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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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Pfad, nicht breiter als die Klinge des Schwanenhalses, von der in den Boden gerammten Waffe zur Kuppe des ersten Unglücksbringers. Wie ein Band, das sich entrollte, schob sich die Zunge aus schimmerndem Metall über die Kluft, bis sie den ersten Unglücksbringer erreichte. Es war keine breite Brücke, aber sie überspannte die Kluft. Ich schob meinen Kava l ladegen in den Gürtel, breitete die Arme aus, um mein Gleichgewicht besser halten zu können, und setzte den Fuß vorsichtig darauf.
    In diesem Augenblick rutschte ich ab. Der Degen in meinem Gürtel schien plötzlich so schwer zu wiegen wie ein Amboss. Ich warf mich mit verzweifelter Anstre n gung zur anderen Seite, so dass ich nun dort abzuru t schen drohte. Mit knapper Not fing ich mich und rannte so schnell ich konnte über die Kluft. Erleichtert erreichte ich den ersten Unglücksbringer. Seine Spitze war leicht gewölbt wie ein riesiger Türknauf. Eine dünne Schicht groben Sandes bedeckte den Stein, und als ich darauf innehalten wollte, glitt ich aus und fiel auf die Knie – eine knappe Armlänge vor dem Abgrund. Dort verharrte ich einen Moment, um zu verschnaufen und mich für die nächste Etappe zu sammeln. Mit einem hilflosen Grinsen über mein eigenes Missgeschick wandte ich mich zu Dewara um. Er war unbeeindruckt. Ungeduldig bedeutete er mir, ich solle weitergehen.
    Als ich aufstand, knirschte der Sand unter meinen F ü ßen. Ich schaute hinunter auf den Laufsteg, der mich als Nächstes erwartete. Er war schmal und wirkte wenig ve r trauenerweckend. Er bestand aus Scherben und Kacheln bunt bemalten Steinguts, die lose in einem hauchzarten Netz hingen. Zu meinen Füßen ragten drei Falkenfedern aus kleinen Sandhäufchen und schwankten im Wind. Feine Spinnfäden verbanden diese lächerliche Verank e rung mit dem Laufsteg, der die Kluft überbrückte. Nicht einmal eine Maus hätte diese schwache Konstruktion sicher überqueren können, geschweige denn ein Mann. Erneut schaute ich mich hilfesuchend zu Dewara um. Er öffnete eine seiner Schwingen weit und zeigte auf eine Lücke in seinen Schwungfedern. Diese Magie gehörte ihm. Er hatte offenbar volles Vertrauen in sie, denn er b e deutete mir ungeduldig, ich solle weitergehen. Später sol l te es mir tollkühn erscheinen, aber in diesem Moment ha t te ich das Gefühl, keine andere Wahl zu haben. Ich setzte den Fuß auf die Brücke. Sie gab unter mir nach, und mein Fuß sank tief ein, als hätte ich ihn auf ein Netz g e setzt. Ich wusste, dass es das Gewicht meines eisernen Degens war, das mich so schwer machte. Bei meinem nächsten Schritt gab sie noch mehr nach und begann gleichzeitig zu schwanken. Es war, als würde ich vers u chen, über eine Hängematte zu gehen, die mit Kerami k scherben verziert war und sich unter meinem Gewicht dehnte.
    Nichts bot mir sicheren Halt. Die Steingutscherben wackelten unberechenbar unter meinen Füßen, und die Brücke schwankte bedenklich bei jedem Schritt. Manchmal sank ich so tief ein, dass ich mein Knie fast bis zum Kinn hochziehen musste, um meinen Fuß auf die nächste Scherbe setzen zu können, als stiege ich eine sehr steile Treppe hinauf. Die Steingutscherben, die auf dem Boden des Netzes lagen, waren mit Mustern verziert, wie ich sie noch nie zuvor gesehen hatte. Einige von ihnen waren von Feuer geschwärzt. Manchmal sank ich fast bis zu den Hüften ein, so dass ich mich bis zum nächsten Abschnitt der Brücke auf Knien und Ellenbogen vo r wärtsbewegen musste, doch nur, um sofort aufs Neue einzusinken, wenn ich ihn endlich erreicht hatte. Es war anstrengender, als durch Tiefschnee zu stapfen, aber ich kämpfte mich unverdrossen weiter voran, denn schlie ß lich konnte ich nicht umkehren. Es war ein schmaler Pfad, und zu beiden Seiten gähnte der bodenlose A b grund. Einmal hielt ich schwer atmend inne, um mich auszuruhen, und schaute nach unten. Ich hatte geglaubt, in der Tiefe einen Fluss zu sehen, der sich zwischen di e sen von der Natur geformten Monumenten hindurc h wand. Aber ich hatte mich getäuscht. Die spiralförmigen Steinsäulen schienen in einen bodenlosen Abgrund hi n unterzureichen. Sie verloren sich irgendwo in schattiger Ferne. Wenn ich hinunterstürzte, w ürde ich wahrschei n lich Hungers sterben, bevor meine Knochen am Boden zerschellten. Ich schüttelte den Kopf bei der Vorstellung und zwang mich weiterzugehen.
    Nach langem, zähem Kampf erreichte ich den zweiten Unglücksbringer aus gedrechseltem blauen Stein. Ich hangelte mich von der

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