre Wangen leuchteten rosig in der kühlen Luft, und ihr Haar hatte sich aus seinem Netz gelöst und hing ihr wirr über die

Weitere Kostenlose Bücher