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Niccolòs Aufstieg

Titel: Niccolòs Aufstieg Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dorothy Dunnett
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Weil die Schützen mit den Faustfeuerwaffen nicht bezahlt wurden und zum Feind übergelaufen sind. Ferrante hatte Herzog Johann und sein ganzes Heer in Sarno eingeschlossen. Aber statt sie auszuhungern, hat er angegriffen. Und die Schützen standen mit ihren Faustfeuerwaffen auf den Mauern und brannten ihnen rote Löcher in die Helme und die Harnische, bis keiner mehr übrig war, der noch kämpfen konnte.«
    Er kippte den Wein hinunter und blickte grinsend auf.»Astorres Leute. Mit den Faustfeuerwaffen, die du ihm besorgt hast. Jetzt ist er tot, und ihr beide sitzt hier sicher und geborgen auf dem Geld für die condotta.«
    »Halt den Mund!« fuhr Tobias ihn an. Er musterte Nicholas, der wieder fröstelte.
    »Nein«, widersprach Nicholas, »Sie sind bezahlt worden. Etwas anderes hätte Julius nie zugelassen. Und Astorre hatte sie fest im Griff.«
    »Das hat doch jetzt keine Bedeutung mehr«, warf Tobias ein.
    Nein, das hatte es natürlich nicht. Astorre. Julius. Und Felix.
    »Für die Staatsmänner schon«, widersprach Lionetto. »Jetzt kann Frankreich seinen Kandidaten in Neapel einsetzen. Aber mir soll’s recht sein. Mein Vertrag gilt bis September, dann geht’s nach Hause. Oder wieder rüber zu Piccinino.«
    »Und was geschieht jetzt?« fragte Tobias.
    »Hier? Piccinino braucht nichts weiter zu tun, als da auf seinem Hügel zu bleiben und uns den Weg zu versperren. In ein, zwei Wochen werden der Herzog von Mailand und der Papst vielleicht zusätzliche Truppen aufgebracht haben und ihr Glück noch einmal versuchen. Tausend Männer mehr, und wir könnten dem kleinen Grafen eine Schlacht liefern. Wir könnten nach Süden vorstoßen und ein paar der Städte zurückerobern, die unter Ferrantes Herrschaft gestanden haben. Aber Neapel könnten wir nicht einnehmen. Dazu braucht es ein ganz neues Heer.« Er neigte lauschend den Kopf. »Hab ich’s nicht gesagt? Hört Euch das an.«
    Durch die Zeltwände drangen das flackernde Licht von immer mehr Lampen und der rote zuckende Schein neu entzündeter Feuer. Stimmengewirr war zu vernehmen, das immer lauter wurde, und das Geschrei aus dem Schlaf gerissener Tiere.
    »Hab gedacht, Ihr würdet es gern mit als erste erfahren«, sagte Lionetto. »Der Wein ist gar nicht schlecht. Ich nehme den Krug mit.«
    Damit ging er. Keiner sprach. Nicholas ließ Tobias’ Arm los und trat allein an die Zeltöffnung. Die Nachricht erreichte jetzt, wie Lionetto gesagt hatte, das feindliche Lager. Der Jubel vom Hügel her, zuerst nur schwach zu vernehmen, wurde immer lauter.
    »Und jetzt?« fragte Tobias nachdenklich. »Neue Zahlen. Nicholas stand an der Zeltklappe und lauschte. Der aufkommende Jubel auf ihrer Seite klang anders als der vom Hügel gegenüber. Mit Siegesgeheul waren diese Rufe nicht zu verwechseln. Es waren vereinzelt aufbrandende Sympathiebekundungen für Männer, die tapfer gekämpft und verloren hatten. Die Zeltklappe riß unter Nicholas’ Hand. Er starrte den Stoffetzen an und ließ los. »Ich habs falsch gemacht. Ich hätte ihn schlagen sollen.«
    »Mein Gott«, rief Tobias. »Ist das alles, was dir einfällt?«
    Nicholas antwortete nicht. Sein ganzer Körper schien ihm in Schweiß und Wein gebadet, und das Herz schlug ihm bis zum Hals. Ohne den Kopf zu drehen, sagte er schließlich: »Kommt, seht es Euch an.«
    Reglos lauschend wie Nicholas beobachtete Tobias, wie sich zwischen den Zelten rufende, schreiende Männer einfanden, die entweder halb bekleidet oder nackt waren. Und wie Nicholas sah er Berittene in langer Reihe durch die Lagertore einreiten und einen nach dem anderen im Fackelschein und unter dem Geschrei der Menge absitzen. Erschöpft. Verwundet. Männer, die die schmähliche Niederlage bei Sarno überlebt hatten und danach nicht nach Hause geritten waren, wo sie sicher gewesen wären, sondern hierher.
    Im Feuerschein der Fackeln zeigten sich flüchtig unbekannte Gesichter, unbekannte Züge. Dann plötzlich vertraute Details: der Schnurrbart eines Mannes namens Manfred, eines Pferdepflegers. Der dunkle Kopf eines ungarischen Armbrustschützen ohne Helm, dessen Hals weiß umwickelt war. Zwei Männer in abgerissenem Schwarz, der eine sonnenverbrannt und schmächtig, der andere aufrecht und muskulös, mit schrägstehenden Augen und einer Patriziernase, einen Arm in der Schlinge.
    »Julius«, rief Tobias. Seine Stimme klang seltsam. »Und da, hinter ihm! Astorre. Heilige Mutter Gottes, du hättest ihn wirklich schlagen sollen. Ich bring ihn um. Lionetto hat gewußt,

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