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Nevare 01 - Die Schamanenbrücke

Titel: Nevare 01 - Die Schamanenbrücke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robin Hobb
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mir dabei den Verband an meinem Kinn nass. Danach wurde ich sanft wieder auf mein Kissen gebettet und schlief sofort ein.
    Später sollte ich erfahren, dass ich mit einer frischen Kerbe im Ohr, gleich neben der ersten, die mir Dewara für meinen Ungehorsam beigebracht hatte, zum Haus meiner Mutter zurückgebracht worden war, ganz wie Dewara es versprochen hatte. Aber das war nicht alles, was er mir angetan hatte, während ich hilflos dalag. Das Gebell der Hunde hatte meinem Vater angezeigt, dass jemand sich in der Kühle der frühen Morgenstunde se i nem Hause näherte. Die Taldistute hatte mich auf einer primitiven, aus Unterholz zusammengezimmerten Tr a voise bis vor die Türschwelle meines Vaters geschleift. Meine Kleider hingen mir in Fetzen am Leibe, und einige Stellen meines Körpers waren bis aufs rohe Fleisch au f geschürft, denn das grobe Transportmittel hatte mich nicht gänzlich vor der Berührung mit dem Erdboden g e schützt. Die unbedeckten Stellen meines Körpers waren von der Sonne verbrannt. Auf den ersten Blick dachte mein Vater, ich sei tot.
    Dewara selbst näherte sich dem Haus nicht, sondern hielt sich ein Stück abseits im Dämmerlicht, wo er auf dem Rücken seines Taldis saß. Als mein Vater und seine Männer auf den Hof kamen, um zu sehen, warum die Hunde anschlugen, legte Dewara eine lange Büchse an und schoss Kiekscha eine Kugel durch die Brust. Als sie schrie, in die Knie sank und auf die Seite kippte, lenkte er den Kopf seines Taldis nach Norden und ritt davon. Niemand folgte ihm, denn ihre erste Sorge galt mir – sie mussten meinen reglosen Körper aus der Reichweite i h rer um sich tretenden Hufe ziehen. Außer den beiden Kerben in meinem Ohr und dem getöteten Taldi ließ Dewara keine Botschaft für meinen Vater zurück. Ich sollte später erfahren, dass er entweder nie zu den Kid o nas zurückgekehrt war oder dass sein Volk ihn versteckt und sich geweigert hatte, ihn der gernischen Justiz ausz u liefern. Dass er eine Feuerwaffe besaß, war für einen K i dona an sich bereits ein Vergehen, das mit Hängen durch den Strick geahndet wurde. Dass er die Waffe so unve r hohlen zeigte, wirft in mir bis heute die Frage auf, ob er damit nicht womöglich seinen eigenen Tod durch die Hand meines Vaters provozieren wollte.
    Meine Verletzungen waren zahlreich, doch nur eine war wirklich lebensbedrohlich. Ich war völlig ausg e trocknet, hatte einen schweren Sonnenbrand, und mein Körper wies zahlreiche tiefe Schürfwunden durch den Transport auf der Travoise auf. Die neuerliche Kerbe an meinem Ohr war frisch und blutete stark, als mein Vater mich vor seiner Haustür fand. Ein münzgroßes Stück meiner Kopfhaut fehlte; es war offenbar mit Gewalt h e rausgerissen worden. Der unverzüglich von meinem V a ter herbeigerufene Arzt schüttelte den Kopf, nachdem er mich eingehend untersucht hatte. »Was immer er hat, abgesehen von den Verbrennungen, den Abschürfungen und den Verletzungen am Ohr, es übersteigt meine ärztl i chen Kenntnisse. Vielleicht hat er einen harten Schlag auf den Kopf bekommen. Das könnte der Grund für seine Ohnmacht sein. Wir müssen abwarten. Inzwischen we r den wir tun, was wir können, um seine anderen Blessuren zu pflegen.« Und dann zupfte er Kieselsteinchen und Dreck aus meinen Wunden, nähte sie zu und verband mich, bis ich aussah wie eine zusammengeflickte Stof f puppe.
    Ich stamme aus einem dickhäutigen, zähen G e schlecht, sagte mein Vater. Der Heilungsprozess war langwierig und schmerzhaft, aber als ich erst einmal aus meiner langen Bewusstlosigkeit aufgewacht war, machte er gute Fortschritte. Meine Mutter bestand darauf, dass mein Körper stets gut eingesalbt wurde, damit die Luft von meinen Verbrennungen ferngehalten werde. Durch das Einsalben wurde verhindert, dass meine Finger a n einanderklebten, während die alte, verbrannte Haut sich ablöste und die rosafarbene neue Haut darunter zu Vo r schein kam, aber auf fettigem Leinen zu liegen, während jeder Zoll meines Körpers brannte und schmerzte, war ein Gefühl, das ich bis heute nicht vergessen habe. Die beißend scharfe Agu-Salbe hielt zwar fast alle Entzü n dungen gut in Schach, aber sie hinterließ einen Gestank, der noch Wochen später in meinem Schlafzimmer hing. Die Wunde auf meinem Kopf verheilte, aber an der Stelle wuchsen keine Haare nach.
    Das Sprechen bereitete mir Schmerzen, und zwei Tage lang verschonte mich mein Vater mit Fragen jeglicher Art. Meine Familie hatte um mein Leben gefürchtet,

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