Nicholas Flamel Bd. 2 Der dunkle Magier
Verfassung. Lediglich die Vierte im Bunde, eine junge Frau mit rotem Haar und grünen Augen, die ein schwarzes Top, schwarze Armeehosen und klobige schwarze Springerstiefel trug, wirkte ausgeschlafen und munter. Er fragte sich, in welcher Beziehung sie zu den anderen stand. Auf keinen Fall sah sie so aus, als sei sie mit einem von ihnen verwandt, doch der Junge und das Mädchen waren sich so ähnlich, dass sie Zwillinge hätten sein können.
Roux hatte gezögert, als der alte Herr eine Kreditkarte hervorgezogen hatte, um die zwei Becher heiße Schokolade zu bezahlen. Normalerweise wurde ein so kleiner Betrag bar bezahlt, und er fragte sich, ob die Karte vielleicht gestohlen war. »Ich habe keine Euro mehr«, sagte der alte Herr lächelnd. »Könnten Sie zwanzig eintippen und mir das Wechselgeld herausgeben?« Er sprach französisch mit einem seltsam altmodischen, fast formellen Akzent, wie Roux fand.
»Das ist gegen unsere Vorschriften …«, begann er, doch ein Blick auf die rothaarige junge Frau mit den stahlharten Augen ließ ihn einlenken. Er versuchte ein Lächeln in ihre Richtung, als er sagte: »Klar, ich denke, das lässt sich machen.« Falls die Karte als gestohlen gemeldet war, würde die Maschine es ohnehin anzeigen.
»Ich wäre Ihnen sehr dankbar.« Der alte Herr lächelte wieder. »Und könnten Sie mir bitte einige Münzen geben? Ich muss telefonieren.«
Roux tippte 8 Euro für die beiden heißen Schokoladen ein und belastete Flamels Visa mit 20 Euro. Er war überrascht, dass es sich um eine amerikanische Kreditkarte handelte; seinem Akzent nach hätte er geschworen, dass der Mann Franzose war. Es gab eine kurze Verzögerung, dann kam das Okay, er zog die zwei Tassen Schokolade von den 20 Euro ab und reichte Flamel das Rückgeld in Zwei- und Ein-Euro-Münzen. Dann widmete Roux sich wieder dem Lehrbuch für Mathematik, das er hinter dem Tresen liegen hatte. Er hatte sich in der Gruppe getäuscht.
Es war nicht das erste Mal und würde immer wieder vorkommen. Wahrscheinlich waren es Touristen, die mit einem der ersten Züge angekommen waren. Auf jeden Fall war nichts Ungewöhnliches an ihnen.
Na ja, an einer vielleicht doch. Er hielt den Kopf gesenkt, hob aber den Blick und schaute die rothaarige junge Frau an. Sie hatte ihm den Rücken zugewandt und redete mit dem alten Herrn. Und dann drehte sie sich langsam um und sah ihn direkt an. Ihr Lächeln war kaum mehr als ein Kräuseln ihrer Lippen und er fand sein Mathebuch plötzlich hochinteressant.
Flamel stand am Tresen des Cafés und schaute Scathach an. »Ich möchte, dass ihr hierbleibt«, sagte er leise und wechselte vom Französischen ins Lateinische. Sein Blick ging hinüber zu dem Tisch, an dem die Zwillinge saßen und ihre Schokolade tranken. »Pass auf sie auf. Ich suche die nächste Telefonzelle.«
Die Kriegerin, auch genannt »Die Schattenhafte«, nickte. »Sei vorsichtig. Falls irgendetwas passiert und wir getrennt werden, treffen wir uns auf dem Montmartre. Machiavelli rechnet bestimmt nicht damit, dass wir noch einmal dorthin zurückgehen. Wir warten zu jeder vollen Stunde fünf Minuten vor einem der Restaurants – sagen wir vor La Maison Rose .«
»Abgemacht. Aber wenn ich bis Mittag nicht dort aufgetaucht bin, möchte ich, dass du mit den Zwillingen die Stadt verlässt.«
»Ich werde dich nicht im Stich lassen«, erwiderte Scathach ruhig.
»Wenn ich nicht zurückkomme, hat Machiavelli mich geschnappt«, sagte der Alchemyst ernst. »Scathach, nicht einmal du wärst in der Lage, mich vor seiner Armee zu retten.«
»Es wäre nicht die erste Armee, die ich besiege.«
Flamel legte eine Hand auf die Schulter der Kriegerin. »Die Zwillinge haben jetzt Vorrang. Sie müssen um jeden Preis beschützt werden. Bilde Sophie weiter aus; finde jemanden, der Joshs Kräfte weckt, und sorge auch für seine Ausbildung. Und rette meine liebe Perenelle, wenn du kannst. Und falls ich sterbe, sage ihr, dass mein Geist sie finden wird«, fügte er hinzu. Bevor sie etwas darauf erwidern konnte, drehte er sich um und ging hinaus in den kalten Morgen.
»Komm zurück …«, flüsterte Scatty, doch Flamel war verschwunden. Falls er geschnappt wurde, würde sie die ganze Stadt auf den Kopf stellen, bis sie ihn gefunden hatte, das stand fest, ganz egal, was er gesagt hatte. Sie holte tief Luft, und als sie sich umdrehte, sah sie, dass der kahl geschorene Kellner sie anschaute. Seitlich am Hals trug er ein Tattoo, ein Spinnennetz, und in beiden Ohren steckten
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