Nicht gekauft hat er schon
neunzehnjähriger Außendienstler hatte ich so richtig die Hosen voll, einen Auftrag zu verlieren. In diesem Alter dachte ich noch, es ginge beim Job hauptsächlich ums Geld. Bei meinem ersten Vorstellungsgespräch hatte der Personalchef mir zwei geschwärzte Abrechnungen gezeigt. Die von seinem besten Außendienstler und die vom schlechtesten. Du kannst dir sicher vorstellen, wie ich mich gefühlt habe, als ich sah, dass sogar der schlechteste Verkäufer in dem Laden fast das Dreifache von dem auf der Gehaltsliste hatte, was ich nach der Lehre als Berufsanfänger verdiente.
Das fokussiert einen schnell mal aufs Geld. Und zwar so sehr, dass ich das einzige Mal in meinem Leben ein zweifelhaftes Geschäft abschloss. Einer der dortigen alten Hasen sollte mich beim Verkauf mehrerer Kopierer für eine Anwaltskanzlei unterstützen. Er hatte mir eingeredet, dass es sowohl üblich als auch in Ordnung sei, sogenannte generalüberholte Kopierer mit stark übertrieben dargestellter Laufleistung zu verkaufen. Ich hätte damals auf mein Bauchgefühl und auf meine katholische Erziehung hören sollen. Aber wer widerspricht schon bei seinem ersten Einsatz dem Nestor unter den Kopiererverkäufern?
Letztendlich kam, was kommen musste. Die Kopierer, die angeblich auf eine Nutzungsdauer von fünf Jahren ausgelegt waren, flogen den Kunden schon im zweiten Jahr um die Ohren. Während der ganzen Zeit hatte ich mich schlecht dabei gefühlt und dachte bei jedem Service-Besuch dort: »Hoffentlich halten die Dinger.«
Und dann der Super-GAU: Ware kaputt. Verkäufer beim Schummeln erwischt. Auftrag verloren. Kunde weg.
Damals habe ich mir geschworen, künftig auf mein Bauchgefühl zu hören und niemals, niemals wieder einen Kunden über den Tisch zu ziehen. Einer muss nicht katholisch sein, um sich dabei schlecht zu fühlen. Es ist in jeder Kultur dasselbe: Eine Lüge ist eine Lüge ist eine Lüge. Basta.
Verkäufer beim Schummeln erwischt. Auftrag weg. Kunde weg.
Es ist wie es ist – was kommt als Nächstes? Schließen Sie Vergangenes ab, auch wenn Sie glauben, früher sei alles besser gewesen, die Kunden loyaler, das Gras grüner und die Eiscreme süßer. Die Vergangenheit ist dazu da, um aus ihr zu lernen. Nicht um in ihr zu leben. Die Vergangenheit ist wie eine Straßenlaterne in der Nacht: Sie beleuchtet den Weg nach Hause. Aber nur Betrunkene müssen sich daran festhalten.
Vertrag auf den Tisch!
Fokus heißt auch: Jeder Verkäufer muss so verkaufen, dass seine Stärken zum Tragen kommen. Es gibt nicht nur die eine Art, ein guter Verkäufer zu sein. Und vor allem: Es ist nicht nur die limbecksche Art des Verkaufens. Das muss ich wohl ab und zu betonen. Wenn Sie von mir und von diesem Buch wirklich profitieren wollen, dann lassen Sie sich erst auf meine Gedanken ein, um sich dann aber Ihren eigenen Reim darauf zu machen. Ich will Sie ja nur ins Nachdenken kriegen, nicht zu blinder Gefolgschaft überreden.
Also, Stärken. Da gibt es zwei Grundtypen, sage ich immer: die Jäger und die Sammler. Wer die größte Befriedigung in der Neukundenakquise findet, ist ein »Jäger«. Dem »Sammler« ist die Neukundenakquise eher eine Last oder eine lästige Pflicht. Dafür liegt seine Stärke darin, die Beziehung zum Kunden auszubauen und dafür Sorge zu tragen, dass der Kunde glücklich und zufrieden ist und immer wieder kauft. Wer glücklich und zufrieden ist, bleibt länger ein Kunde, einverstanden? Es gibt da auch noch die Spezies der »Terminleger«, sie können einen Kontakt nach dem anderen machen. Ohne sich zu erschöpfen oder im Engagement nachzulassen. Für alle Sorten Verkäufer gibt es die passenden Jobs: Außendienst, Neukundengeschäft, Key-Accounter, Innendienst, Sie kennen sich ja aus …
Wenn am Ende alles stimmt – was dann? Wenn ich als Verkäufer weiß, wo meine Stärken und Talente sind. Wenn ich den dazu passenden Job habe. Wenn ich weiß, wie ich mich angemessen zu kleiden habe. Wenn ich mich klar und verständlich ausdrücken kann. Wenn ich aufrichtig und ehrlich bin. Wenn ich über mich selbst und den Kunden Bescheid weiß. Wenn ich auch bei schwierigen Kundenpersönlichkeiten genügend Pluspunkte gesammelt habe, um selbst diese mühsamen Kandidaten zu mögen. Wenn ich ermittelt habe und weiß, was der Kunde hat, was er will und was er braucht.
Wenn ich das alles erfasst, verstanden und beherzigt habe. Was ist dann mein Ziel?
Eine möglichst gute Beratung? – Blödsinn!
Das Produkt möglichst genau zu erklären?
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