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New York für Anfaengerinnen

New York für Anfaengerinnen

Titel: New York für Anfaengerinnen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susann Remke
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dieses New York zunächst einmal ein ganz großer Krach – für die völlig ungerührten Mitbürger um sie herum anscheinend aber nur das ganz normale Grundrauschen einer Großstadt.
     
    Zoe ließ das Terminal der Staten Island Ferry links liegen und ging am Historic Battery Park entlang Richtung Norden, wo sich auf einer Seitenfläche des Parks zu ihrem Erstaunen die umzäunten Beete der Battery Urban Farm mit nachbarschaftlich angebautem Ökogemüse befanden. Wer wollte, konnte hier, mitten im Finanzviertel Manhattans, Abonnent werden und jede Woche eine Auswahl an Grünzeugs der Saison vor die Apartmenttür geliefert bekommen. An einem windschiefen hölzernen Infotischchen saß eine Frau mit ergrauten Strähnen in den lockigen Haaren, einem Strohhut auf dem Kopf sowie Gesundheitssandalen aus Kork mit neckischen lila Schließen an den Füßen und verteilte Flugblättchen.
    »Möchten Sie unserem Biogemüseverein beitreten?«, fragte sie lächelnd.
    »Sorry, ich bin hier nur zu Besuch«, schwindelte Zoe, weil sie die nette Dame nicht enttäuschen wollte. »Aber darf ich ein Foto von Ihnen machen?«
    »Klar«, antwortete die Frau, arrangierte den Korb mit grünen und gelben Zucchinis vor sich neu und setzte sich in Pose.
    Biogemüse mitten aus Manhattan.
    An Bowling Green begann dann offiziell der Broadway mit der Hausnummer One Broadway. Auf einer von einem Polizeiauto samt zwei Polizisten bewachten Verkehrsinsel gegenüber hatte der berühmte Wall Street Bulle aus Bronze den Kopf zum Angriff gesenkt. Besucher, fast alles mit Regenschirmen gegen die Sonne gewappnete Asiaten, standen brav Schlange, um ihn berühren und fotografieren zu dürfen. Zoe zoomte den Bullen im Vordergrund heran und hatte die Regenschirm-Asiaten schön im Hintergrund. Wie sagte der Fotochef von VISION immer: »Vordergrund macht Bild gesund.«
    Die Wall Street, die ein Stück weiter rechts abging, lag an diesem Sonntag genauso verlassen da wie der Zuccotti Park, aus dem die Demonstranten von Occupy Wall Street längst abgezogen waren. Während der Woche parkte hier sicherlich eine schwarze Limousine hinter der anderen mit wegen der Klimaanlage stets laufenden Motoren, die einen Master of the Universe nach dem anderen ausspuckte, vermutete Zoe und ärgerte sich ein wenig über dieses verpasste Bild.
    Sie ließ sich gegen den Strom der Passanten treiben und überquerte fast jede Ampel bei Rot, weil das hier alle so machten – selbst wenn ein Polizist an der Ecke stand. New Yorker schienen generell ein eher individuelles Verhältnis zu Regeln zu haben und deren Anwendung nach Bedarf auszudehnen. Und New Yorker Cops hatten offenbar Besseres zu tun, als Ampelrotgänger mit Strafzetteln und Punkten in irgendeiner Autofahrerkartei zu beehren, obwohl sie gar nicht Auto gefahren waren. Drogendealer jagen wahrscheinlich, oder Mörder.
    Ein paar Meter weiter passierte Zoe eine Reihe von ausrangierten barber-shop -Stühlen aus den Fünfzigerjahren, die entlang des Zauns der Trinity Church auf dem Bürgersteig aneinandergestellt waren und Schuhputzern, die ebenfalls den Fünfzigern entsprungen schienen, als Arbeitsstelle dienten. Eine Szene wie in Havanna, befand Zoe und wählte Weitwinkel.
    Einmal shoe shine für fünf Dollar.
    Sie schlenderte am City Hall Park entlang, vorbei an ein paar Marktständen mit Lavendel, frisch gebackenen Früchte-Pies, Honig und Marmelade, die von Farmen aus seltsam klingenden Orten wie Ponoma oder Cutchogue stammten. Die kommerzielle Zivilisation des Broadways kündigte sich erst nördlich der Canal Street mit einem futuristischen Geschäft des Jeanslabels G-Star Raw an. Hier prägten bemüht gestylte Touristen das Bild, meist Frauen mit Shoppingtüten an den Händen, auf denen die Schriftzüge von Bloomingdale’s, H&M, Zara, Banana Republic oder Uniqlo zu lesen waren. Sie waren zu Hause in Birmingham oder Buxtehude sicher noch einmal bei Zara oder H&M shoppen gegangen, um hip gestylt in New York bei Zara und H&M shoppen zu gehen.
    Shopping am Sonntag – was für ein Luxus, dachte Zoe, die in Deutschland unzählige Sonntage mit Schaufensterbummel verbracht hatte. Die Idee, an geschlossenen Geschäften vorbeizugehen, sich die Nase platt zu drücken, aber nichts kaufen zu dürfen, erschien ihr in diesem Moment auf einmal zutiefst unfreiheitlich.
    Es war mittlerweile Spätnachmittag geworden, und Zoe hatte schon Abendessenhunger. Sie bog in die Prince Street ab, um das Café Gitane zu suchen, von dem ihr Al nach jedem New

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